Von allen Familien, welche zu den Bäumen des Laubwaldes ihr Kontingent stellen, ist die der Kätzchenbäume oder Kätzchenblüthler die wichtigste, denn zu ihr gehören die meisten und wichtigsten Laubbäume, wie sie denn überhaupt nur aus Bäumen und Sträuchern besteht und kein einziges krautartiges Gewächs enthält.
Den Namen trägt die Familie nach der bekannten Blüthenform, welchen nicht die Wissenschaft, sondern das Volk gegeben hat, für Kätzchen auch oft Schäfchen sagend, besonders wenn es die mit silberglänzenden Haaren bedeckten, sich eben entwickelnden Blüthen der Weiden zu be- zeichnen gilt. Entweder sind weibliche sowohl wie männliche Blüthen -- denn alle Kätzchenbäume sind getrennten Geschlechts -- Kätzchen, oder blos die männlichen, welche es immer sind. Die Trennung der Ge- schlechter ist entweder einhäusig (monöcisch) wie bei den Eichen, Buchen und Birken, oder zweihäusig (diöcisch): nur die Pappeln und Weiden.
Bei einigen Kätzchenbäumen sind die männlichen und bei den Erlen auch die weiblichen Kätzchen unverhüllt und schon im Herbst vorgebildet den ganzen Winter über deutlich sichtbar, Birke und Hasel, oder sie entwickeln sich wenigstens sehr zeitig im Frühjahre und meist vor dem Laube. Dann stehen sie natürlich an dem "alten Holze", d. h. an dem vorjährigen Triebe, womit es bei manchen in auffallendem Kontrast steht, daß die weiblichen Kätzchen am "jungen Holze", d. i. am diesjährigen Triebe stehen, was bei den Eichen und Birken der Fall ist. Nur bei der Buche und Steineiche stehen männliche und weibliche Kätzchen beisammen am jungen Holze. Die Weidenarten, deren es in Deutschland eine große Zahl giebt, haben die Kätzchen theils am alten theils am jungen Holze, blühen also vor oder mit dem Laube.
Die Erinnerung an die allbekannten Kätzchen der Weiden sagt uns, daß die Blüthen der Kätzchenbäume unvollständig sind, d. h. es ist in ihnen der Gegensatz von Kelch, Krone, Staubgefäß und Stempel noch nicht zu vollkommener Ausbildung gelangt, noch weniger finden sich diese
A. Die Familie der Kätzchenbäume, Amentaceae.
Von allen Familien, welche zu den Bäumen des Laubwaldes ihr Kontingent ſtellen, iſt die der Kätzchenbäume oder Kätzchenblüthler die wichtigſte, denn zu ihr gehören die meiſten und wichtigſten Laubbäume, wie ſie denn überhaupt nur aus Bäumen und Sträuchern beſteht und kein einziges krautartiges Gewächs enthält.
Den Namen trägt die Familie nach der bekannten Blüthenform, welchen nicht die Wiſſenſchaft, ſondern das Volk gegeben hat, für Kätzchen auch oft Schäfchen ſagend, beſonders wenn es die mit ſilberglänzenden Haaren bedeckten, ſich eben entwickelnden Blüthen der Weiden zu be- zeichnen gilt. Entweder ſind weibliche ſowohl wie männliche Blüthen — denn alle Kätzchenbäume ſind getrennten Geſchlechts — Kätzchen, oder blos die männlichen, welche es immer ſind. Die Trennung der Ge- ſchlechter iſt entweder einhäuſig (monöciſch) wie bei den Eichen, Buchen und Birken, oder zweihäuſig (diöciſch): nur die Pappeln und Weiden.
Bei einigen Kätzchenbäumen ſind die männlichen und bei den Erlen auch die weiblichen Kätzchen unverhüllt und ſchon im Herbſt vorgebildet den ganzen Winter über deutlich ſichtbar, Birke und Haſel, oder ſie entwickeln ſich wenigſtens ſehr zeitig im Frühjahre und meiſt vor dem Laube. Dann ſtehen ſie natürlich an dem „alten Holze“, d. h. an dem vorjährigen Triebe, womit es bei manchen in auffallendem Kontraſt ſteht, daß die weiblichen Kätzchen am „jungen Holze“, d. i. am diesjährigen Triebe ſtehen, was bei den Eichen und Birken der Fall iſt. Nur bei der Buche und Steineiche ſtehen männliche und weibliche Kätzchen beiſammen am jungen Holze. Die Weidenarten, deren es in Deutſchland eine große Zahl giebt, haben die Kätzchen theils am alten theils am jungen Holze, blühen alſo vor oder mit dem Laube.
Die Erinnerung an die allbekannten Kätzchen der Weiden ſagt uns, daß die Blüthen der Kätzchenbäume unvollſtändig ſind, d. h. es iſt in ihnen der Gegenſatz von Kelch, Krone, Staubgefäß und Stempel noch nicht zu vollkommener Ausbildung gelangt, noch weniger finden ſich dieſe
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A.
Die Familie der Kätzchenbäume, Amentaceae.
Von allen Familien, welche zu den Bäumen des Laubwaldes ihr
Kontingent ſtellen, iſt die der Kätzchenbäume oder Kätzchenblüthler die
wichtigſte, denn zu ihr gehören die meiſten und wichtigſten Laubbäume,
wie ſie denn überhaupt nur aus Bäumen und Sträuchern beſteht und
kein einziges krautartiges Gewächs enthält.
Den Namen trägt die Familie nach der bekannten Blüthenform,
welchen nicht die Wiſſenſchaft, ſondern das Volk gegeben hat, für Kätzchen
auch oft Schäfchen ſagend, beſonders wenn es die mit ſilberglänzenden
Haaren bedeckten, ſich eben entwickelnden Blüthen der Weiden zu be-
zeichnen gilt. Entweder ſind weibliche ſowohl wie männliche Blüthen —
denn alle Kätzchenbäume ſind getrennten Geſchlechts — Kätzchen, oder
blos die männlichen, welche es immer ſind. Die Trennung der Ge-
ſchlechter iſt entweder einhäuſig (monöciſch) wie bei den Eichen, Buchen
und Birken, oder zweihäuſig (diöciſch): nur die Pappeln und Weiden.
Bei einigen Kätzchenbäumen ſind die männlichen und bei den Erlen
auch die weiblichen Kätzchen unverhüllt und ſchon im Herbſt vorgebildet
den ganzen Winter über deutlich ſichtbar, Birke und Haſel, oder ſie
entwickeln ſich wenigſtens ſehr zeitig im Frühjahre und meiſt vor dem
Laube. Dann ſtehen ſie natürlich an dem „alten Holze“, d. h. an dem
vorjährigen Triebe, womit es bei manchen in auffallendem Kontraſt ſteht,
daß die weiblichen Kätzchen am „jungen Holze“, d. i. am diesjährigen
Triebe ſtehen, was bei den Eichen und Birken der Fall iſt. Nur bei der
Buche und Steineiche ſtehen männliche und weibliche Kätzchen beiſammen
am jungen Holze. Die Weidenarten, deren es in Deutſchland eine große
Zahl giebt, haben die Kätzchen theils am alten theils am jungen Holze,
blühen alſo vor oder mit dem Laube.
Die Erinnerung an die allbekannten Kätzchen der Weiden ſagt uns,
daß die Blüthen der Kätzchenbäume unvollſtändig ſind, d. h. es iſt in
ihnen der Gegenſatz von Kelch, Krone, Staubgefäß und Stempel noch
nicht zu vollkommener Ausbildung gelangt, noch weniger finden ſich dieſe
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/399>, abgerufen am 23.12.2024.
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