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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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der Gestaltungsheerd der jährlichen Zuwachsmasse, welche zum größeren
Theile dem Holze, zum kleineren der Rinde zufällt.

Während der Zeit des lebendigsten Wachsthums, also besonders in
den Monaten Mai bis August, ist dieser Heerd auf dem Querschnitte
eines lebenden Zweiges namentlich durch seine Farbe als ein das Holz
von der Rinde trennender Ring zu unterscheiden. Er heißt der Cam-
biumring
oder die Cambiumschicht und zeichnet sich besonders in der
angegebenen Zeit durch seine düstere, fast wie Oel auf weißem Papier
erscheinende Farbe aus. Daß in diesem Ringe das regste Bildungsleben
herrscht erkennt man auch daran, daß auf einem während der Vegetations-
zeit gemachten Querschnitt dieser Ring allein safterfüllt ist und einen
Flüssigkeitsring bildet, der aus der Schnittfläche hervorquillt, während
Holz und Rinde trocken bleiben. (An Fig. IX., S. 88, ist der Cambium-
ring mit c angedeutet).

Es versteht sich bei dieser Verlegung des Bildungsheerdes des jähr-
lichen Stammzuwachses an die Grenze zwischen Holz und Rinde nun ganz
von selbst, daß durch das gewaltsame alljährliche Einschieben des neuen
Zuwachses zwischen diese beiden die Rinde immer nach außen gedrängt
werden und da diese kein elastisches Gewebe ist, endlich in ihren älteren
äußeren Schichten zerreißen muß. Daß letzteres dennoch nicht in dem
Grade geschieht, wie es eigentlich der Fall sein müßte, und über die
sonstigen Eigenschaften der Rinde werden wir bald näher zu sprechen haben.

Wir kehren zur Betrachtung des Baues des Holzkörpers zurück, dessen
Zusammensetzung aus concentrischen Jahreslagen wir kennen gelernt haben.

Unsere Figuren VII., VIII., IX. und X. zeigen uns übereinstimmend
in der Richtung vom Markmittelpunkte nach der Rinde die uns ebenfalls
bereits bekannten Markstrahlen, welche wir in den drei Dimensionen
der Länge, Breite und Dicke mit einem Bande verglichen haben. Indem
wir nun den feineren Bau des Holzes betrachten wollen, müssen wir uns
der Markstrahlen nochmals erinnern, weil sie zu den übrigen Gewebs-
massen des Holzes in einem in jeder Hinsicht gegensätzlichen Verhältniß stehen.

Wir hoben schon oben den unter sich, natürlich blos in Beziehung
auf die Axe des Stammes, vollkommen parallelen Verlauf der Mark-
strahlen hervor und ebenso daß dieselben in ihrem Verlaufe die übrige
Zellenmasse des Holzes rechtwinklig schneiden.

der Geſtaltungsheerd der jährlichen Zuwachsmaſſe, welche zum größeren
Theile dem Holze, zum kleineren der Rinde zufällt.

Während der Zeit des lebendigſten Wachsthums, alſo beſonders in
den Monaten Mai bis Auguſt, iſt dieſer Heerd auf dem Querſchnitte
eines lebenden Zweiges namentlich durch ſeine Farbe als ein das Holz
von der Rinde trennender Ring zu unterſcheiden. Er heißt der Cam-
biumring
oder die Cambiumſchicht und zeichnet ſich beſonders in der
angegebenen Zeit durch ſeine düſtere, faſt wie Oel auf weißem Papier
erſcheinende Farbe aus. Daß in dieſem Ringe das regſte Bildungsleben
herrſcht erkennt man auch daran, daß auf einem während der Vegetations-
zeit gemachten Querſchnitt dieſer Ring allein ſafterfüllt iſt und einen
Flüſſigkeitsring bildet, der aus der Schnittfläche hervorquillt, während
Holz und Rinde trocken bleiben. (An Fig. IX., S. 88, iſt der Cambium-
ring mit c angedeutet).

Es verſteht ſich bei dieſer Verlegung des Bildungsheerdes des jähr-
lichen Stammzuwachſes an die Grenze zwiſchen Holz und Rinde nun ganz
von ſelbſt, daß durch das gewaltſame alljährliche Einſchieben des neuen
Zuwachſes zwiſchen dieſe beiden die Rinde immer nach außen gedrängt
werden und da dieſe kein elaſtiſches Gewebe iſt, endlich in ihren älteren
äußeren Schichten zerreißen muß. Daß letzteres dennoch nicht in dem
Grade geſchieht, wie es eigentlich der Fall ſein müßte, und über die
ſonſtigen Eigenſchaften der Rinde werden wir bald näher zu ſprechen haben.

Wir kehren zur Betrachtung des Baues des Holzkörpers zurück, deſſen
Zuſammenſetzung aus concentriſchen Jahreslagen wir kennen gelernt haben.

Unſere Figuren VII., VIII., IX. und X. zeigen uns übereinſtimmend
in der Richtung vom Markmittelpunkte nach der Rinde die uns ebenfalls
bereits bekannten Markſtrahlen, welche wir in den drei Dimenſionen
der Länge, Breite und Dicke mit einem Bande verglichen haben. Indem
wir nun den feineren Bau des Holzes betrachten wollen, müſſen wir uns
der Markſtrahlen nochmals erinnern, weil ſie zu den übrigen Gewebs-
maſſen des Holzes in einem in jeder Hinſicht gegenſätzlichen Verhältniß ſtehen.

Wir hoben ſchon oben den unter ſich, natürlich blos in Beziehung
auf die Axe des Stammes, vollkommen parallelen Verlauf der Mark-
ſtrahlen hervor und ebenſo daß dieſelben in ihrem Verlaufe die übrige
Zellenmaſſe des Holzes rechtwinklig ſchneiden.

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[98/0122] der Geſtaltungsheerd der jährlichen Zuwachsmaſſe, welche zum größeren Theile dem Holze, zum kleineren der Rinde zufällt. Während der Zeit des lebendigſten Wachsthums, alſo beſonders in den Monaten Mai bis Auguſt, iſt dieſer Heerd auf dem Querſchnitte eines lebenden Zweiges namentlich durch ſeine Farbe als ein das Holz von der Rinde trennender Ring zu unterſcheiden. Er heißt der Cam- biumring oder die Cambiumſchicht und zeichnet ſich beſonders in der angegebenen Zeit durch ſeine düſtere, faſt wie Oel auf weißem Papier erſcheinende Farbe aus. Daß in dieſem Ringe das regſte Bildungsleben herrſcht erkennt man auch daran, daß auf einem während der Vegetations- zeit gemachten Querſchnitt dieſer Ring allein ſafterfüllt iſt und einen Flüſſigkeitsring bildet, der aus der Schnittfläche hervorquillt, während Holz und Rinde trocken bleiben. (An Fig. IX., S. 88, iſt der Cambium- ring mit c angedeutet). Es verſteht ſich bei dieſer Verlegung des Bildungsheerdes des jähr- lichen Stammzuwachſes an die Grenze zwiſchen Holz und Rinde nun ganz von ſelbſt, daß durch das gewaltſame alljährliche Einſchieben des neuen Zuwachſes zwiſchen dieſe beiden die Rinde immer nach außen gedrängt werden und da dieſe kein elaſtiſches Gewebe iſt, endlich in ihren älteren äußeren Schichten zerreißen muß. Daß letzteres dennoch nicht in dem Grade geſchieht, wie es eigentlich der Fall ſein müßte, und über die ſonſtigen Eigenſchaften der Rinde werden wir bald näher zu ſprechen haben. Wir kehren zur Betrachtung des Baues des Holzkörpers zurück, deſſen Zuſammenſetzung aus concentriſchen Jahreslagen wir kennen gelernt haben. Unſere Figuren VII., VIII., IX. und X. zeigen uns übereinſtimmend in der Richtung vom Markmittelpunkte nach der Rinde die uns ebenfalls bereits bekannten Markſtrahlen, welche wir in den drei Dimenſionen der Länge, Breite und Dicke mit einem Bande verglichen haben. Indem wir nun den feineren Bau des Holzes betrachten wollen, müſſen wir uns der Markſtrahlen nochmals erinnern, weil ſie zu den übrigen Gewebs- maſſen des Holzes in einem in jeder Hinſicht gegenſätzlichen Verhältniß ſtehen. Wir hoben ſchon oben den unter ſich, natürlich blos in Beziehung auf die Axe des Stammes, vollkommen parallelen Verlauf der Mark- ſtrahlen hervor und ebenſo daß dieſelben in ihrem Verlaufe die übrige Zellenmaſſe des Holzes rechtwinklig ſchneiden.

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/122>, abgerufen am 27.05.2024.