Land- und Forstwirth" (S. 31 und 42). Namentlich in den Lagen, wo die Fichte als bestandbildender Baum herrscht sind die Ansprüche des Landwirthes -- welcher hierdurch beinahe die Rolle eines forstschädlichen Insektes spielt -- an die Waldstreu oft sehr groß und bei der flachen Lage der Wurzeln der Fichte ist das Streurechen von den nachtheiligsten Folgen. Wo man durch eine Servitut gezwungen ist, Waldstreu abzu- geben, so läßt man sie wenigstens nur aus den ältesten und geschlossensten Beständen nehmen, die ohnehin bald zum Abtrieb kommen, bei denen also an Zuwachs nicht viel mehr verloren wird.
Kaum weniger nachtheilig, ja für die Güte des Holzes noch nach- theiliger ist das Harzscharren zur Pechgewinnung, was daher an den Orten so ziemlich allgemein eingestellt ist, wo das Holz einen hohen Werth hat, weil der Werth des Peches den dadurch hervorgebrachten Verlust an Holzwerth nicht deckt.
Dagegen ist die Benutzung der Rinde nicht zu alter Bäume zur Gerberlohe in manchen Gegenden Deutschlands, wo Eichenrinde nur zu hohem Preise zu haben ist, eine erhebliche Zugabe zu dem Ertrage der Fichtenreviere. Der Gerbstoff findet sich nur in der Bastschicht der Rinde.
Endlich ist die Fichte noch eine gute Heckenpflanze, wenn man die sehr dicht aneinander gepflanzten Stämmchen gut unter dem Schnitt hält. Die vielen Seitenknospen der Triebe sorgen trefflich für eine große Ver- dichtung der Hecke, deren Wurzeln aber gern in die anliegenden Felder oder Gärten ausstreichen, wenn man sie nicht durch Gräben davon abhält.
Noch ist einer der Fichte eigenen, zwar allgemein bekannten, aber zur Verwunderung selbst in gebildeten Kreisen hier und da noch falsch verstandenen, krankhaften Bildung an den Fichtentrieben zu gedenken, welche an dem oberen rechten Triebe des abgebildeten Zweiges dargestellt ist. Es sind dies entweder kleine etwa haselnußgroße oder auch bis pflaumengroße ananasähnliche kugelige Anschwellungen der Triebe, über welche hinaus dieser gewöhnlich sich verlängert und selbst ohne Nachtheil für sein Leben ungestört fortwächst. Da gewöhnlich auf jedem der Felder, aus welchen diese Körper zapfenähnlich in spiraler Anordnung zusammen- gesetzt sind, ein verkürzter Nadelstummel steht, so kann man leicht er- rathen, daß sie aus umgewandelten, an ihrer Basis verbreiterten Nadeln
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Land- und Forſtwirth“ (S. 31 und 42). Namentlich in den Lagen, wo die Fichte als beſtandbildender Baum herrſcht ſind die Anſprüche des Landwirthes — welcher hierdurch beinahe die Rolle eines forſtſchädlichen Inſektes ſpielt — an die Waldſtreu oft ſehr groß und bei der flachen Lage der Wurzeln der Fichte iſt das Streurechen von den nachtheiligſten Folgen. Wo man durch eine Servitut gezwungen iſt, Waldſtreu abzu- geben, ſo läßt man ſie wenigſtens nur aus den älteſten und geſchloſſenſten Beſtänden nehmen, die ohnehin bald zum Abtrieb kommen, bei denen alſo an Zuwachs nicht viel mehr verloren wird.
Kaum weniger nachtheilig, ja für die Güte des Holzes noch nach- theiliger iſt das Harzſcharren zur Pechgewinnung, was daher an den Orten ſo ziemlich allgemein eingeſtellt iſt, wo das Holz einen hohen Werth hat, weil der Werth des Peches den dadurch hervorgebrachten Verluſt an Holzwerth nicht deckt.
Dagegen iſt die Benutzung der Rinde nicht zu alter Bäume zur Gerberlohe in manchen Gegenden Deutſchlands, wo Eichenrinde nur zu hohem Preiſe zu haben iſt, eine erhebliche Zugabe zu dem Ertrage der Fichtenreviere. Der Gerbſtoff findet ſich nur in der Baſtſchicht der Rinde.
Endlich iſt die Fichte noch eine gute Heckenpflanze, wenn man die ſehr dicht aneinander gepflanzten Stämmchen gut unter dem Schnitt hält. Die vielen Seitenknospen der Triebe ſorgen trefflich für eine große Ver- dichtung der Hecke, deren Wurzeln aber gern in die anliegenden Felder oder Gärten ausſtreichen, wenn man ſie nicht durch Gräben davon abhält.
Noch iſt einer der Fichte eigenen, zwar allgemein bekannten, aber zur Verwunderung ſelbſt in gebildeten Kreiſen hier und da noch falſch verſtandenen, krankhaften Bildung an den Fichtentrieben zu gedenken, welche an dem oberen rechten Triebe des abgebildeten Zweiges dargeſtellt iſt. Es ſind dies entweder kleine etwa haſelnußgroße oder auch bis pflaumengroße ananasähnliche kugelige Anſchwellungen der Triebe, über welche hinaus dieſer gewöhnlich ſich verlängert und ſelbſt ohne Nachtheil für ſein Leben ungeſtört fortwächſt. Da gewöhnlich auf jedem der Felder, aus welchen dieſe Körper zapfenähnlich in ſpiraler Anordnung zuſammen- geſetzt ſind, ein verkürzter Nadelſtummel ſteht, ſo kann man leicht er- rathen, daß ſie aus umgewandelten, an ihrer Baſis verbreiterten Nadeln
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Land- und Forſtwirth“ (S. 31 und 42). Namentlich in den Lagen, wo
die Fichte als beſtandbildender Baum herrſcht ſind die Anſprüche des
Landwirthes — welcher hierdurch beinahe die Rolle eines forſtſchädlichen
Inſektes ſpielt — an die Waldſtreu oft ſehr groß und bei der flachen
Lage der Wurzeln der Fichte iſt das Streurechen von den nachtheiligſten
Folgen. Wo man durch eine Servitut gezwungen iſt, Waldſtreu abzu-
geben, ſo läßt man ſie wenigſtens nur aus den älteſten und geſchloſſenſten
Beſtänden nehmen, die ohnehin bald zum Abtrieb kommen, bei denen
alſo an Zuwachs nicht viel mehr verloren wird.
Kaum weniger nachtheilig, ja für die Güte des Holzes noch nach-
theiliger iſt das Harzſcharren zur Pechgewinnung, was daher an den
Orten ſo ziemlich allgemein eingeſtellt iſt, wo das Holz einen hohen
Werth hat, weil der Werth des Peches den dadurch hervorgebrachten
Verluſt an Holzwerth nicht deckt.
Dagegen iſt die Benutzung der Rinde nicht zu alter Bäume zur
Gerberlohe in manchen Gegenden Deutſchlands, wo Eichenrinde
nur zu hohem Preiſe zu haben iſt, eine erhebliche Zugabe zu dem Ertrage
der Fichtenreviere. Der Gerbſtoff findet ſich nur in der Baſtſchicht
der Rinde.
Endlich iſt die Fichte noch eine gute Heckenpflanze, wenn man die
ſehr dicht aneinander gepflanzten Stämmchen gut unter dem Schnitt hält.
Die vielen Seitenknospen der Triebe ſorgen trefflich für eine große Ver-
dichtung der Hecke, deren Wurzeln aber gern in die anliegenden Felder
oder Gärten ausſtreichen, wenn man ſie nicht durch Gräben davon abhält.
Noch iſt einer der Fichte eigenen, zwar allgemein bekannten, aber
zur Verwunderung ſelbſt in gebildeten Kreiſen hier und da noch falſch
verſtandenen, krankhaften Bildung an den Fichtentrieben zu gedenken,
welche an dem oberen rechten Triebe des abgebildeten Zweiges dargeſtellt
iſt. Es ſind dies entweder kleine etwa haſelnußgroße oder auch bis
pflaumengroße ananasähnliche kugelige Anſchwellungen der Triebe, über
welche hinaus dieſer gewöhnlich ſich verlängert und ſelbſt ohne Nachtheil
für ſein Leben ungeſtört fortwächſt. Da gewöhnlich auf jedem der Felder,
aus welchen dieſe Körper zapfenähnlich in ſpiraler Anordnung zuſammen-
geſetzt ſind, ein verkürzter Nadelſtummel ſteht, ſo kann man leicht er-
rathen, daß ſie aus umgewandelten, an ihrer Baſis verbreiterten Nadeln
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/353>, abgerufen am 23.12.2024.
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