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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Der unmittelbar nach der Reife gesammelte Same -- wobei leicht
ein Sturmwind zuvorkommt -- auf wundgemachten aber nicht aufgelockerten
Boden der Saatgärten gesäet, leicht bedeckt und durch Begießen befestigt
keimt leicht; die 5 -- 6jährigen Pflanzen werden dann ausgepflanzt.
Nach drei Jahren werden die jungen Bäumchen vorsichtig ausgeästet, was
aber, wenn es zu stark geschieht, leicht Stammausschlag hervorlockt. Die
Wurzelschößlinge geben ausgepflanzt keine schönen, auch leicht kernfaul
werdende Stämme, eignen sich aber für den Mittel- und Niederwald zum
Unterholze. Im 20--40jährigen Umtrieb giebt die Rüster im Niederwalde
selbst schon Nutzholz. Als Oberholz im Mittelwald ist die Rüster zu-
lässig, weil ihre ziemlich lockere Belaubung wenig verdämmend wirkt. Im
Hochwalde muß man sie, um den höchsten Nutzholzertrag zu erzielen
100 -- 120 Jahre alt werden lassen. Rein wird sie niemals erzogen,
sondern immer in Vermischung mit andern Laubholzarten, wie z. B. in
den schönen Auenwäldern der Leipziger Niederung mit Eiche und Hornbaum.

Die Benutzung des Rüsterholzes ist eine sehr manchfaltige und
ausgedehnte; zum Schiffsbau, Wagen- und Maschinenbauerei, in der
Tischlerei, Büchsenschäfterei, namentlich der berühmte Ulmenmaser (auch
zu "Ulmer Pfeifenköpfen") ist es gleich geschätzt; als Brennholz ist es
der Buche wenig nach, der Eiche gleich gestellt. Der Rüsterbast ist feiner
und gefügiger als Lindenbast.

Künstlerisch aufgefaßt gehört die Rüster zu den schönsten und am
meisten malerischen Bäumen des deutschen Waldes, sowohl in der Ver-
gesellschaftung mit andern Bäumen, über deren Wipfel sie die ihrigen in
charakteristischen Umrissen oft noch hinaushebt, wie einzeln oder in kleinen
Gruppen stehend, wo ihr starkästiger Stamm in kühnen Formen der Eiche
oft nicht viel nachsteht und zugleich die schwerbelasteten großblättrigen
Endtriebe der Zweige lindenartig niederhängt. Dieses der Rüster sehr oft
eigene Niederhängen der Zweige ist dadurch bedingt, daß sie zu den Bäumen
gehört, welche an der Spitze der Langtriebe den ganzen Sommer hindurch
beinahe ohne Unterbrechung Blätter treiben. Die durch den Johannistrieb
hervorgetriebenen sind fast immer viel größer und daher schwerer als die
vorhergehenden; und da sie auch anfangs viel heller sind, so hat um diese
Zeit die Rüster ein hellgesprenkeltes Ansehen. Von besonders eigenthümlicher
Wirkung ist die Rüster als buschiges Unterholz, indem sie oft schnurgerade

Der unmittelbar nach der Reife geſammelte Same — wobei leicht
ein Sturmwind zuvorkommt — auf wundgemachten aber nicht aufgelockerten
Boden der Saatgärten geſäet, leicht bedeckt und durch Begießen befeſtigt
keimt leicht; die 5 — 6jährigen Pflanzen werden dann ausgepflanzt.
Nach drei Jahren werden die jungen Bäumchen vorſichtig ausgeäſtet, was
aber, wenn es zu ſtark geſchieht, leicht Stammausſchlag hervorlockt. Die
Wurzelſchößlinge geben ausgepflanzt keine ſchönen, auch leicht kernfaul
werdende Stämme, eignen ſich aber für den Mittel- und Niederwald zum
Unterholze. Im 20—40jährigen Umtrieb giebt die Rüſter im Niederwalde
ſelbſt ſchon Nutzholz. Als Oberholz im Mittelwald iſt die Rüſter zu-
läſſig, weil ihre ziemlich lockere Belaubung wenig verdämmend wirkt. Im
Hochwalde muß man ſie, um den höchſten Nutzholzertrag zu erzielen
100 — 120 Jahre alt werden laſſen. Rein wird ſie niemals erzogen,
ſondern immer in Vermiſchung mit andern Laubholzarten, wie z. B. in
den ſchönen Auenwäldern der Leipziger Niederung mit Eiche und Hornbaum.

Die Benutzung des Rüſterholzes iſt eine ſehr manchfaltige und
ausgedehnte; zum Schiffsbau, Wagen- und Maſchinenbauerei, in der
Tiſchlerei, Büchſenſchäfterei, namentlich der berühmte Ulmenmaſer (auch
zu „Ulmer Pfeifenköpfen“) iſt es gleich geſchätzt; als Brennholz iſt es
der Buche wenig nach, der Eiche gleich geſtellt. Der Rüſterbaſt iſt feiner
und gefügiger als Lindenbaſt.

Künſtleriſch aufgefaßt gehört die Rüſter zu den ſchönſten und am
meiſten maleriſchen Bäumen des deutſchen Waldes, ſowohl in der Ver-
geſellſchaftung mit andern Bäumen, über deren Wipfel ſie die ihrigen in
charakteriſtiſchen Umriſſen oft noch hinaushebt, wie einzeln oder in kleinen
Gruppen ſtehend, wo ihr ſtarkäſtiger Stamm in kühnen Formen der Eiche
oft nicht viel nachſteht und zugleich die ſchwerbelaſteten großblättrigen
Endtriebe der Zweige lindenartig niederhängt. Dieſes der Rüſter ſehr oft
eigene Niederhängen der Zweige iſt dadurch bedingt, daß ſie zu den Bäumen
gehört, welche an der Spitze der Langtriebe den ganzen Sommer hindurch
beinahe ohne Unterbrechung Blätter treiben. Die durch den Johannistrieb
hervorgetriebenen ſind faſt immer viel größer und daher ſchwerer als die
vorhergehenden; und da ſie auch anfangs viel heller ſind, ſo hat um dieſe
Zeit die Rüſter ein hellgeſprenkeltes Anſehen. Von beſonders eigenthümlicher
Wirkung iſt die Rüſter als buſchiges Unterholz, indem ſie oft ſchnurgerade

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[470/0518] Der unmittelbar nach der Reife geſammelte Same — wobei leicht ein Sturmwind zuvorkommt — auf wundgemachten aber nicht aufgelockerten Boden der Saatgärten geſäet, leicht bedeckt und durch Begießen befeſtigt keimt leicht; die 5 — 6jährigen Pflanzen werden dann ausgepflanzt. Nach drei Jahren werden die jungen Bäumchen vorſichtig ausgeäſtet, was aber, wenn es zu ſtark geſchieht, leicht Stammausſchlag hervorlockt. Die Wurzelſchößlinge geben ausgepflanzt keine ſchönen, auch leicht kernfaul werdende Stämme, eignen ſich aber für den Mittel- und Niederwald zum Unterholze. Im 20—40jährigen Umtrieb giebt die Rüſter im Niederwalde ſelbſt ſchon Nutzholz. Als Oberholz im Mittelwald iſt die Rüſter zu- läſſig, weil ihre ziemlich lockere Belaubung wenig verdämmend wirkt. Im Hochwalde muß man ſie, um den höchſten Nutzholzertrag zu erzielen 100 — 120 Jahre alt werden laſſen. Rein wird ſie niemals erzogen, ſondern immer in Vermiſchung mit andern Laubholzarten, wie z. B. in den ſchönen Auenwäldern der Leipziger Niederung mit Eiche und Hornbaum. Die Benutzung des Rüſterholzes iſt eine ſehr manchfaltige und ausgedehnte; zum Schiffsbau, Wagen- und Maſchinenbauerei, in der Tiſchlerei, Büchſenſchäfterei, namentlich der berühmte Ulmenmaſer (auch zu „Ulmer Pfeifenköpfen“) iſt es gleich geſchätzt; als Brennholz iſt es der Buche wenig nach, der Eiche gleich geſtellt. Der Rüſterbaſt iſt feiner und gefügiger als Lindenbaſt. Künſtleriſch aufgefaßt gehört die Rüſter zu den ſchönſten und am meiſten maleriſchen Bäumen des deutſchen Waldes, ſowohl in der Ver- geſellſchaftung mit andern Bäumen, über deren Wipfel ſie die ihrigen in charakteriſtiſchen Umriſſen oft noch hinaushebt, wie einzeln oder in kleinen Gruppen ſtehend, wo ihr ſtarkäſtiger Stamm in kühnen Formen der Eiche oft nicht viel nachſteht und zugleich die ſchwerbelaſteten großblättrigen Endtriebe der Zweige lindenartig niederhängt. Dieſes der Rüſter ſehr oft eigene Niederhängen der Zweige iſt dadurch bedingt, daß ſie zu den Bäumen gehört, welche an der Spitze der Langtriebe den ganzen Sommer hindurch beinahe ohne Unterbrechung Blätter treiben. Die durch den Johannistrieb hervorgetriebenen ſind faſt immer viel größer und daher ſchwerer als die vorhergehenden; und da ſie auch anfangs viel heller ſind, ſo hat um dieſe Zeit die Rüſter ein hellgeſprenkeltes Anſehen. Von beſonders eigenthümlicher Wirkung iſt die Rüſter als buſchiges Unterholz, indem ſie oft ſchnurgerade

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/518>, abgerufen am 23.12.2024.