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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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vielen Bäumen eine religiöse Verehrung zollen und auch wir sie wenigstens
nicht ohne ahnungsvolle Schauer ansehen können. Ja wie kaum ein
Thier ist in unsern Augen jeder Baum gefeyet und steht unter dem
sittlichen Schutze eines Jeden. Wie schon früher daran erinnert wurde,
brandmarken wir daher jede muthwillige Verletzung eines Baumes,
namentlich eines hoffnungsvollen Bäumchens mit dem starken Worte Frevel.

Eine Menge der verschiedensten Baumarten und zwar aus den ver-
schiedensten Pflanzenfamilien sind fähig, ein ungewöhnlich hohes Alter und
dann gewöhnlich auch riesige Größe zu erreichen. Sogar in der in
Deutschland, ja in ganz Europa durch keinen einzigen ursprünglich hei-
mischen Baum vertretenen Abtheilung der Einsamenlappigen Pflanzen
(S. 143 Anm.) finden sich einzelne solche Beispiele, als welches der
Drachenbaum, Dracaena Draco, von Orotava auf der Insel Teneriffa
allgemein bekannt ist, dem man ein Alter von 5000 Jahren giebt.
Berthelot sagte (1827) von ihm: "wenn man die jungen Drachen-
bäume, die den alten Riesen umstehen, vergleicht, so erschrickt unsre Ein-
bildungskraft."

Von unsern deutschen Waldbäumen, wenn wir dabei den alpinen
Süden mitbegreifen, sind es namentlich Linde, Taxus, Ulme, Eiche, Esche,
Lärche, Bergahorn, Arve, Fichte, Tanne, Buche, welche ein hohes Alter
erreichen können aber dabei doch nicht entfernt dem Drachenbaum und
dem Affenbrodbaum, Adansonia digitata, nahe kommen.

Wo die Verhältnisse es besonders begünstigen, können jedoch auch
noch andere Bäume ein ungewöhnliches Alter erreichen, während die ge-
nannten an weniger günstigen Orten gegen sie zurückbleiben. Pfeil
berichtet von Riesenespen in Ungarn, welche über 4 Ellen Durchmesser
und 2900 Kubikfuß Holzinhalt hatten.

Welcher Art diese begünstigenden äußeren Verhältnisse sein müssen,
ist schwer in seinen Einzelheiten nachzuweisen. Ohne Zweifel ist es ein
Zusammenwirken vieler einzelner Umstände, die eben nicht immer sich bei-
sammen finden. Sicher aber würde es solcher denkwürdiger Bäume mehr
geben, wenn nicht die begehrliche Hand des Menschen sich danach aus-
streckte und der Sturm, der unerbittlichste aller Holzfäller, sie stürzte.

Viele solcher altehrwürdiger Bäume haben ihre Geschichte und sind
mit denkwürdigen Ereignissen verknüpft. Bei der botanischen und forst-

vielen Bäumen eine religiöſe Verehrung zollen und auch wir ſie wenigſtens
nicht ohne ahnungsvolle Schauer anſehen können. Ja wie kaum ein
Thier iſt in unſern Augen jeder Baum gefeyet und ſteht unter dem
ſittlichen Schutze eines Jeden. Wie ſchon früher daran erinnert wurde,
brandmarken wir daher jede muthwillige Verletzung eines Baumes,
namentlich eines hoffnungsvollen Bäumchens mit dem ſtarken Worte Frevel.

Eine Menge der verſchiedenſten Baumarten und zwar aus den ver-
ſchiedenſten Pflanzenfamilien ſind fähig, ein ungewöhnlich hohes Alter und
dann gewöhnlich auch rieſige Größe zu erreichen. Sogar in der in
Deutſchland, ja in ganz Europa durch keinen einzigen urſprünglich hei-
miſchen Baum vertretenen Abtheilung der Einſamenlappigen Pflanzen
(S. 143 Anm.) finden ſich einzelne ſolche Beiſpiele, als welches der
Drachenbaum, Dracaena Draco, von Orotava auf der Inſel Teneriffa
allgemein bekannt iſt, dem man ein Alter von 5000 Jahren giebt.
Berthelot ſagte (1827) von ihm: „wenn man die jungen Drachen-
bäume, die den alten Rieſen umſtehen, vergleicht, ſo erſchrickt unſre Ein-
bildungskraft.“

Von unſern deutſchen Waldbäumen, wenn wir dabei den alpinen
Süden mitbegreifen, ſind es namentlich Linde, Taxus, Ulme, Eiche, Eſche,
Lärche, Bergahorn, Arve, Fichte, Tanne, Buche, welche ein hohes Alter
erreichen können aber dabei doch nicht entfernt dem Drachenbaum und
dem Affenbrodbaum, Adansonia digitata, nahe kommen.

Wo die Verhältniſſe es beſonders begünſtigen, können jedoch auch
noch andere Bäume ein ungewöhnliches Alter erreichen, während die ge-
nannten an weniger günſtigen Orten gegen ſie zurückbleiben. Pfeil
berichtet von Rieſenespen in Ungarn, welche über 4 Ellen Durchmeſſer
und 2900 Kubikfuß Holzinhalt hatten.

Welcher Art dieſe begünſtigenden äußeren Verhältniſſe ſein müſſen,
iſt ſchwer in ſeinen Einzelheiten nachzuweiſen. Ohne Zweifel iſt es ein
Zuſammenwirken vieler einzelner Umſtände, die eben nicht immer ſich bei-
ſammen finden. Sicher aber würde es ſolcher denkwürdiger Bäume mehr
geben, wenn nicht die begehrliche Hand des Menſchen ſich danach aus-
ſtreckte und der Sturm, der unerbittlichſte aller Holzfäller, ſie ſtürzte.

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mit denkwürdigen Ereigniſſen verknüpft. Bei der botaniſchen und forſt-

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[204/0228] vielen Bäumen eine religiöſe Verehrung zollen und auch wir ſie wenigſtens nicht ohne ahnungsvolle Schauer anſehen können. Ja wie kaum ein Thier iſt in unſern Augen jeder Baum gefeyet und ſteht unter dem ſittlichen Schutze eines Jeden. Wie ſchon früher daran erinnert wurde, brandmarken wir daher jede muthwillige Verletzung eines Baumes, namentlich eines hoffnungsvollen Bäumchens mit dem ſtarken Worte Frevel. Eine Menge der verſchiedenſten Baumarten und zwar aus den ver- ſchiedenſten Pflanzenfamilien ſind fähig, ein ungewöhnlich hohes Alter und dann gewöhnlich auch rieſige Größe zu erreichen. Sogar in der in Deutſchland, ja in ganz Europa durch keinen einzigen urſprünglich hei- miſchen Baum vertretenen Abtheilung der Einſamenlappigen Pflanzen (S. 143 Anm.) finden ſich einzelne ſolche Beiſpiele, als welches der Drachenbaum, Dracaena Draco, von Orotava auf der Inſel Teneriffa allgemein bekannt iſt, dem man ein Alter von 5000 Jahren giebt. Berthelot ſagte (1827) von ihm: „wenn man die jungen Drachen- bäume, die den alten Rieſen umſtehen, vergleicht, ſo erſchrickt unſre Ein- bildungskraft.“ Von unſern deutſchen Waldbäumen, wenn wir dabei den alpinen Süden mitbegreifen, ſind es namentlich Linde, Taxus, Ulme, Eiche, Eſche, Lärche, Bergahorn, Arve, Fichte, Tanne, Buche, welche ein hohes Alter erreichen können aber dabei doch nicht entfernt dem Drachenbaum und dem Affenbrodbaum, Adansonia digitata, nahe kommen. Wo die Verhältniſſe es beſonders begünſtigen, können jedoch auch noch andere Bäume ein ungewöhnliches Alter erreichen, während die ge- nannten an weniger günſtigen Orten gegen ſie zurückbleiben. Pfeil berichtet von Rieſenespen in Ungarn, welche über 4 Ellen Durchmeſſer und 2900 Kubikfuß Holzinhalt hatten. Welcher Art dieſe begünſtigenden äußeren Verhältniſſe ſein müſſen, iſt ſchwer in ſeinen Einzelheiten nachzuweiſen. Ohne Zweifel iſt es ein Zuſammenwirken vieler einzelner Umſtände, die eben nicht immer ſich bei- ſammen finden. Sicher aber würde es ſolcher denkwürdiger Bäume mehr geben, wenn nicht die begehrliche Hand des Menſchen ſich danach aus- ſtreckte und der Sturm, der unerbittlichſte aller Holzfäller, ſie ſtürzte. Viele ſolcher altehrwürdiger Bäume haben ihre Geſchichte und ſind mit denkwürdigen Ereigniſſen verknüpft. Bei der botaniſchen und forſt-

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/228>, abgerufen am 22.12.2024.