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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Zur Lösung dieser Aufgabe ist es vor allen Dingen nothwendig, daß
der Revierverwalter auf seinem Reviere nicht allein vollständig zu Hause,
sondern auch im Besitze der Mittel sei, gegen seine vorgesetzte Behörde
und mit wem sonst er deshalb zu verkehren hat, jeden wirthschaftlich zu
unterscheidenden Punkt jeden Augenblick genau bezeichnen zu können, auch
wenn er dabei nicht auf dem Reviere ist. Dies Mittel ist die Bestands-
karte, die ihm dasselbe, ja noch mehr ist, als dem Feldherrn die Terrain-
karte seines Schlachtfeldes.

Suchen wir jetzt einmal den Wirthschaftsbezirk H, welcher oben unter
dem Worte "Mittweider" (Revier) liegt, um uns hiervon zu überzeugen.

Als das Revier vermessen, eingerichtet und kartirt wurde, fiel auf
diesen Bezirk gar kein Bestand I. Classe, weshalb wir auf ihm die schwarze
Farbe vermissen, das älteste Holz gehört der II. Classe an und liegt sehr
passend zum Schutz des Inneren gegen die Westwinde am Westrande. Wir
finden weiter einen großen sehr unregelmäßig gestalteten Bestand III. Classe,
dann 4 Bestände IV. Classe, von denen der eine unten links sich im Bezirk
J fortsetzt, was auch mit den 3 Beständen V. Classe der Fall ist, die
auch vertreten ist, und zwar nach K, J, L und T; endlich finden wir
oben in der rechten Ecke eine kleine Säure, die an die kleine Mittweide
ihr Wasser abgiebt und also leicht zu entwässern war. Wir finden nun
weiter, an diese Altersclassenverschiedenheit der Bestände sich nicht bindend,
die ganze Fläche des Wirthschaftsbezirkes in die 6 Abtheilungen I. II. III.
IV. II.
und III. getheilt, die durch Schneißen gegen einander abgegrenzt
sind. Weshalb kommt nun hier II. und III. zweimal vor? Die beiden
überzähligen II. und III. sind die beiden Dreiecke unten links und rechts.

In Sachsen, auf welches Land wir uns jetzt beziehen, ist die Fichte
auf einen 80jährigen Umtrieb (Turnus) gestellt, d. h. man nimmt als
Durchschnittsregel an, daß 80 Jahr dasjenige Alter der Fichte ist, wo
sie die größte und angemessenste Menge Holz giebt und keinen weiteren
erheblichen Zuwachs hoffen läßt. Würde man nun den ganzen Wirth-
schaftsbezirk auf einmal abtreiben und neu kultiviren, so würde das nicht
nur den Uebelstand ungeheurer Schläge und Kulturflächen haben, sondern
das dabei verfügbar werdende Holz wäre auf Einen Punkt des Revieres
zusammengedrängt, da man doch nicht zugleich in allen Bezirken so ver-
fahren kann. Dies nöthigt zu der Zerfällung der Wirthschaftsbezirke in

Zur Löſung dieſer Aufgabe iſt es vor allen Dingen nothwendig, daß
der Revierverwalter auf ſeinem Reviere nicht allein vollſtändig zu Hauſe,
ſondern auch im Beſitze der Mittel ſei, gegen ſeine vorgeſetzte Behörde
und mit wem ſonſt er deshalb zu verkehren hat, jeden wirthſchaftlich zu
unterſcheidenden Punkt jeden Augenblick genau bezeichnen zu können, auch
wenn er dabei nicht auf dem Reviere iſt. Dies Mittel iſt die Beſtands-
karte, die ihm daſſelbe, ja noch mehr iſt, als dem Feldherrn die Terrain-
karte ſeines Schlachtfeldes.

Suchen wir jetzt einmal den Wirthſchaftsbezirk H, welcher oben unter
dem Worte „Mittweider“ (Revier) liegt, um uns hiervon zu überzeugen.

Als das Revier vermeſſen, eingerichtet und kartirt wurde, fiel auf
dieſen Bezirk gar kein Beſtand I. Claſſe, weshalb wir auf ihm die ſchwarze
Farbe vermiſſen, das älteſte Holz gehört der II. Claſſe an und liegt ſehr
paſſend zum Schutz des Inneren gegen die Weſtwinde am Weſtrande. Wir
finden weiter einen großen ſehr unregelmäßig geſtalteten Beſtand III. Claſſe,
dann 4 Beſtände IV. Claſſe, von denen der eine unten links ſich im Bezirk
J fortſetzt, was auch mit den 3 Beſtänden V. Claſſe der Fall iſt, die
auch vertreten iſt, und zwar nach K, J, L und T; endlich finden wir
oben in der rechten Ecke eine kleine Säure, die an die kleine Mittweide
ihr Waſſer abgiebt und alſo leicht zu entwäſſern war. Wir finden nun
weiter, an dieſe Altersclaſſenverſchiedenheit der Beſtände ſich nicht bindend,
die ganze Fläche des Wirthſchaftsbezirkes in die 6 Abtheilungen I. II. III.
IV. II.
und III. getheilt, die durch Schneißen gegen einander abgegrenzt
ſind. Weshalb kommt nun hier II. und III. zweimal vor? Die beiden
überzähligen II. und III. ſind die beiden Dreiecke unten links und rechts.

In Sachſen, auf welches Land wir uns jetzt beziehen, iſt die Fichte
auf einen 80jährigen Umtrieb (Turnus) geſtellt, d. h. man nimmt als
Durchſchnittsregel an, daß 80 Jahr dasjenige Alter der Fichte iſt, wo
ſie die größte und angemeſſenſte Menge Holz giebt und keinen weiteren
erheblichen Zuwachs hoffen läßt. Würde man nun den ganzen Wirth-
ſchaftsbezirk auf einmal abtreiben und neu kultiviren, ſo würde das nicht
nur den Uebelſtand ungeheurer Schläge und Kulturflächen haben, ſondern
das dabei verfügbar werdende Holz wäre auf Einen Punkt des Revieres
zuſammengedrängt, da man doch nicht zugleich in allen Bezirken ſo ver-
fahren kann. Dies nöthigt zu der Zerfällung der Wirthſchaftsbezirke in

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[588/0644] Zur Löſung dieſer Aufgabe iſt es vor allen Dingen nothwendig, daß der Revierverwalter auf ſeinem Reviere nicht allein vollſtändig zu Hauſe, ſondern auch im Beſitze der Mittel ſei, gegen ſeine vorgeſetzte Behörde und mit wem ſonſt er deshalb zu verkehren hat, jeden wirthſchaftlich zu unterſcheidenden Punkt jeden Augenblick genau bezeichnen zu können, auch wenn er dabei nicht auf dem Reviere iſt. Dies Mittel iſt die Beſtands- karte, die ihm daſſelbe, ja noch mehr iſt, als dem Feldherrn die Terrain- karte ſeines Schlachtfeldes. Suchen wir jetzt einmal den Wirthſchaftsbezirk H, welcher oben unter dem Worte „Mittweider“ (Revier) liegt, um uns hiervon zu überzeugen. Als das Revier vermeſſen, eingerichtet und kartirt wurde, fiel auf dieſen Bezirk gar kein Beſtand I. Claſſe, weshalb wir auf ihm die ſchwarze Farbe vermiſſen, das älteſte Holz gehört der II. Claſſe an und liegt ſehr paſſend zum Schutz des Inneren gegen die Weſtwinde am Weſtrande. Wir finden weiter einen großen ſehr unregelmäßig geſtalteten Beſtand III. Claſſe, dann 4 Beſtände IV. Claſſe, von denen der eine unten links ſich im Bezirk J fortſetzt, was auch mit den 3 Beſtänden V. Claſſe der Fall iſt, die auch vertreten iſt, und zwar nach K, J, L und T; endlich finden wir oben in der rechten Ecke eine kleine Säure, die an die kleine Mittweide ihr Waſſer abgiebt und alſo leicht zu entwäſſern war. Wir finden nun weiter, an dieſe Altersclaſſenverſchiedenheit der Beſtände ſich nicht bindend, die ganze Fläche des Wirthſchaftsbezirkes in die 6 Abtheilungen I. II. III. IV. II. und III. getheilt, die durch Schneißen gegen einander abgegrenzt ſind. Weshalb kommt nun hier II. und III. zweimal vor? Die beiden überzähligen II. und III. ſind die beiden Dreiecke unten links und rechts. In Sachſen, auf welches Land wir uns jetzt beziehen, iſt die Fichte auf einen 80jährigen Umtrieb (Turnus) geſtellt, d. h. man nimmt als Durchſchnittsregel an, daß 80 Jahr dasjenige Alter der Fichte iſt, wo ſie die größte und angemeſſenſte Menge Holz giebt und keinen weiteren erheblichen Zuwachs hoffen läßt. Würde man nun den ganzen Wirth- ſchaftsbezirk auf einmal abtreiben und neu kultiviren, ſo würde das nicht nur den Uebelſtand ungeheurer Schläge und Kulturflächen haben, ſondern das dabei verfügbar werdende Holz wäre auf Einen Punkt des Revieres zuſammengedrängt, da man doch nicht zugleich in allen Bezirken ſo ver- fahren kann. Dies nöthigt zu der Zerfällung der Wirthſchaftsbezirke in

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/644>, abgerufen am 23.12.2024.