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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

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Sechste Betr. Die große Seeligkeit
nünftigen Geschöpfe unserer niedrigen Erde, mit
ienen glückseeligen Geistern im Himmel zu Einer
Familie, zu Einer Gesellschaft sollen vereiniget
werden, Eph. 1, 10. daß seiner Herrschaft alles
in Einem Reiche unterworfen seyn soll, nachdem er
durch die Aufopferung seiner selbst eine höchstwün-
schenswürdige Vereinigung zwischen Juden und
Heiden hier auf Erden, und dann zwischen diesen
und ienen himmlischen Geistern, den Engeln wür-
de bewerkstelliget haben. Col. 1, 20. Und in der
ausnehmenden Größe dieser Seeligkeit, von wel-
cher die Apostel nie ohne Entzücken sprechen, die
sie mehr in der Hofnung schon empfinden, als schil-
dern können, hierinnen sage ich, scheint mir eine
der vornehmsten Ursachen zu liegen, warum uns
Gott dieselbige nicht ohne die Vermittelung seines
Sohnes ertheilen wollte. In die Gemeinschaft ie-
ner himmlischen, reinen, vollkommenen Geister
sollen wir aufgenommen werden, einerley Vorrech-
te sollen wir mit denen genießen, die ihrem Gott
nie untreu werden, die seit ihrer ersten Schöpfung
beständig an Vollkommenheiten gewachsen sind,
und in Ewigkeit wachsen werden. Dieser vortref-
lichen, ehrwürdigen Geschöpfe Mitbürger sollen wir
seyn; mit ihnen als Unterthanen Eines Oberherrn
und Königes in ewiger brüderlicher Verbindung le-
ben. Aber welch ein Abstand von uns bis zu ih-
nen! Sind wir dieser großen Ehre würdig?
Werden sie uns gerne für ihre Mitbrüder erkennen?
Erlaubt es auch die Schicklichkeit der Dinge, die
Harmonie der göttlichen Anstalten, daß wir schwa-
che, mit Millionen Sünden behaftete Geschöpfe,

die

Sechſte Betr. Die große Seeligkeit
nünftigen Geſchöpfe unſerer niedrigen Erde, mit
ienen glückſeeligen Geiſtern im Himmel zu Einer
Familie, zu Einer Geſellſchaft ſollen vereiniget
werden, Eph. 1, 10. daß ſeiner Herrſchaft alles
in Einem Reiche unterworfen ſeyn ſoll, nachdem er
durch die Aufopferung ſeiner ſelbſt eine höchſtwün-
ſchenswürdige Vereinigung zwiſchen Juden und
Heiden hier auf Erden, und dann zwiſchen dieſen
und ienen himmliſchen Geiſtern, den Engeln wür-
de bewerkſtelliget haben. Col. 1, 20. Und in der
ausnehmenden Größe dieſer Seeligkeit, von wel-
cher die Apoſtel nie ohne Entzücken ſprechen, die
ſie mehr in der Hofnung ſchon empfinden, als ſchil-
dern können, hierinnen ſage ich, ſcheint mir eine
der vornehmſten Urſachen zu liegen, warum uns
Gott dieſelbige nicht ohne die Vermittelung ſeines
Sohnes ertheilen wollte. In die Gemeinſchaft ie-
ner himmliſchen, reinen, vollkommenen Geiſter
ſollen wir aufgenommen werden, einerley Vorrech-
te ſollen wir mit denen genießen, die ihrem Gott
nie untreu werden, die ſeit ihrer erſten Schöpfung
beſtändig an Vollkommenheiten gewachſen ſind,
und in Ewigkeit wachſen werden. Dieſer vortref-
lichen, ehrwürdigen Geſchöpfe Mitbürger ſollen wir
ſeyn; mit ihnen als Unterthanen Eines Oberherrn
und Königes in ewiger brüderlicher Verbindung le-
ben. Aber welch ein Abſtand von uns bis zu ih-
nen! Sind wir dieſer großen Ehre würdig?
Werden ſie uns gerne für ihre Mitbrüder erkennen?
Erlaubt es auch die Schicklichkeit der Dinge, die
Harmonie der göttlichen Anſtalten, daß wir ſchwa-
che, mit Millionen Sünden behaftete Geſchöpfe,

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[78/0090] Sechſte Betr. Die große Seeligkeit nünftigen Geſchöpfe unſerer niedrigen Erde, mit ienen glückſeeligen Geiſtern im Himmel zu Einer Familie, zu Einer Geſellſchaft ſollen vereiniget werden, Eph. 1, 10. daß ſeiner Herrſchaft alles in Einem Reiche unterworfen ſeyn ſoll, nachdem er durch die Aufopferung ſeiner ſelbſt eine höchſtwün- ſchenswürdige Vereinigung zwiſchen Juden und Heiden hier auf Erden, und dann zwiſchen dieſen und ienen himmliſchen Geiſtern, den Engeln wür- de bewerkſtelliget haben. Col. 1, 20. Und in der ausnehmenden Größe dieſer Seeligkeit, von wel- cher die Apoſtel nie ohne Entzücken ſprechen, die ſie mehr in der Hofnung ſchon empfinden, als ſchil- dern können, hierinnen ſage ich, ſcheint mir eine der vornehmſten Urſachen zu liegen, warum uns Gott dieſelbige nicht ohne die Vermittelung ſeines Sohnes ertheilen wollte. In die Gemeinſchaft ie- ner himmliſchen, reinen, vollkommenen Geiſter ſollen wir aufgenommen werden, einerley Vorrech- te ſollen wir mit denen genießen, die ihrem Gott nie untreu werden, die ſeit ihrer erſten Schöpfung beſtändig an Vollkommenheiten gewachſen ſind, und in Ewigkeit wachſen werden. Dieſer vortref- lichen, ehrwürdigen Geſchöpfe Mitbürger ſollen wir ſeyn; mit ihnen als Unterthanen Eines Oberherrn und Königes in ewiger brüderlicher Verbindung le- ben. Aber welch ein Abſtand von uns bis zu ih- nen! Sind wir dieſer großen Ehre würdig? Werden ſie uns gerne für ihre Mitbrüder erkennen? Erlaubt es auch die Schicklichkeit der Dinge, die Harmonie der göttlichen Anſtalten, daß wir ſchwa- che, mit Millionen Sünden behaftete Geſchöpfe, die

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Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/90>, abgerufen am 23.11.2024.