Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Leben eine Saat auf die Ewigkeit sey.
zu ienem reinen, tugendhaften, vergnügten Engelleben
vorbereitet, sich nicht hier an die Ausübung alles
deßen, was groß, edel und erhaben genannt wer-
den kan, gewöhnet, der kan auch die Freuden der
Tugend nicht in ienem Leben einernden. Was der
Mensch säet, das wird er ernden. Wer auf
sein Fleisch säet, der wird von dem Fleisch das
Verderben ernden.

Wer aber auf den Geist säet, der wird von
dem Geist das ewige Leben ernden.
Gleichwie
der Landmann, der guten Saamen auf seinen Acker
streuet, wenn der Seegen des Himmels dazu
kommt, auch Hofnung zu einer guten Ernde ha-
ben kan, so darf auch derienige, der fleißig in gu-
ten Werken ist, die aus der Quelle eines durch den
Glauben an Christum gereinigten Herzens entsprin-
gen, mit gutem Grunde eine reiche Freudenernde
im ewigen Leben hoffen. Wir wißen wohl, daß
wir mit allen unsern guten Werken nichts verdienen.
Wie könnte dir Tugend etwas verdienstliches seyn,
da sie selbst nichts anders als eine Wirkung der
göttlichen Gnade, da sie so unvollkommen, da es
ohnehin unsere Schuldigkeit ist, sie auszuüben?
Nein, verdienstlich ist unsere Tugend nicht, wenn
sie auch auf den höchsten Grad stiege, der unter
Menschen möglich ist; aber sie ist unumgänglich
nöthig, für dieienigen die seelig werden wollen; sie
ist gleichsam der Saame unsers künftigen Glückes,
und wenn wir sie nicht mit Eifer und Beständigkeit
ausüben, so können wir weder hier noch dort glück-
lich seyn. Ja, der Glaube an Christum und an

seine
B 3

Leben eine Saat auf die Ewigkeit ſey.
zu ienem reinen, tugendhaften, vergnügten Engelleben
vorbereitet, ſich nicht hier an die Ausübung alles
deßen, was groß, edel und erhaben genannt wer-
den kan, gewöhnet, der kan auch die Freuden der
Tugend nicht in ienem Leben einernden. Was der
Menſch ſäet, das wird er ernden. Wer auf
ſein Fleiſch ſäet, der wird von dem Fleiſch das
Verderben ernden.

Wer aber auf den Geiſt ſäet, der wird von
dem Geiſt das ewige Leben ernden.
Gleichwie
der Landmann, der guten Saamen auf ſeinen Acker
ſtreuet, wenn der Seegen des Himmels dazu
kommt, auch Hofnung zu einer guten Ernde ha-
ben kan, ſo darf auch derienige, der fleißig in gu-
ten Werken iſt, die aus der Quelle eines durch den
Glauben an Chriſtum gereinigten Herzens entſprin-
gen, mit gutem Grunde eine reiche Freudenernde
im ewigen Leben hoffen. Wir wißen wohl, daß
wir mit allen unſern guten Werken nichts verdienen.
Wie könnte dir Tugend etwas verdienſtliches ſeyn,
da ſie ſelbſt nichts anders als eine Wirkung der
göttlichen Gnade, da ſie ſo unvollkommen, da es
ohnehin unſere Schuldigkeit iſt, ſie auszuüben?
Nein, verdienſtlich iſt unſere Tugend nicht, wenn
ſie auch auf den höchſten Grad ſtiege, der unter
Menſchen möglich iſt; aber ſie iſt unumgänglich
nöthig, für dieienigen die ſeelig werden wollen; ſie
iſt gleichſam der Saame unſers künftigen Glückes,
und wenn wir ſie nicht mit Eifer und Beſtändigkeit
ausüben, ſo können wir weder hier noch dort glück-
lich ſeyn. Ja, der Glaube an Chriſtum und an

ſeine
B 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0033" n="21"/><fw place="top" type="header">Leben eine Saat auf die Ewigkeit &#x017F;ey.</fw><lb/>
zu ienem reinen, tugendhaften, vergnügten Engelleben<lb/>
vorbereitet, &#x017F;ich nicht hier an die Ausübung alles<lb/>
deßen, was groß, edel und erhaben genannt wer-<lb/>
den kan, gewöhnet, der kan auch die Freuden der<lb/>
Tugend nicht in ienem Leben einernden. <hi rendition="#fr">Was der<lb/>
Men&#x017F;ch &#x017F;äet, das wird er ernden. Wer auf<lb/>
&#x017F;ein Flei&#x017F;ch &#x017F;äet, der wird von dem Flei&#x017F;ch das<lb/>
Verderben ernden.</hi></p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Wer aber auf den Gei&#x017F;t &#x017F;äet, der wird von<lb/>
dem Gei&#x017F;t das ewige Leben ernden.</hi> Gleichwie<lb/>
der Landmann, der guten Saamen auf &#x017F;einen Acker<lb/>
&#x017F;treuet, wenn der Seegen des Himmels dazu<lb/>
kommt, auch Hofnung zu einer guten Ernde ha-<lb/>
ben kan, &#x017F;o darf auch derienige, der fleißig in gu-<lb/>
ten Werken i&#x017F;t, die aus der Quelle eines durch den<lb/>
Glauben an Chri&#x017F;tum gereinigten Herzens ent&#x017F;prin-<lb/>
gen, mit gutem Grunde eine reiche Freudenernde<lb/>
im ewigen Leben hoffen. Wir wißen wohl, daß<lb/>
wir mit allen un&#x017F;ern guten Werken nichts verdienen.<lb/>
Wie könnte dir Tugend etwas verdien&#x017F;tliches &#x017F;eyn,<lb/>
da &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t nichts anders als eine Wirkung der<lb/>
göttlichen Gnade, da &#x017F;ie &#x017F;o unvollkommen, da es<lb/>
ohnehin un&#x017F;ere Schuldigkeit i&#x017F;t, &#x017F;ie auszuüben?<lb/>
Nein, verdien&#x017F;tlich i&#x017F;t un&#x017F;ere Tugend nicht, wenn<lb/>
&#x017F;ie auch auf den höch&#x017F;ten Grad &#x017F;tiege, der unter<lb/>
Men&#x017F;chen möglich i&#x017F;t; aber &#x017F;ie i&#x017F;t unumgänglich<lb/>
nöthig, für dieienigen die &#x017F;eelig werden wollen; &#x017F;ie<lb/>
i&#x017F;t gleich&#x017F;am der Saame un&#x017F;ers künftigen Glückes,<lb/>
und wenn wir &#x017F;ie nicht mit Eifer und Be&#x017F;tändigkeit<lb/>
ausüben, &#x017F;o können wir weder hier noch dort glück-<lb/>
lich &#x017F;eyn. Ja, der Glaube an Chri&#x017F;tum und an<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;eine</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0033] Leben eine Saat auf die Ewigkeit ſey. zu ienem reinen, tugendhaften, vergnügten Engelleben vorbereitet, ſich nicht hier an die Ausübung alles deßen, was groß, edel und erhaben genannt wer- den kan, gewöhnet, der kan auch die Freuden der Tugend nicht in ienem Leben einernden. Was der Menſch ſäet, das wird er ernden. Wer auf ſein Fleiſch ſäet, der wird von dem Fleiſch das Verderben ernden. Wer aber auf den Geiſt ſäet, der wird von dem Geiſt das ewige Leben ernden. Gleichwie der Landmann, der guten Saamen auf ſeinen Acker ſtreuet, wenn der Seegen des Himmels dazu kommt, auch Hofnung zu einer guten Ernde ha- ben kan, ſo darf auch derienige, der fleißig in gu- ten Werken iſt, die aus der Quelle eines durch den Glauben an Chriſtum gereinigten Herzens entſprin- gen, mit gutem Grunde eine reiche Freudenernde im ewigen Leben hoffen. Wir wißen wohl, daß wir mit allen unſern guten Werken nichts verdienen. Wie könnte dir Tugend etwas verdienſtliches ſeyn, da ſie ſelbſt nichts anders als eine Wirkung der göttlichen Gnade, da ſie ſo unvollkommen, da es ohnehin unſere Schuldigkeit iſt, ſie auszuüben? Nein, verdienſtlich iſt unſere Tugend nicht, wenn ſie auch auf den höchſten Grad ſtiege, der unter Menſchen möglich iſt; aber ſie iſt unumgänglich nöthig, für dieienigen die ſeelig werden wollen; ſie iſt gleichſam der Saame unſers künftigen Glückes, und wenn wir ſie nicht mit Eifer und Beſtändigkeit ausüben, ſo können wir weder hier noch dort glück- lich ſeyn. Ja, der Glaube an Chriſtum und an ſeine B 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/33
Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/33>, abgerufen am 14.06.2024.