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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

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Sechzehnte Betr. Von der letzt. Zuk.
hätten, so würde es uns leichter werden, böse Ge-
danken und sündliche Reitzungen zu unterdrücken,
und bey den Hindernißen des Guten, die uns im
Wege sind, standhaft zu bleiben. Wir finden da-
her, daß die Apostel in ihren Briefen häufig den
Christen einschärfen, daß sie sich an die Zukunft
Christi und die Folgen derselben stets erinnern sol-
len, und ohne Zweifel war diese Lehre eine der
vornehmsten und ersten, die sie mündlich vortru-
gen. (Apostelg. 10, 42. 17, 31. 24, 25.) Wir
müßen uns daher diese Wahrheit vest einprägen,
und uns recht oft an dieselbe erinnern.

Die angeführten Worte Pauli, worinnen er
seine Theßalonicher an diese wichtige Lehre erinnert,
werden ein großes Licht erhalten, wenn man weiß,
daß er zugleich ein gewißes Vorurtheil widerlegen
wollte, welchem viele Christen damahls ergeben
waren. Es ist bekannt, daß die Jüden zu den
Zeiten Christi und der Apostel in der Meinung wa-
ren, der Meßias werde eine lange Zeit sichtbarlich
auf Erden regieren, und ein solches Reich anrich-
ten, welches glänzender und herrlicher als alle an-
dere Königreiche auf Erden seyn würde. Wenn
nun manche solcher Juden die christliche Religion
annahmen, so konnten sie diese falsche Meinung
nicht sogleich ablegen. Sie glaubten zwar, und
waren gewiß überzeugt, daß Jesus Christus ge-
storben, auferstanden, und gen Himmel gefahren
sey, aber sie hoften, er werde in kurzer Zeit wie-
der vom Himmel auf die Erde kommen, und als
König sichtbarlich herrschen und regieren. Dabey
stunden sie in den Gedanken, nur die noch lebende

Chri-

Sechzehnte Betr. Von der letzt. Zuk.
hätten, ſo würde es uns leichter werden, böſe Ge-
danken und ſündliche Reitzungen zu unterdrücken,
und bey den Hindernißen des Guten, die uns im
Wege ſind, ſtandhaft zu bleiben. Wir finden da-
her, daß die Apoſtel in ihren Briefen häufig den
Chriſten einſchärfen, daß ſie ſich an die Zukunft
Chriſti und die Folgen derſelben ſtets erinnern ſol-
len, und ohne Zweifel war dieſe Lehre eine der
vornehmſten und erſten, die ſie mündlich vortru-
gen. (Apoſtelg. 10, 42. 17, 31. 24, 25.) Wir
müßen uns daher dieſe Wahrheit veſt einprägen,
und uns recht oft an dieſelbe erinnern.

Die angeführten Worte Pauli, worinnen er
ſeine Theßalonicher an dieſe wichtige Lehre erinnert,
werden ein großes Licht erhalten, wenn man weiß,
daß er zugleich ein gewißes Vorurtheil widerlegen
wollte, welchem viele Chriſten damahls ergeben
waren. Es iſt bekannt, daß die Jüden zu den
Zeiten Chriſti und der Apoſtel in der Meinung wa-
ren, der Meßias werde eine lange Zeit ſichtbarlich
auf Erden regieren, und ein ſolches Reich anrich-
ten, welches glänzender und herrlicher als alle an-
dere Königreiche auf Erden ſeyn würde. Wenn
nun manche ſolcher Juden die chriſtliche Religion
annahmen, ſo konnten ſie dieſe falſche Meinung
nicht ſogleich ablegen. Sie glaubten zwar, und
waren gewiß überzeugt, daß Jeſus Chriſtus ge-
ſtorben, auferſtanden, und gen Himmel gefahren
ſey, aber ſie hoften, er werde in kurzer Zeit wie-
der vom Himmel auf die Erde kommen, und als
König ſichtbarlich herrſchen und regieren. Dabey
ſtunden ſie in den Gedanken, nur die noch lebende

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[238/0250] Sechzehnte Betr. Von der letzt. Zuk. hätten, ſo würde es uns leichter werden, böſe Ge- danken und ſündliche Reitzungen zu unterdrücken, und bey den Hindernißen des Guten, die uns im Wege ſind, ſtandhaft zu bleiben. Wir finden da- her, daß die Apoſtel in ihren Briefen häufig den Chriſten einſchärfen, daß ſie ſich an die Zukunft Chriſti und die Folgen derſelben ſtets erinnern ſol- len, und ohne Zweifel war dieſe Lehre eine der vornehmſten und erſten, die ſie mündlich vortru- gen. (Apoſtelg. 10, 42. 17, 31. 24, 25.) Wir müßen uns daher dieſe Wahrheit veſt einprägen, und uns recht oft an dieſelbe erinnern. Die angeführten Worte Pauli, worinnen er ſeine Theßalonicher an dieſe wichtige Lehre erinnert, werden ein großes Licht erhalten, wenn man weiß, daß er zugleich ein gewißes Vorurtheil widerlegen wollte, welchem viele Chriſten damahls ergeben waren. Es iſt bekannt, daß die Jüden zu den Zeiten Chriſti und der Apoſtel in der Meinung wa- ren, der Meßias werde eine lange Zeit ſichtbarlich auf Erden regieren, und ein ſolches Reich anrich- ten, welches glänzender und herrlicher als alle an- dere Königreiche auf Erden ſeyn würde. Wenn nun manche ſolcher Juden die chriſtliche Religion annahmen, ſo konnten ſie dieſe falſche Meinung nicht ſogleich ablegen. Sie glaubten zwar, und waren gewiß überzeugt, daß Jeſus Chriſtus ge- ſtorben, auferſtanden, und gen Himmel gefahren ſey, aber ſie hoften, er werde in kurzer Zeit wie- der vom Himmel auf die Erde kommen, und als König ſichtbarlich herrſchen und regieren. Dabey ſtunden ſie in den Gedanken, nur die noch lebende Chri-

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Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/250>, abgerufen am 04.12.2024.