Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

als unserer wahren Glückseeligkeit.
sind, oder: das Leiden muß uns erst beßern, wenn
es zu unserer wahren Wohlfarth ausschlagen soll.
Diesen Nutzen hatte David von seinem Leiden ver-
spürt, und daher legt er seinem Gott das dankba-
re Bekenntnis ab: Herr, es ist mir lieb, daß du
mich gedemüthiget hast, daß ich deine Rechte
lerne.

Wenige Worte, aber von einem ungemein
wichtigen und fruchtbaren Innhalt. Die mehrsten
Menschen dünken sich unglücklich zu seyn, wenn sie
vielen Leiden und Widerwärtigkeiten in der Welt
unterworfen sind, und David schätzt sich glücklich,
daß ihn sein Gott gezüchtiget hat. Es ist mir lieb,
es ist mir nützlich, und ich erkenne es für eine
Wohlthat, daß du mich gedemüthigt, oder ge-
züchtiget, und mit mancherley Trübsalen heimge-
suchet hast. Und warum denn, du große, edle
Seele? Wie kanst du es für ein Glück achten, wenn
sich Freunde und Feinde gegen dich empören, wenn
du von einer Stadt in die andere geiagt wirst,
wenn du oft in den traurigsten Umständen von
Gott und Menschen verlaßen zu seyn scheinest?
Auf daß ich deine Rechte lerne, daß ich mich an
deine Befehle und Vorschriften desto lebhafter er-
innere, und sie in Ausübung bringe, daß ich
gebeßert, im Guten bevestiget, und immer näher
mit dir, mein Gott, vereiniget werde, Dieß ist
die Ursache, warum er auch seine Widerwärtigkei-
ten für göttliche Wohlthaten erkennet, und sich mit
Vergnügen an dieselben erinnert. Und so ist es
auch in der That. Dafür erkennen alle rechtschaf-
fene Verehrer Gottes die Leiden die ihnen begeg-

nen

als unſerer wahren Glückſeeligkeit.
ſind, oder: das Leiden muß uns erſt beßern, wenn
es zu unſerer wahren Wohlfarth ausſchlagen ſoll.
Dieſen Nutzen hatte David von ſeinem Leiden ver-
ſpürt, und daher legt er ſeinem Gott das dankba-
re Bekenntnis ab: Herr, es iſt mir lieb, daß du
mich gedemüthiget haſt, daß ich deine Rechte
lerne.

Wenige Worte, aber von einem ungemein
wichtigen und fruchtbaren Innhalt. Die mehrſten
Menſchen dünken ſich unglücklich zu ſeyn, wenn ſie
vielen Leiden und Widerwärtigkeiten in der Welt
unterworfen ſind, und David ſchätzt ſich glücklich,
daß ihn ſein Gott gezüchtiget hat. Es iſt mir lieb,
es iſt mir nützlich, und ich erkenne es für eine
Wohlthat, daß du mich gedemüthigt, oder ge-
züchtiget, und mit mancherley Trübſalen heimge-
ſuchet haſt. Und warum denn, du große, edle
Seele? Wie kanſt du es für ein Glück achten, wenn
ſich Freunde und Feinde gegen dich empören, wenn
du von einer Stadt in die andere geiagt wirſt,
wenn du oft in den traurigſten Umſtänden von
Gott und Menſchen verlaßen zu ſeyn ſcheineſt?
Auf daß ich deine Rechte lerne, daß ich mich an
deine Befehle und Vorſchriften deſto lebhafter er-
innere, und ſie in Ausübung bringe, daß ich
gebeßert, im Guten beveſtiget, und immer näher
mit dir, mein Gott, vereiniget werde, Dieß iſt
die Urſache, warum er auch ſeine Widerwärtigkei-
ten für göttliche Wohlthaten erkennet, und ſich mit
Vergnügen an dieſelben erinnert. Und ſo iſt es
auch in der That. Dafür erkennen alle rechtſchaf-
fene Verehrer Gottes die Leiden die ihnen begeg-

nen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0185" n="173"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">als un&#x017F;erer wahren Glück&#x017F;eeligkeit.</hi></fw><lb/>
&#x017F;ind, oder: das Leiden muß uns er&#x017F;t beßern, wenn<lb/>
es zu un&#x017F;erer wahren Wohlfarth aus&#x017F;chlagen &#x017F;oll.<lb/>
Die&#x017F;en Nutzen hatte David von &#x017F;einem Leiden ver-<lb/>
&#x017F;pürt, und daher legt er &#x017F;einem Gott das dankba-<lb/>
re Bekenntnis ab: <hi rendition="#fr">Herr, es i&#x017F;t mir lieb, daß du<lb/>
mich gedemüthiget ha&#x017F;t, daß ich deine Rechte<lb/>
lerne.</hi></p><lb/>
        <p>Wenige Worte, aber von einem ungemein<lb/>
wichtigen und fruchtbaren Innhalt. Die mehr&#x017F;ten<lb/>
Men&#x017F;chen dünken &#x017F;ich unglücklich zu &#x017F;eyn, wenn &#x017F;ie<lb/>
vielen Leiden und Widerwärtigkeiten in der Welt<lb/>
unterworfen &#x017F;ind, und David &#x017F;chätzt &#x017F;ich glücklich,<lb/>
daß ihn &#x017F;ein Gott gezüchtiget hat. <hi rendition="#fr">Es i&#x017F;t mir lieb,</hi><lb/>
es i&#x017F;t mir nützlich, und ich erkenne es für eine<lb/>
Wohlthat, daß du mich <hi rendition="#fr">gedemüthigt,</hi> oder ge-<lb/>
züchtiget, und mit mancherley Trüb&#x017F;alen heimge-<lb/>
&#x017F;uchet <hi rendition="#fr">ha&#x017F;t.</hi> Und warum denn, du große, edle<lb/>
Seele? Wie kan&#x017F;t du es für ein Glück achten, wenn<lb/>
&#x017F;ich Freunde und Feinde gegen dich empören, wenn<lb/>
du von einer Stadt in die andere geiagt wir&#x017F;t,<lb/>
wenn du oft in den traurig&#x017F;ten Um&#x017F;tänden von<lb/>
Gott und Men&#x017F;chen verlaßen zu &#x017F;eyn &#x017F;cheine&#x017F;t?<lb/><hi rendition="#fr">Auf daß ich deine Rechte lerne,</hi> daß ich mich an<lb/>
deine Befehle und Vor&#x017F;chriften de&#x017F;to lebhafter er-<lb/>
innere, und &#x017F;ie in Ausübung bringe, daß ich<lb/>
gebeßert, im Guten beve&#x017F;tiget, und immer näher<lb/>
mit dir, mein Gott, vereiniget werde, Dieß i&#x017F;t<lb/>
die Ur&#x017F;ache, warum er auch &#x017F;eine Widerwärtigkei-<lb/>
ten für göttliche Wohlthaten erkennet, und &#x017F;ich mit<lb/>
Vergnügen an die&#x017F;elben erinnert. Und &#x017F;o i&#x017F;t es<lb/>
auch in der That. Dafür erkennen alle recht&#x017F;chaf-<lb/>
fene Verehrer Gottes die Leiden die ihnen begeg-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0185] als unſerer wahren Glückſeeligkeit. ſind, oder: das Leiden muß uns erſt beßern, wenn es zu unſerer wahren Wohlfarth ausſchlagen ſoll. Dieſen Nutzen hatte David von ſeinem Leiden ver- ſpürt, und daher legt er ſeinem Gott das dankba- re Bekenntnis ab: Herr, es iſt mir lieb, daß du mich gedemüthiget haſt, daß ich deine Rechte lerne. Wenige Worte, aber von einem ungemein wichtigen und fruchtbaren Innhalt. Die mehrſten Menſchen dünken ſich unglücklich zu ſeyn, wenn ſie vielen Leiden und Widerwärtigkeiten in der Welt unterworfen ſind, und David ſchätzt ſich glücklich, daß ihn ſein Gott gezüchtiget hat. Es iſt mir lieb, es iſt mir nützlich, und ich erkenne es für eine Wohlthat, daß du mich gedemüthigt, oder ge- züchtiget, und mit mancherley Trübſalen heimge- ſuchet haſt. Und warum denn, du große, edle Seele? Wie kanſt du es für ein Glück achten, wenn ſich Freunde und Feinde gegen dich empören, wenn du von einer Stadt in die andere geiagt wirſt, wenn du oft in den traurigſten Umſtänden von Gott und Menſchen verlaßen zu ſeyn ſcheineſt? Auf daß ich deine Rechte lerne, daß ich mich an deine Befehle und Vorſchriften deſto lebhafter er- innere, und ſie in Ausübung bringe, daß ich gebeßert, im Guten beveſtiget, und immer näher mit dir, mein Gott, vereiniget werde, Dieß iſt die Urſache, warum er auch ſeine Widerwärtigkei- ten für göttliche Wohlthaten erkennet, und ſich mit Vergnügen an dieſelben erinnert. Und ſo iſt es auch in der That. Dafür erkennen alle rechtſchaf- fene Verehrer Gottes die Leiden die ihnen begeg- nen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/185
Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/185>, abgerufen am 26.11.2024.