um so viel höher steht, als das andere. Natürlich wird dadurch das all- mälige Aufgeben der regelmäßigen Zweigstellung schon von Jugend auf angebahnt. Schon die sich entfaltenden Eschenknospen, die für die großen Blätter unverhältnißmäßig klein zu nennen sind, zeigen, wie wir aus den umstehenden Abbildungen (LXXVII.) sehen, eine sehr bedeutende Massen- zunahme an den jungen Blättchen. Wir sehen diese fächerartig zusammen- gefaltet und die linke Figur zeigt den Blattstiel des einen Blättchens breit geflügelt, und dadurch einer Knospenschuppe verähnlicht. -- Die Esche hat eine sehr große Ausschlagsfähigkeit und vermag von allen Laubholz- arten Verwundungen am leichtesten auszuheilen, wie sie überhaupt das Beschneiden an Wurzeln und Aesten und andere mit dem Verpflanzen verbundene Mißhandlungen am besten verträgt. Von Krankheiten leidet die Esche wenig, selten befällt sie unten am Stamme die Kernfäule; doch leiden junge Pflänzchen und die treibenden Knospen durch Spätfröste. Feinde sind ihr Wild und Weidvieh, welche sie gern benagen; die spanische Fliege, Lytta vesicatoria L. (bekanntlich keine Fliege, sondern ein schöner metallisch glänzender goldgrüner Käfer) frißt am liebsten Eschenlaub, ohne ihr dadurch sehr schädlich werden zu können.
Daß die forstliche Bedeutung der Esche groß ist, ergiebt sich von selbst aus ihrer Holzgüte bei leichtem Anbau. Als bestandbildender Baum kommt die Esche jedoch wohl nirgends vor, sondern nur in Vermischung mit andern Laubhölzern und selbst hier und da mit der Fichte und Tanne; nur zuweilen findet sie sich in umfänglicheren Horsten. Die forstliche Behandlung kann nicht auf Selbstbesamung rechnen, sondern muß aus Samen gezogene Pflanzen auspflanzen, die obendrein große "Heister" sein müssen, um dem Maule des nach Laub und Knospen lüsternen Weide- viehes entrückt zu sein. Bei ihrer Kultur in der Vermischung mit anderen Baumarten im Hochwalde muß darauf Rücksicht genommen werden, daß sie nicht viel Beschattung verträgt, aber auch ihrerseits wegen ihrer lockeren Belaubung nicht viel Schatten wirft, daher als Oberholz im Mittelwalde zulässig ist. Vor dem Safteintritt abgeholzt zeigt sie für Nieder- und Mittelwald einen reichlichen Stockausschlag, welcher sie auch für Kopfholz- und Schneidelwirthschaft vorzüglich geeignet macht. Besonders ist die Esche der ländlichen Baumzucht zur Anpflanzung an Bachufern und Wiesen- rändern zu empfehlen.
um ſo viel höher ſteht, als das andere. Natürlich wird dadurch das all- mälige Aufgeben der regelmäßigen Zweigſtellung ſchon von Jugend auf angebahnt. Schon die ſich entfaltenden Eſchenknospen, die für die großen Blätter unverhältnißmäßig klein zu nennen ſind, zeigen, wie wir aus den umſtehenden Abbildungen (LXXVII.) ſehen, eine ſehr bedeutende Maſſen- zunahme an den jungen Blättchen. Wir ſehen dieſe fächerartig zuſammen- gefaltet und die linke Figur zeigt den Blattſtiel des einen Blättchens breit geflügelt, und dadurch einer Knospenſchuppe verähnlicht. — Die Eſche hat eine ſehr große Ausſchlagsfähigkeit und vermag von allen Laubholz- arten Verwundungen am leichteſten auszuheilen, wie ſie überhaupt das Beſchneiden an Wurzeln und Aeſten und andere mit dem Verpflanzen verbundene Mißhandlungen am beſten verträgt. Von Krankheiten leidet die Eſche wenig, ſelten befällt ſie unten am Stamme die Kernfäule; doch leiden junge Pflänzchen und die treibenden Knospen durch Spätfröſte. Feinde ſind ihr Wild und Weidvieh, welche ſie gern benagen; die ſpaniſche Fliege, Lytta vesicatoria L. (bekanntlich keine Fliege, ſondern ein ſchöner metalliſch glänzender goldgrüner Käfer) frißt am liebſten Eſchenlaub, ohne ihr dadurch ſehr ſchädlich werden zu können.
Daß die forſtliche Bedeutung der Eſche groß iſt, ergiebt ſich von ſelbſt aus ihrer Holzgüte bei leichtem Anbau. Als beſtandbildender Baum kommt die Eſche jedoch wohl nirgends vor, ſondern nur in Vermiſchung mit andern Laubhölzern und ſelbſt hier und da mit der Fichte und Tanne; nur zuweilen findet ſie ſich in umfänglicheren Horſten. Die forſtliche Behandlung kann nicht auf Selbſtbeſamung rechnen, ſondern muß aus Samen gezogene Pflanzen auspflanzen, die obendrein große „Heiſter“ ſein müſſen, um dem Maule des nach Laub und Knospen lüſternen Weide- viehes entrückt zu ſein. Bei ihrer Kultur in der Vermiſchung mit anderen Baumarten im Hochwalde muß darauf Rückſicht genommen werden, daß ſie nicht viel Beſchattung verträgt, aber auch ihrerſeits wegen ihrer lockeren Belaubung nicht viel Schatten wirft, daher als Oberholz im Mittelwalde zuläſſig iſt. Vor dem Safteintritt abgeholzt zeigt ſie für Nieder- und Mittelwald einen reichlichen Stockausſchlag, welcher ſie auch für Kopfholz- und Schneidelwirthſchaft vorzüglich geeignet macht. Beſonders iſt die Eſche der ländlichen Baumzucht zur Anpflanzung an Bachufern und Wieſen- rändern zu empfehlen.
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angebahnt. Schon die ſich entfaltenden Eſchenknospen, die für die großen
Blätter unverhältnißmäßig klein zu nennen ſind, zeigen, wie wir aus den
umſtehenden Abbildungen (LXXVII.) ſehen, eine ſehr bedeutende Maſſen-
zunahme an den jungen Blättchen. Wir ſehen dieſe fächerartig zuſammen-
gefaltet und die linke Figur zeigt den Blattſtiel des einen Blättchens
breit geflügelt, und dadurch einer Knospenſchuppe verähnlicht. — Die Eſche
hat eine ſehr große Ausſchlagsfähigkeit und vermag von allen Laubholz-
arten Verwundungen am leichteſten auszuheilen, wie ſie überhaupt das
Beſchneiden an Wurzeln und Aeſten und andere mit dem Verpflanzen
verbundene Mißhandlungen am beſten verträgt. Von Krankheiten
leidet die Eſche wenig, ſelten befällt ſie unten am Stamme die Kernfäule;
doch leiden junge Pflänzchen und die treibenden Knospen durch Spätfröſte.
Feinde ſind ihr Wild und Weidvieh, welche ſie gern benagen; die ſpaniſche
Fliege, Lytta vesicatoria L. (bekanntlich keine Fliege, ſondern ein ſchöner
metalliſch glänzender goldgrüner Käfer) frißt am liebſten Eſchenlaub, ohne
ihr dadurch ſehr ſchädlich werden zu können.
Daß die forſtliche Bedeutung der Eſche groß iſt, ergiebt ſich von
ſelbſt aus ihrer Holzgüte bei leichtem Anbau. Als beſtandbildender Baum
kommt die Eſche jedoch wohl nirgends vor, ſondern nur in Vermiſchung
mit andern Laubhölzern und ſelbſt hier und da mit der Fichte und Tanne;
nur zuweilen findet ſie ſich in umfänglicheren Horſten. Die forſtliche
Behandlung kann nicht auf Selbſtbeſamung rechnen, ſondern muß aus
Samen gezogene Pflanzen auspflanzen, die obendrein große „Heiſter“
ſein müſſen, um dem Maule des nach Laub und Knospen lüſternen Weide-
viehes entrückt zu ſein. Bei ihrer Kultur in der Vermiſchung mit anderen
Baumarten im Hochwalde muß darauf Rückſicht genommen werden, daß
ſie nicht viel Beſchattung verträgt, aber auch ihrerſeits wegen ihrer lockeren
Belaubung nicht viel Schatten wirft, daher als Oberholz im Mittelwalde
zuläſſig iſt. Vor dem Safteintritt abgeholzt zeigt ſie für Nieder- und
Mittelwald einen reichlichen Stockausſchlag, welcher ſie auch für Kopfholz-
und Schneidelwirthſchaft vorzüglich geeignet macht. Beſonders iſt die Eſche
der ländlichen Baumzucht zur Anpflanzung an Bachufern und Wieſen-
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/542>, abgerufen am 23.12.2024.
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