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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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nicht mit Seidenhaaren ausgekleidet sondern kahl; wie bei vorigen sind
die Staubfäden der fruchtbaren Zwitterblüthen viel kürzer als die der unfrucht-
baren (2. und 3.); das Blatt ist entschiedener fünflappig, am Rande nicht
sägezähnig, sondern außer den Lappenspitzen nur noch in wenige Zipfel ein-
geschnitten, welche wie jene in lange und feine Spitzen ausgezogen sind;
die einspringenden Winkel der Lappen sind abgerundete Buchten, nicht spitze
Einschnitte wie bei dem Bergahorn; beide Blattseiten ziemlich gleichfarbig,
und das Geäder der Rückseiten weniger stark hervortretend; das Blatt
enthält einen weißen Milchsaft, der aus dem durchschnittenen Blattstiel
sofort reichlich hervortritt; wo dieser in das Blatt eintritt verbreitet er
sich erst in eine schwielige Anschwellung, aus welcher die Hauptrippen
hervortreten, welche in ihren Winkeln kleine bräunliche Bärtchen haben,
sonst aber unbehaart sind. Das Blatt des Spitzahorns ist etwas trockner
und saftloser und gewissermaßen pergamentartig, auch ist es im ganzen
meist etwas mehr in die Breite gezogen und am Grunde oft viel weniger
herzförmig ausgeschnitten als das abgebildete Exemplar. Die Knospen
sind viel kürzer und kleiner, fast immer deutlich schmutzig karminroth,
Seitenknospen an den Trieb angedrückt (10.); das Blattstielnarben-
paar
mit den Enden zusammenstoßend. An den Herzblättern der Keim-
pflanze
treten schon zwei spitze Seitenzipfel hervor. Man hat in den
Gärten eine Spielart mit krausen, tiefer und vielfacher eingeschnittenen
Blättern, A. plat. fol. laciniatis.

Hinsichtlich der Architektur ist der Spitzahorn von dem Bergahorn
nicht wesentlich verschieden, nur ist seine Stammrinde schon zeitig in
zahlreiche feine und dichtstehende Borkenfurchen gleichmäßig aufgerissen.
Das Holz ist gröber und hat längere durch mehr Jahresringe sich er-
streckende Markstrahlen. Auch im Leben und der Verbreitung kommt
er jenem gleich, nur liebt er mehr die Ebene und kann einen feuchteren
Standort vertragen. Seine Stocklohden treibt er oft außerordentlich
lang. Bei der Herbstfärbung nimmt das Laub dieses wie des vorigen eine
hellockergelbe Farbe an und im Spätsommer bemerkt man auf vielen noch
grün abfallenden Blättern pfenniggroße schwarze gelbeingefaßte Flecke: einen
auf dem Spitzahorn förmlich einheimischen Blattpilz Rhytisma acerinum.

Die forstliche Bedeutung des Spitzahorns ist geringer, zumal er
auch nicht ein so hohes Lebensalter wie voriger erreicht. Als Zierbaum

nicht mit Seidenhaaren ausgekleidet ſondern kahl; wie bei vorigen ſind
die Staubfäden der fruchtbaren Zwitterblüthen viel kürzer als die der unfrucht-
baren (2. und 3.); das Blatt iſt entſchiedener fünflappig, am Rande nicht
ſägezähnig, ſondern außer den Lappenſpitzen nur noch in wenige Zipfel ein-
geſchnitten, welche wie jene in lange und feine Spitzen ausgezogen ſind;
die einſpringenden Winkel der Lappen ſind abgerundete Buchten, nicht ſpitze
Einſchnitte wie bei dem Bergahorn; beide Blattſeiten ziemlich gleichfarbig,
und das Geäder der Rückſeiten weniger ſtark hervortretend; das Blatt
enthält einen weißen Milchſaft, der aus dem durchſchnittenen Blattſtiel
ſofort reichlich hervortritt; wo dieſer in das Blatt eintritt verbreitet er
ſich erſt in eine ſchwielige Anſchwellung, aus welcher die Hauptrippen
hervortreten, welche in ihren Winkeln kleine bräunliche Bärtchen haben,
ſonſt aber unbehaart ſind. Das Blatt des Spitzahorns iſt etwas trockner
und ſaftloſer und gewiſſermaßen pergamentartig, auch iſt es im ganzen
meiſt etwas mehr in die Breite gezogen und am Grunde oft viel weniger
herzförmig ausgeſchnitten als das abgebildete Exemplar. Die Knospen
ſind viel kürzer und kleiner, faſt immer deutlich ſchmutzig karminroth,
Seitenknospen an den Trieb angedrückt (10.); das Blattſtielnarben-
paar
mit den Enden zuſammenſtoßend. An den Herzblättern der Keim-
pflanze
treten ſchon zwei ſpitze Seitenzipfel hervor. Man hat in den
Gärten eine Spielart mit krauſen, tiefer und vielfacher eingeſchnittenen
Blättern, A. plat. fol. laciniatis.

Hinſichtlich der Architektur iſt der Spitzahorn von dem Bergahorn
nicht weſentlich verſchieden, nur iſt ſeine Stammrinde ſchon zeitig in
zahlreiche feine und dichtſtehende Borkenfurchen gleichmäßig aufgeriſſen.
Das Holz iſt gröber und hat längere durch mehr Jahresringe ſich er-
ſtreckende Markſtrahlen. Auch im Leben und der Verbreitung kommt
er jenem gleich, nur liebt er mehr die Ebene und kann einen feuchteren
Standort vertragen. Seine Stocklohden treibt er oft außerordentlich
lang. Bei der Herbſtfärbung nimmt das Laub dieſes wie des vorigen eine
hellockergelbe Farbe an und im Spätſommer bemerkt man auf vielen noch
grün abfallenden Blättern pfenniggroße ſchwarze gelbeingefaßte Flecke: einen
auf dem Spitzahorn förmlich einheimiſchen Blattpilz Rhytisma acerinum.

Die forſtliche Bedeutung des Spitzahorns iſt geringer, zumal er
auch nicht ein ſo hohes Lebensalter wie voriger erreicht. Als Zierbaum

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[528/0582] nicht mit Seidenhaaren ausgekleidet ſondern kahl; wie bei vorigen ſind die Staubfäden der fruchtbaren Zwitterblüthen viel kürzer als die der unfrucht- baren (2. und 3.); das Blatt iſt entſchiedener fünflappig, am Rande nicht ſägezähnig, ſondern außer den Lappenſpitzen nur noch in wenige Zipfel ein- geſchnitten, welche wie jene in lange und feine Spitzen ausgezogen ſind; die einſpringenden Winkel der Lappen ſind abgerundete Buchten, nicht ſpitze Einſchnitte wie bei dem Bergahorn; beide Blattſeiten ziemlich gleichfarbig, und das Geäder der Rückſeiten weniger ſtark hervortretend; das Blatt enthält einen weißen Milchſaft, der aus dem durchſchnittenen Blattſtiel ſofort reichlich hervortritt; wo dieſer in das Blatt eintritt verbreitet er ſich erſt in eine ſchwielige Anſchwellung, aus welcher die Hauptrippen hervortreten, welche in ihren Winkeln kleine bräunliche Bärtchen haben, ſonſt aber unbehaart ſind. Das Blatt des Spitzahorns iſt etwas trockner und ſaftloſer und gewiſſermaßen pergamentartig, auch iſt es im ganzen meiſt etwas mehr in die Breite gezogen und am Grunde oft viel weniger herzförmig ausgeſchnitten als das abgebildete Exemplar. Die Knospen ſind viel kürzer und kleiner, faſt immer deutlich ſchmutzig karminroth, Seitenknospen an den Trieb angedrückt (10.); das Blattſtielnarben- paar mit den Enden zuſammenſtoßend. An den Herzblättern der Keim- pflanze treten ſchon zwei ſpitze Seitenzipfel hervor. Man hat in den Gärten eine Spielart mit krauſen, tiefer und vielfacher eingeſchnittenen Blättern, A. plat. fol. laciniatis. Hinſichtlich der Architektur iſt der Spitzahorn von dem Bergahorn nicht weſentlich verſchieden, nur iſt ſeine Stammrinde ſchon zeitig in zahlreiche feine und dichtſtehende Borkenfurchen gleichmäßig aufgeriſſen. Das Holz iſt gröber und hat längere durch mehr Jahresringe ſich er- ſtreckende Markſtrahlen. Auch im Leben und der Verbreitung kommt er jenem gleich, nur liebt er mehr die Ebene und kann einen feuchteren Standort vertragen. Seine Stocklohden treibt er oft außerordentlich lang. Bei der Herbſtfärbung nimmt das Laub dieſes wie des vorigen eine hellockergelbe Farbe an und im Spätſommer bemerkt man auf vielen noch grün abfallenden Blättern pfenniggroße ſchwarze gelbeingefaßte Flecke: einen auf dem Spitzahorn förmlich einheimiſchen Blattpilz Rhytisma acerinum. Die forſtliche Bedeutung des Spitzahorns iſt geringer, zumal er auch nicht ein ſo hohes Lebensalter wie voriger erreicht. Als Zierbaum

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/582>, abgerufen am 17.09.2024.