Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.Erste Betr. Wie wichtig einem Christen gen gerichtet? Nicht auf deine zeitliche Ruhe, Be-quemlichkeit und Vergnügen? Aber einmahl must du doch dieses zeitliche Leben verlassen; vielleicht eher, als du es jetzt glaubest. Was werden dir alsdann alle genossene Ergötzlichkeiten, alle Ehrenstellen und Vortheile nützen, wenn du das Wichtigste, die Sorge für deine ewige Wohlfarth vergessen hast? Wir würden den für einen wahren Thoren halten, der sich entschließen könnte, das Vergnügen etlicher Minuten mit dem gewissen Verlust seiner ganzen zeitlichen Wohlfarth zu erkaufen. Und so viele Men- schen, die sich sehr weise dünken, können es wagen, das Vergnügen einiger Jahre dem Glück einer un- aufhörlichen Ewigkeit vorzuziehen. Könnte die Thorheit größer seyn? Du willt also gerne in alle Ewigkeit elend seyn, damit du nur dreyßig oder funf- zig Jahre, und vielleicht nicht einmal so lange, nach deinem verkehrten Sinne leben darfst? Oder glaubst du vielleicht, Gott werde dir die Seeligkeit des Himmels am Ende doch angedeyhen lassen, es möge dir hier auf Erden daran gelegen gewesen seyn oder nicht? Vielleicht waren bisher alle deine Wünsche und Bemühungen nur dahin gerichtet, deine Lüste zu befriedigen, deine Schätze zu vermeh- ren, deine Familie zu versorgen, unbekümmert, ob dein Verhalten mit den Vorschriften des Christen- thums bestehen konnte oder nicht. Und dennoch getrauest du dir die Seeligkeit zu erwarten? Wie thöricht und vergeblich ist diese Hofnung! Wird Gott keinen Unterschied unter seinen Verehrern und unter seinen Verächtern machen? Wird es ihm gleich viel gelten, ob man sich nach den Vorschriften der
Erſte Betr. Wie wichtig einem Chriſten gen gerichtet? Nicht auf deine zeitliche Ruhe, Be-quemlichkeit und Vergnügen? Aber einmahl muſt du doch dieſes zeitliche Leben verlaſſen; vielleicht eher, als du es jetzt glaubeſt. Was werden dir alsdann alle genoſſene Ergötzlichkeiten, alle Ehrenſtellen und Vortheile nützen, wenn du das Wichtigſte, die Sorge für deine ewige Wohlfarth vergeſſen haſt? Wir würden den für einen wahren Thoren halten, der ſich entſchließen könnte, das Vergnügen etlicher Minuten mit dem gewiſſen Verluſt ſeiner ganzen zeitlichen Wohlfarth zu erkaufen. Und ſo viele Men- ſchen, die ſich ſehr weiſe dünken, können es wagen, das Vergnügen einiger Jahre dem Glück einer un- aufhörlichen Ewigkeit vorzuziehen. Könnte die Thorheit größer ſeyn? Du willt alſo gerne in alle Ewigkeit elend ſeyn, damit du nur dreyßig oder funf- zig Jahre, und vielleicht nicht einmal ſo lange, nach deinem verkehrten Sinne leben darfſt? Oder glaubſt du vielleicht, Gott werde dir die Seeligkeit des Himmels am Ende doch angedeyhen laſſen, es möge dir hier auf Erden daran gelegen geweſen ſeyn oder nicht? Vielleicht waren bisher alle deine Wünſche und Bemühungen nur dahin gerichtet, deine Lüſte zu befriedigen, deine Schätze zu vermeh- ren, deine Familie zu verſorgen, unbekümmert, ob dein Verhalten mit den Vorſchriften des Chriſten- thums beſtehen konnte oder nicht. Und dennoch getraueſt du dir die Seeligkeit zu erwarten? Wie thöricht und vergeblich iſt dieſe Hofnung! Wird Gott keinen Unterſchied unter ſeinen Verehrern und unter ſeinen Verächtern machen? Wird es ihm gleich viel gelten, ob man ſich nach den Vorſchriften der
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du doch dieſes zeitliche Leben verlaſſen; vielleicht eher,
als du es jetzt glaubeſt. Was werden dir alsdann
alle genoſſene Ergötzlichkeiten, alle Ehrenſtellen und
Vortheile nützen, wenn du das Wichtigſte, die
Sorge für deine ewige Wohlfarth vergeſſen haſt?
Wir würden den für einen wahren Thoren halten,
der ſich entſchließen könnte, das Vergnügen etlicher
Minuten mit dem gewiſſen Verluſt ſeiner ganzen
zeitlichen Wohlfarth zu erkaufen. Und ſo viele Men-
ſchen, die ſich ſehr weiſe dünken, können es wagen,
das Vergnügen einiger Jahre dem Glück einer un-
aufhörlichen Ewigkeit vorzuziehen. Könnte die
Thorheit größer ſeyn? Du willt alſo gerne in alle
Ewigkeit elend ſeyn, damit du nur dreyßig oder funf-
zig Jahre, und vielleicht nicht einmal ſo lange, nach
deinem verkehrten Sinne leben darfſt? Oder
glaubſt du vielleicht, Gott werde dir die Seeligkeit
des Himmels am Ende doch angedeyhen laſſen, es
möge dir hier auf Erden daran gelegen geweſen ſeyn
oder nicht? Vielleicht waren bisher alle deine
Wünſche und Bemühungen nur dahin gerichtet,
deine Lüſte zu befriedigen, deine Schätze zu vermeh-
ren, deine Familie zu verſorgen, unbekümmert, ob
dein Verhalten mit den Vorſchriften des Chriſten-
thums beſtehen konnte oder nicht. Und dennoch
getraueſt du dir die Seeligkeit zu erwarten? Wie
thöricht und vergeblich iſt dieſe Hofnung! Wird
Gott keinen Unterſchied unter ſeinen Verehrern und
unter ſeinen Verächtern machen? Wird es ihm
gleich viel gelten, ob man ſich nach den Vorſchriften
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