Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

tritt bei der Eiche etwas häufiger als bei der Buche ein, ja ganz samenlose
Jahre sind sogar selten.

Das Ausschlagsvermögen der Eiche ist sehr groß und selbst die
Stöcke von sehr alten Eichen schlagen oft noch gut aus. Der Stock-
ausschlag erscheint aus den Furchen der Borke. Auch am Stamme treibt
die Eiche sehr oft Ausschlag hervor, weshalb sie namentlich in kleinen
Bauerhölzern oft geschneidelt wird, d. h. man haut ihr, sobald der
Stamm etwa 1 Fuß dick geworden ist, bis auf die verschonte kleine
Krone alle Seitenzweige in regelmäßiger Wiederkehr von 3--6 Jahren
ab. Die hierdurch entstehenden maserartigen Wülste des Stammes, an
welchen die Triebe immer wieder hervorkommen und von denen aus die
Stämme leicht kernfaul werden, kann man einigermaaßen durch stummeln
vermeiden, welches darin besteht, daß man die 3--6 Jahre alten Triebe
nicht glatt am Stamme abhaut, sondern 6--8 Zoll lange Stummel stehen
läßt. Nimmt man beim Schneideln oder Stummeln auch die Krone mit
weg, so nennt man dies Kopfholzwirthschaft, welche die Eiche auch
sehr gut verträgt und die daher auch oft angewendet wird.

Besondere Eigenthümlichkeiten zeigt die Eiche bei dem Laubfall.
Sie ist einer von denjenigen Bäumen, welche kein buntes Herbstkleid
anlegen, indem die Eichen-Herbstfärbung ein schmutziges Braungelb und
beim Laubfall selbst düster graubraun ist. Der Laubfall zögert oft sehr
lange und andere Bäume sind schon wochenlang entblättert während die
Eichen das verfärbte Herbstlaub noch tragen. Einzelne Eichen behalten
dabei ihr Laub länger als andere, manche den ganzen Winter hindurch
und namentlich junge Bäumchen und der Stockausschlag zeigen diese noch
unerklärte Erscheinung. Dieses so fest am Triebe haftende Laub weicht
dann in der Regel auch nicht früher als im nächsten Frühjahr kurz vor
dem Ausschlagen der Knospen, und da dies etwas später als bei den
meisten Waldbäumen geschieht, so sieht man dann oft die Eichen mit dem
todten Herbstlaube mitten unter frisch belaubten Bäumen stehen. Dieser
späte Laubfall deutet beinahe auf eine Betheiligung des Frühjahrssaft-
stromes oder wenigstens auf den plötzlichen Eintritt irgend einer inneren
Lebensregung; denn man kann sich leicht überzeugen, daß bis den Tag
vor dem plötzlichen Abfall die todten Blätter noch so fest sitzen, daß sie
nur mit Gewalt abzulösen sind.

tritt bei der Eiche etwas häufiger als bei der Buche ein, ja ganz ſamenloſe
Jahre ſind ſogar ſelten.

Das Ausſchlagsvermögen der Eiche iſt ſehr groß und ſelbſt die
Stöcke von ſehr alten Eichen ſchlagen oft noch gut aus. Der Stock-
ausſchlag erſcheint aus den Furchen der Borke. Auch am Stamme treibt
die Eiche ſehr oft Ausſchlag hervor, weshalb ſie namentlich in kleinen
Bauerhölzern oft geſchneidelt wird, d. h. man haut ihr, ſobald der
Stamm etwa 1 Fuß dick geworden iſt, bis auf die verſchonte kleine
Krone alle Seitenzweige in regelmäßiger Wiederkehr von 3—6 Jahren
ab. Die hierdurch entſtehenden maſerartigen Wülſte des Stammes, an
welchen die Triebe immer wieder hervorkommen und von denen aus die
Stämme leicht kernfaul werden, kann man einigermaaßen durch ſtummeln
vermeiden, welches darin beſteht, daß man die 3—6 Jahre alten Triebe
nicht glatt am Stamme abhaut, ſondern 6—8 Zoll lange Stummel ſtehen
läßt. Nimmt man beim Schneideln oder Stummeln auch die Krone mit
weg, ſo nennt man dies Kopfholzwirthſchaft, welche die Eiche auch
ſehr gut verträgt und die daher auch oft angewendet wird.

Beſondere Eigenthümlichkeiten zeigt die Eiche bei dem Laubfall.
Sie iſt einer von denjenigen Bäumen, welche kein buntes Herbſtkleid
anlegen, indem die Eichen-Herbſtfärbung ein ſchmutziges Braungelb und
beim Laubfall ſelbſt düſter graubraun iſt. Der Laubfall zögert oft ſehr
lange und andere Bäume ſind ſchon wochenlang entblättert während die
Eichen das verfärbte Herbſtlaub noch tragen. Einzelne Eichen behalten
dabei ihr Laub länger als andere, manche den ganzen Winter hindurch
und namentlich junge Bäumchen und der Stockausſchlag zeigen dieſe noch
unerklärte Erſcheinung. Dieſes ſo feſt am Triebe haftende Laub weicht
dann in der Regel auch nicht früher als im nächſten Frühjahr kurz vor
dem Ausſchlagen der Knospen, und da dies etwas ſpäter als bei den
meiſten Waldbäumen geſchieht, ſo ſieht man dann oft die Eichen mit dem
todten Herbſtlaube mitten unter friſch belaubten Bäumen ſtehen. Dieſer
ſpäte Laubfall deutet beinahe auf eine Betheiligung des Frühjahrsſaft-
ſtromes oder wenigſtens auf den plötzlichen Eintritt irgend einer inneren
Lebensregung; denn man kann ſich leicht überzeugen, daß bis den Tag
vor dem plötzlichen Abfall die todten Blätter noch ſo feſt ſitzen, daß ſie
nur mit Gewalt abzulöſen ſind.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0429" n="391"/>
tritt bei der Eiche etwas häufiger als bei der Buche ein, ja ganz &#x017F;amenlo&#x017F;e<lb/>
Jahre &#x017F;ind &#x017F;ogar &#x017F;elten.</p><lb/>
              <p>Das <hi rendition="#g">Aus&#x017F;chlagsvermögen</hi> der Eiche i&#x017F;t &#x017F;ehr groß und &#x017F;elb&#x017F;t die<lb/>
Stöcke von &#x017F;ehr alten Eichen &#x017F;chlagen oft noch gut aus. Der Stock-<lb/>
aus&#x017F;chlag er&#x017F;cheint aus den Furchen der Borke. Auch am Stamme treibt<lb/>
die Eiche &#x017F;ehr oft Aus&#x017F;chlag hervor, weshalb &#x017F;ie namentlich in kleinen<lb/>
Bauerhölzern oft <hi rendition="#g">ge&#x017F;chneidelt</hi> wird, d. h. man haut ihr, &#x017F;obald der<lb/>
Stamm etwa 1 Fuß dick geworden i&#x017F;t, bis auf die ver&#x017F;chonte kleine<lb/>
Krone alle Seitenzweige in regelmäßiger Wiederkehr von 3&#x2014;6 Jahren<lb/>
ab. Die hierdurch ent&#x017F;tehenden ma&#x017F;erartigen Wül&#x017F;te des Stammes, an<lb/>
welchen die Triebe immer wieder hervorkommen und von denen aus die<lb/>
Stämme leicht kernfaul werden, kann man einigermaaßen durch <hi rendition="#g">&#x017F;tummeln</hi><lb/>
vermeiden, welches darin be&#x017F;teht, daß man die 3&#x2014;6 Jahre alten Triebe<lb/>
nicht glatt am Stamme abhaut, &#x017F;ondern 6&#x2014;8 Zoll lange Stummel &#x017F;tehen<lb/>
läßt. Nimmt man beim Schneideln oder Stummeln auch die Krone mit<lb/>
weg, &#x017F;o nennt man dies <hi rendition="#g">Kopfholzwirth&#x017F;chaft</hi>, welche die Eiche auch<lb/>
&#x017F;ehr gut verträgt und die daher auch oft angewendet wird.</p><lb/>
              <p>Be&#x017F;ondere Eigenthümlichkeiten zeigt die Eiche bei dem <hi rendition="#g">Laubfall</hi>.<lb/>
Sie i&#x017F;t einer von denjenigen Bäumen, welche kein buntes Herb&#x017F;tkleid<lb/>
anlegen, indem die Eichen-Herb&#x017F;tfärbung ein &#x017F;chmutziges Braungelb und<lb/>
beim Laubfall &#x017F;elb&#x017F;t dü&#x017F;ter graubraun i&#x017F;t. Der Laubfall zögert oft &#x017F;ehr<lb/>
lange und andere Bäume &#x017F;ind &#x017F;chon wochenlang entblättert während die<lb/>
Eichen das verfärbte Herb&#x017F;tlaub noch tragen. Einzelne Eichen behalten<lb/>
dabei ihr Laub länger als andere, manche den ganzen Winter hindurch<lb/>
und namentlich junge Bäumchen und der Stockaus&#x017F;chlag zeigen die&#x017F;e noch<lb/>
unerklärte Er&#x017F;cheinung. Die&#x017F;es &#x017F;o fe&#x017F;t am Triebe haftende Laub weicht<lb/>
dann in der Regel auch nicht früher als im näch&#x017F;ten Frühjahr kurz vor<lb/>
dem Aus&#x017F;chlagen der Knospen, und da dies etwas &#x017F;päter als bei den<lb/>
mei&#x017F;ten Waldbäumen ge&#x017F;chieht, &#x017F;o &#x017F;ieht man dann oft die Eichen mit dem<lb/>
todten Herb&#x017F;tlaube mitten unter fri&#x017F;ch belaubten Bäumen &#x017F;tehen. Die&#x017F;er<lb/>
&#x017F;päte Laubfall deutet beinahe auf eine Betheiligung des Frühjahrs&#x017F;aft-<lb/>
&#x017F;tromes oder wenig&#x017F;tens auf den plötzlichen Eintritt irgend einer inneren<lb/>
Lebensregung; denn man kann &#x017F;ich leicht überzeugen, daß bis den Tag<lb/>
vor dem plötzlichen Abfall die todten Blätter noch &#x017F;o fe&#x017F;t &#x017F;itzen, daß &#x017F;ie<lb/>
nur mit Gewalt abzulö&#x017F;en &#x017F;ind.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[391/0429] tritt bei der Eiche etwas häufiger als bei der Buche ein, ja ganz ſamenloſe Jahre ſind ſogar ſelten. Das Ausſchlagsvermögen der Eiche iſt ſehr groß und ſelbſt die Stöcke von ſehr alten Eichen ſchlagen oft noch gut aus. Der Stock- ausſchlag erſcheint aus den Furchen der Borke. Auch am Stamme treibt die Eiche ſehr oft Ausſchlag hervor, weshalb ſie namentlich in kleinen Bauerhölzern oft geſchneidelt wird, d. h. man haut ihr, ſobald der Stamm etwa 1 Fuß dick geworden iſt, bis auf die verſchonte kleine Krone alle Seitenzweige in regelmäßiger Wiederkehr von 3—6 Jahren ab. Die hierdurch entſtehenden maſerartigen Wülſte des Stammes, an welchen die Triebe immer wieder hervorkommen und von denen aus die Stämme leicht kernfaul werden, kann man einigermaaßen durch ſtummeln vermeiden, welches darin beſteht, daß man die 3—6 Jahre alten Triebe nicht glatt am Stamme abhaut, ſondern 6—8 Zoll lange Stummel ſtehen läßt. Nimmt man beim Schneideln oder Stummeln auch die Krone mit weg, ſo nennt man dies Kopfholzwirthſchaft, welche die Eiche auch ſehr gut verträgt und die daher auch oft angewendet wird. Beſondere Eigenthümlichkeiten zeigt die Eiche bei dem Laubfall. Sie iſt einer von denjenigen Bäumen, welche kein buntes Herbſtkleid anlegen, indem die Eichen-Herbſtfärbung ein ſchmutziges Braungelb und beim Laubfall ſelbſt düſter graubraun iſt. Der Laubfall zögert oft ſehr lange und andere Bäume ſind ſchon wochenlang entblättert während die Eichen das verfärbte Herbſtlaub noch tragen. Einzelne Eichen behalten dabei ihr Laub länger als andere, manche den ganzen Winter hindurch und namentlich junge Bäumchen und der Stockausſchlag zeigen dieſe noch unerklärte Erſcheinung. Dieſes ſo feſt am Triebe haftende Laub weicht dann in der Regel auch nicht früher als im nächſten Frühjahr kurz vor dem Ausſchlagen der Knospen, und da dies etwas ſpäter als bei den meiſten Waldbäumen geſchieht, ſo ſieht man dann oft die Eichen mit dem todten Herbſtlaube mitten unter friſch belaubten Bäumen ſtehen. Dieſer ſpäte Laubfall deutet beinahe auf eine Betheiligung des Frühjahrsſaft- ſtromes oder wenigſtens auf den plötzlichen Eintritt irgend einer inneren Lebensregung; denn man kann ſich leicht überzeugen, daß bis den Tag vor dem plötzlichen Abfall die todten Blätter noch ſo feſt ſitzen, daß ſie nur mit Gewalt abzulöſen ſind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/429
Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/429>, abgerufen am 23.12.2024.