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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

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des Nächsten.
die in der Erniedrigung und Schande ihres Neben-
menschen ihre Freude suchen, und sich vielleicht ein-
bilden, man werde sie desto höher schätzen, ie mehr
ein anderer erniedriget wird. Das ist die Gesin-
nung der Teufel, die als abgesagte Feinde des
menschlichen Geschlechts sich über iedes Gute, das
unter Menschen geschieht, betrüben, und über iedes
Unglück sich freuen. Der Christ, der den Sinn
seines himmlischen Vaters und großen Erlösers hat,
ist von dieser äußerst niedrigen, und recht teuflischen
Gemüthsart weit entfernt. Nie freuet er sich über
die Fehler, Sünden und Bosheiten der Menschen;
sondern er betrübet sich vielmehr darüber, und es
gehet ihm zu Herzen, daß vernünftige Geschöpfe
Gottes, seine Brüder, Menschen, für welche Chri-
stus gestorben ist, sich in Laster und Unglück stür-
zen. Hingegen freuet er sich über ein iedes Gute,
welches andern Menschen zu Theil wird, über eine
iede tugendhafte edle Handlung, welche ihnen Ehre
und Vortheil bringt. Denn Gott hat alle Men-
schen zur Glückseeligkeit erschaffen; Jesus Christus
hat für alle sein Leben dahin gegeben, diese wohl-
thätige Absicht zu befördern; die Engel freuen sich
über einen Sünder der Buße thut; und der edel-
gesinnte Christ freuet sich mit, und sucht auch selbst
an seinem Theil Freude, Vergnügen und Glück-
seeligkeit zu verbreiten, so weit es nur in seinen
Kräften stehet. Wird ein Tugendhafter verleum-
det, so sucht er nach seinem Vermögen die Un-
schuld des gekränkten Nebenmenschen zu retten,
und freuet sich, wenn die Wahrheit an das Licht
kommt.

Endlich:

des Nächſten.
die in der Erniedrigung und Schande ihres Neben-
menſchen ihre Freude ſuchen, und ſich vielleicht ein-
bilden, man werde ſie deſto höher ſchätzen, ie mehr
ein anderer erniedriget wird. Das iſt die Geſin-
nung der Teufel, die als abgeſagte Feinde des
menſchlichen Geſchlechts ſich über iedes Gute, das
unter Menſchen geſchieht, betrüben, und über iedes
Unglück ſich freuen. Der Chriſt, der den Sinn
ſeines himmliſchen Vaters und großen Erlöſers hat,
iſt von dieſer äußerſt niedrigen, und recht teufliſchen
Gemüthsart weit entfernt. Nie freuet er ſich über
die Fehler, Sünden und Bosheiten der Menſchen;
ſondern er betrübet ſich vielmehr darüber, und es
gehet ihm zu Herzen, daß vernünftige Geſchöpfe
Gottes, ſeine Brüder, Menſchen, für welche Chri-
ſtus geſtorben iſt, ſich in Laſter und Unglück ſtür-
zen. Hingegen freuet er ſich über ein iedes Gute,
welches andern Menſchen zu Theil wird, über eine
iede tugendhafte edle Handlung, welche ihnen Ehre
und Vortheil bringt. Denn Gott hat alle Men-
ſchen zur Glückſeeligkeit erſchaffen; Jeſus Chriſtus
hat für alle ſein Leben dahin gegeben, dieſe wohl-
thätige Abſicht zu befördern; die Engel freuen ſich
über einen Sünder der Buße thut; und der edel-
geſinnte Chriſt freuet ſich mit, und ſucht auch ſelbſt
an ſeinem Theil Freude, Vergnügen und Glück-
ſeeligkeit zu verbreiten, ſo weit es nur in ſeinen
Kräften ſtehet. Wird ein Tugendhafter verleum-
det, ſo ſucht er nach ſeinem Vermögen die Un-
ſchuld des gekränkten Nebenmenſchen zu retten,
und freuet ſich, wenn die Wahrheit an das Licht
kommt.

Endlich:
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[203/0215] des Nächſten. die in der Erniedrigung und Schande ihres Neben- menſchen ihre Freude ſuchen, und ſich vielleicht ein- bilden, man werde ſie deſto höher ſchätzen, ie mehr ein anderer erniedriget wird. Das iſt die Geſin- nung der Teufel, die als abgeſagte Feinde des menſchlichen Geſchlechts ſich über iedes Gute, das unter Menſchen geſchieht, betrüben, und über iedes Unglück ſich freuen. Der Chriſt, der den Sinn ſeines himmliſchen Vaters und großen Erlöſers hat, iſt von dieſer äußerſt niedrigen, und recht teufliſchen Gemüthsart weit entfernt. Nie freuet er ſich über die Fehler, Sünden und Bosheiten der Menſchen; ſondern er betrübet ſich vielmehr darüber, und es gehet ihm zu Herzen, daß vernünftige Geſchöpfe Gottes, ſeine Brüder, Menſchen, für welche Chri- ſtus geſtorben iſt, ſich in Laſter und Unglück ſtür- zen. Hingegen freuet er ſich über ein iedes Gute, welches andern Menſchen zu Theil wird, über eine iede tugendhafte edle Handlung, welche ihnen Ehre und Vortheil bringt. Denn Gott hat alle Men- ſchen zur Glückſeeligkeit erſchaffen; Jeſus Chriſtus hat für alle ſein Leben dahin gegeben, dieſe wohl- thätige Abſicht zu befördern; die Engel freuen ſich über einen Sünder der Buße thut; und der edel- geſinnte Chriſt freuet ſich mit, und ſucht auch ſelbſt an ſeinem Theil Freude, Vergnügen und Glück- ſeeligkeit zu verbreiten, ſo weit es nur in ſeinen Kräften ſtehet. Wird ein Tugendhafter verleum- det, ſo ſucht er nach ſeinem Vermögen die Un- ſchuld des gekränkten Nebenmenſchen zu retten, und freuet ſich, wenn die Wahrheit an das Licht kommt. Endlich:

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Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/215>, abgerufen am 28.11.2024.