daß in ihrem Schooße Thäler und kleine Kessel-Ebenen von hoher Er- wärmungsfähigkeit liegen.
Die Bezeichnung Gebirgswald wäre willkürlich und physisch unbe- rechtigt, wenn wir einen solchen nur aus der Hochlage erkennen könnten. Auch wenn wir nicht daran denken, daß wir uns hoch genug befinden, um einen uns umgebenden Wald einen Gebirgswald nennen zu dürfen, müssen uns dies die Merkmale seiner Pflanzenwelt sagen, nicht nur seine Bäume und Sträucher, sondern auch die Pflanzendecke seines Bodens und die Beschaffenheit der Waldwiesen.
Dies setzt allerdings auf unsrer Seite eine gewisse Vertrautheit mit der deutschen Pflanzenwelt voraus, um zu wissen, welche Pflanzenarten im Tieflande, welche auf den Höhen wachsen. Diese Gränzlinie ist übrigens keineswegs so scharf gezogen, daß wir nicht Hochwaldsmerkmale auch zuweilen im Ebnenwalde fänden, und umgekehrt; es gilt hier also mehr einen Mittelwerth dieser Merkmale herauszufinden.
Wenn wir das über Standort und Vorkommen der einzelnen Wald- bäume Gesagte überblicken, so finden wir in dem Knieholz und der Schwarzkiefer entschiedene Charakterzüge des Gebirgswaldes, ja sogar Gränzbäume zwischen diesem und dem Alpenwalde; dasselbe gilt unter den Nadelhölzern fast in gleichem Umfange auch von der Lärche, und einiger- maßen auch von dem Taxus. Schwieriger lassen sich unter den Laub- hölzern, wenn wir nicht unbedeutende Sträucher zu Hülfe nehmen wollen, entschiedene Gebirgswaldbäume feststellen. Vielleicht ist die Steineiche ein solcher zu nennen, auch Buche und Weiß-Erle kommen als bestandbildende Bäume entschieden mehr dem Gebirgswalde als der Ebene zu, obgleich in dieser, je höher wir nach dem deutschen Nordosten vorschreiten, prachtvolle Buchenbestände sogar dicht an der Meeresküste vorkommen. Alle übrigen bestandbildenden Nadel- und Laubholzbäume gehören mehr oder weniger vorherrschend der Ebene wie dem Gebirge an, da sie weniger von klima- tischen als von Bodenbedingungen abhängig sind, und daher von dem Forstmann mit Berücksichtigung ihrer Eigenheiten meist ebensowohl auf jener wie in diesem angebaut werden können.
Ein erheblicher Charakterzug des Gebirgswaldes, der dem Unter- richteten fast immer maßgebend ist, liegt in der Beschaffenheit der Boden- decke, deren verschiedenartige Zusammensetzung und Benennung wir im
daß in ihrem Schooße Thäler und kleine Keſſel-Ebenen von hoher Er- wärmungsfähigkeit liegen.
Die Bezeichnung Gebirgswald wäre willkürlich und phyſiſch unbe- rechtigt, wenn wir einen ſolchen nur aus der Hochlage erkennen könnten. Auch wenn wir nicht daran denken, daß wir uns hoch genug befinden, um einen uns umgebenden Wald einen Gebirgswald nennen zu dürfen, müſſen uns dies die Merkmale ſeiner Pflanzenwelt ſagen, nicht nur ſeine Bäume und Sträucher, ſondern auch die Pflanzendecke ſeines Bodens und die Beſchaffenheit der Waldwieſen.
Dies ſetzt allerdings auf unſrer Seite eine gewiſſe Vertrautheit mit der deutſchen Pflanzenwelt voraus, um zu wiſſen, welche Pflanzenarten im Tieflande, welche auf den Höhen wachſen. Dieſe Gränzlinie iſt übrigens keineswegs ſo ſcharf gezogen, daß wir nicht Hochwaldsmerkmale auch zuweilen im Ebnenwalde fänden, und umgekehrt; es gilt hier alſo mehr einen Mittelwerth dieſer Merkmale herauszufinden.
Wenn wir das über Standort und Vorkommen der einzelnen Wald- bäume Geſagte überblicken, ſo finden wir in dem Knieholz und der Schwarzkiefer entſchiedene Charakterzüge des Gebirgswaldes, ja ſogar Gränzbäume zwiſchen dieſem und dem Alpenwalde; daſſelbe gilt unter den Nadelhölzern faſt in gleichem Umfange auch von der Lärche, und einiger- maßen auch von dem Taxus. Schwieriger laſſen ſich unter den Laub- hölzern, wenn wir nicht unbedeutende Sträucher zu Hülfe nehmen wollen, entſchiedene Gebirgswaldbäume feſtſtellen. Vielleicht iſt die Steineiche ein ſolcher zu nennen, auch Buche und Weiß-Erle kommen als beſtandbildende Bäume entſchieden mehr dem Gebirgswalde als der Ebene zu, obgleich in dieſer, je höher wir nach dem deutſchen Nordoſten vorſchreiten, prachtvolle Buchenbeſtände ſogar dicht an der Meeresküſte vorkommen. Alle übrigen beſtandbildenden Nadel- und Laubholzbäume gehören mehr oder weniger vorherrſchend der Ebene wie dem Gebirge an, da ſie weniger von klima- tiſchen als von Bodenbedingungen abhängig ſind, und daher von dem Forſtmann mit Berückſichtigung ihrer Eigenheiten meiſt ebenſowohl auf jener wie in dieſem angebaut werden können.
Ein erheblicher Charakterzug des Gebirgswaldes, der dem Unter- richteten faſt immer maßgebend iſt, liegt in der Beſchaffenheit der Boden- decke, deren verſchiedenartige Zuſammenſetzung und Benennung wir im
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[564/0620]
daß in ihrem Schooße Thäler und kleine Keſſel-Ebenen von hoher Er-
wärmungsfähigkeit liegen.
Die Bezeichnung Gebirgswald wäre willkürlich und phyſiſch unbe-
rechtigt, wenn wir einen ſolchen nur aus der Hochlage erkennen könnten.
Auch wenn wir nicht daran denken, daß wir uns hoch genug befinden,
um einen uns umgebenden Wald einen Gebirgswald nennen zu dürfen,
müſſen uns dies die Merkmale ſeiner Pflanzenwelt ſagen, nicht nur ſeine
Bäume und Sträucher, ſondern auch die Pflanzendecke ſeines Bodens und
die Beſchaffenheit der Waldwieſen.
Dies ſetzt allerdings auf unſrer Seite eine gewiſſe Vertrautheit mit
der deutſchen Pflanzenwelt voraus, um zu wiſſen, welche Pflanzenarten
im Tieflande, welche auf den Höhen wachſen. Dieſe Gränzlinie iſt
übrigens keineswegs ſo ſcharf gezogen, daß wir nicht Hochwaldsmerkmale
auch zuweilen im Ebnenwalde fänden, und umgekehrt; es gilt hier alſo
mehr einen Mittelwerth dieſer Merkmale herauszufinden.
Wenn wir das über Standort und Vorkommen der einzelnen Wald-
bäume Geſagte überblicken, ſo finden wir in dem Knieholz und der
Schwarzkiefer entſchiedene Charakterzüge des Gebirgswaldes, ja ſogar
Gränzbäume zwiſchen dieſem und dem Alpenwalde; daſſelbe gilt unter den
Nadelhölzern faſt in gleichem Umfange auch von der Lärche, und einiger-
maßen auch von dem Taxus. Schwieriger laſſen ſich unter den Laub-
hölzern, wenn wir nicht unbedeutende Sträucher zu Hülfe nehmen wollen,
entſchiedene Gebirgswaldbäume feſtſtellen. Vielleicht iſt die Steineiche ein
ſolcher zu nennen, auch Buche und Weiß-Erle kommen als beſtandbildende
Bäume entſchieden mehr dem Gebirgswalde als der Ebene zu, obgleich in
dieſer, je höher wir nach dem deutſchen Nordoſten vorſchreiten, prachtvolle
Buchenbeſtände ſogar dicht an der Meeresküſte vorkommen. Alle übrigen
beſtandbildenden Nadel- und Laubholzbäume gehören mehr oder weniger
vorherrſchend der Ebene wie dem Gebirge an, da ſie weniger von klima-
tiſchen als von Bodenbedingungen abhängig ſind, und daher von dem
Forſtmann mit Berückſichtigung ihrer Eigenheiten meiſt ebenſowohl auf
jener wie in dieſem angebaut werden können.
Ein erheblicher Charakterzug des Gebirgswaldes, der dem Unter-
richteten faſt immer maßgebend iſt, liegt in der Beſchaffenheit der Boden-
decke, deren verſchiedenartige Zuſammenſetzung und Benennung wir im
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/620>, abgerufen am 23.12.2024.
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