Eine alte haubare Buche, mag sie frei oder im Schlusse erwachsen sein, hat eine gerundete Abwölbung der Krone, während ein jüngerer etwa 4 Fuß hoher Baum, frei oder im Schlusse erwachsen, eine mit zahl- reichen hervorstechenden Zweigspitzen versehene Krone ohne Spur von Abwölbung zeigt.
Bei der folgenden Betrachtung der verschiedenen Gattungseigen- thümlichkeiten der Laubholzkronen müssen wir uns also an solche Einflüsse erinnern, wenn wir nicht in den Fall kommen wollen, bei der Anwendung derselben die Schilderung entweder falsch zu finden oder uns irre führen zu lassen.
Wir haben zunächst unter den Formen der Krone zu unterscheiden, ob dieselben einen abgeschlossenen, mehr oder weniger regelmäßigen Umfang, oder mehr eine unterbrochene Gliederung desselben zeigen. Im ersteren Falle kann man hauptsächlich drei Formen unterscheiden: die mehr oder weniger vollkommen gerundete, die kuppelförmige und die längliche, durch spitze Wipfelendigung nicht selten kegelförmig werdende. Namentlich in diesen drei Beziehungen ist es von Einfluß, ob ein Baum frei oder im Schlusse erwachsen ist, indem die frei erwachsenden Bäume zuletzt geneigt sind, eine abgeschlossene Kronenform anzunehmen, weil nichts sie hindert nach allen Seiten hin ihre Zweige gleichmäßig auszubreiten. Daher kommt es, daß in den meisten Fällen frei erwachsene Bäume keine malerisch schöne Form haben. Die kuppelförmige Kronengestalt ist vor- züglich der Esche eigen, die wir auch in anderer Beziehung als einen schönen malerischen Baum kennen lernen werden. Die Erle, welche, wie wir schon wissen, ihren Stamm sehr gerade durch die ganze Krone hin- durchführt und dabei eine ziemlich gleiche Länge aller ihrer Aeste zeigt, hat am meisten eine längliche, der Walzenform nahe kommende, oben ab- gestumpfte Krone, während in weitläufigem Schlusse stehende Hornbäume meist eine kegelförmige Krone bekommen.
Malerisch sind unter allen Verhältnissen diejenigen Bäume, bei denen die Krone einen mehr unterbrochenen Umriß zeigt, welcher zuweilen an die Umrisse der Haufwolken erinnert. Solche Gestalten zeigen namentlich die Eichen, Ahorne, Linden und Ulmen und die sehr oft unverständlichen Baumgestalten unserer Landschaftsbilder lassen sich gewöhnlich am leichtesten noch auf eine von diesen Baumarten zurückführen.
Eine alte haubare Buche, mag ſie frei oder im Schluſſe erwachſen ſein, hat eine gerundete Abwölbung der Krone, während ein jüngerer etwa 4 Fuß hoher Baum, frei oder im Schluſſe erwachſen, eine mit zahl- reichen hervorſtechenden Zweigſpitzen verſehene Krone ohne Spur von Abwölbung zeigt.
Bei der folgenden Betrachtung der verſchiedenen Gattungseigen- thümlichkeiten der Laubholzkronen müſſen wir uns alſo an ſolche Einflüſſe erinnern, wenn wir nicht in den Fall kommen wollen, bei der Anwendung derſelben die Schilderung entweder falſch zu finden oder uns irre führen zu laſſen.
Wir haben zunächſt unter den Formen der Krone zu unterſcheiden, ob dieſelben einen abgeſchloſſenen, mehr oder weniger regelmäßigen Umfang, oder mehr eine unterbrochene Gliederung deſſelben zeigen. Im erſteren Falle kann man hauptſächlich drei Formen unterſcheiden: die mehr oder weniger vollkommen gerundete, die kuppelförmige und die längliche, durch ſpitze Wipfelendigung nicht ſelten kegelförmig werdende. Namentlich in dieſen drei Beziehungen iſt es von Einfluß, ob ein Baum frei oder im Schluſſe erwachſen iſt, indem die frei erwachſenden Bäume zuletzt geneigt ſind, eine abgeſchloſſene Kronenform anzunehmen, weil nichts ſie hindert nach allen Seiten hin ihre Zweige gleichmäßig auszubreiten. Daher kommt es, daß in den meiſten Fällen frei erwachſene Bäume keine maleriſch ſchöne Form haben. Die kuppelförmige Kronengeſtalt iſt vor- züglich der Eſche eigen, die wir auch in anderer Beziehung als einen ſchönen maleriſchen Baum kennen lernen werden. Die Erle, welche, wie wir ſchon wiſſen, ihren Stamm ſehr gerade durch die ganze Krone hin- durchführt und dabei eine ziemlich gleiche Länge aller ihrer Aeſte zeigt, hat am meiſten eine längliche, der Walzenform nahe kommende, oben ab- geſtumpfte Krone, während in weitläufigem Schluſſe ſtehende Hornbäume meiſt eine kegelförmige Krone bekommen.
Maleriſch ſind unter allen Verhältniſſen diejenigen Bäume, bei denen die Krone einen mehr unterbrochenen Umriß zeigt, welcher zuweilen an die Umriſſe der Haufwolken erinnert. Solche Geſtalten zeigen namentlich die Eichen, Ahorne, Linden und Ulmen und die ſehr oft unverſtändlichen Baumgeſtalten unſerer Landſchaftsbilder laſſen ſich gewöhnlich am leichteſten noch auf eine von dieſen Baumarten zurückführen.
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Eine alte haubare Buche, mag ſie frei oder im Schluſſe erwachſen ſein,
hat eine gerundete Abwölbung der Krone, während ein jüngerer etwa
4 Fuß hoher Baum, frei oder im Schluſſe erwachſen, eine mit zahl-
reichen hervorſtechenden Zweigſpitzen verſehene Krone ohne Spur von
Abwölbung zeigt.
Bei der folgenden Betrachtung der verſchiedenen Gattungseigen-
thümlichkeiten der Laubholzkronen müſſen wir uns alſo an ſolche Einflüſſe
erinnern, wenn wir nicht in den Fall kommen wollen, bei der Anwendung
derſelben die Schilderung entweder falſch zu finden oder uns irre führen
zu laſſen.
Wir haben zunächſt unter den Formen der Krone zu unterſcheiden,
ob dieſelben einen abgeſchloſſenen, mehr oder weniger regelmäßigen Umfang,
oder mehr eine unterbrochene Gliederung deſſelben zeigen. Im erſteren
Falle kann man hauptſächlich drei Formen unterſcheiden: die mehr oder
weniger vollkommen gerundete, die kuppelförmige und die längliche, durch
ſpitze Wipfelendigung nicht ſelten kegelförmig werdende. Namentlich in
dieſen drei Beziehungen iſt es von Einfluß, ob ein Baum frei oder im
Schluſſe erwachſen iſt, indem die frei erwachſenden Bäume zuletzt geneigt
ſind, eine abgeſchloſſene Kronenform anzunehmen, weil nichts ſie hindert
nach allen Seiten hin ihre Zweige gleichmäßig auszubreiten. Daher
kommt es, daß in den meiſten Fällen frei erwachſene Bäume keine
maleriſch ſchöne Form haben. Die kuppelförmige Kronengeſtalt iſt vor-
züglich der Eſche eigen, die wir auch in anderer Beziehung als einen
ſchönen maleriſchen Baum kennen lernen werden. Die Erle, welche, wie
wir ſchon wiſſen, ihren Stamm ſehr gerade durch die ganze Krone hin-
durchführt und dabei eine ziemlich gleiche Länge aller ihrer Aeſte zeigt,
hat am meiſten eine längliche, der Walzenform nahe kommende, oben ab-
geſtumpfte Krone, während in weitläufigem Schluſſe ſtehende Hornbäume
meiſt eine kegelförmige Krone bekommen.
Maleriſch ſind unter allen Verhältniſſen diejenigen Bäume, bei denen
die Krone einen mehr unterbrochenen Umriß zeigt, welcher zuweilen an
die Umriſſe der Haufwolken erinnert. Solche Geſtalten zeigen namentlich
die Eichen, Ahorne, Linden und Ulmen und die ſehr oft unverſtändlichen
Baumgeſtalten unſerer Landſchaftsbilder laſſen ſich gewöhnlich am leichteſten
noch auf eine von dieſen Baumarten zurückführen.
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/246>, abgerufen am 22.12.2024.
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