oder sogar felsige Waldboden erlaubt meist nur der Hacke und dem Spaten den Zugang. Es ist daher eine große Erleichterung des Waldbaues, daß eine ackerähnliche Bearbeitung des Waldbodens überhaupt fast nie noth- wendig ist, man im Gegentheil mit der Auflockerung desselben sehr vor- sichtig sein muß, um die meist lange Zeit zum Keimen brauchenden Wald- sämereien nicht durch Austrocknung oder Graswuchs -- die gewöhnlichen Folgen zu starker Bodenlockerung und die ärgsten Feinde der Forstkulturen -- leiden zu lassen.
Die außerordentlich große Verschiedenheit des Waldbodens hinsichtlich seiner Gesteinsabstammung (ob Granit-, Basalt-, Kalk-Boden etc.), der Menge und Größe der in ihm sich findenden Steine, der Erwärmungs- fähigkeit, des Feuchtigkeitsgehaltes, der Bedeckung (mit Nadeln, Laub oder Waldkräutern und Gräsern), der Lage und Neigung: dies alles ist bei der Bodenbearbeitung in Betracht zu ziehen. Die Wichtigkeit und Verfänglich- keit der Bodenbearbeitungsfrage ergiebt sich leicht, wenn man sich erinnert, daß z. B. der Boden eines Fichtenschlages vielleicht ein halbes Jahrhundert oder länger ruhig und in völliger Beschattung eines alten Bestandes ge- legen hat und nach der Schlagräumung plötzlich allen Einwirkungen von Luft und Licht ausgesetzt wird, daß also eine Auflockerung Processe in ihm hervorrufen muß, welche ihrer Beschaffenheit nach in den meisten Fällen nicht mit Sicherheit voraus zu bestimmen sind. Am reiflichsten zu bedenken ist die Bearbeitung des Sandbodens, um ihn dadurch nicht noch ärmer werden zu lassen*). Auf sumpfigem Boden gehört oft Ent- wässerung zu den nothwendigen Maßregeln der Vorbereitung zur Kultur. Wir wissen schon, daß die Bearbeitung des Waldbodens sich entweder auf einzelne etwa 1 -- 4 Quadratschuh große "Plätze" oder 1 -- 2 Schuh breite "Streifen" oder "Riefen" beschränkt oder sich auf die ganze Kulturfläche erstreckt, was man "Kurzhacken" nennt und wobei keine Mengung und große Veränderung in der Lage der Bodenbestandtheile stattfinden darf. Wenn diese Bearbeitung zur Saatkultur vorgenommen wird, so wird zur
*) Eine geniale Bodenverbesserung mageren über Kies liegenden Sandbodens hat man auf Gröbaer Revier, in der preuß. Niederlausitz, dadurch bewirkt, daß man auf die dürftige Heide- und Nadelstreu desselben einige Hände hoch Sand auffuhr. Die da- durch bedeckte Bodenstreu kam zur Verwesung und diese verbesserte den Boden und das Wachsthum sehr erheblich (s. S. 43).
Roßmäßler, der Wald. 38
oder ſogar felſige Waldboden erlaubt meiſt nur der Hacke und dem Spaten den Zugang. Es iſt daher eine große Erleichterung des Waldbaues, daß eine ackerähnliche Bearbeitung des Waldbodens überhaupt faſt nie noth- wendig iſt, man im Gegentheil mit der Auflockerung deſſelben ſehr vor- ſichtig ſein muß, um die meiſt lange Zeit zum Keimen brauchenden Wald- ſämereien nicht durch Austrocknung oder Graswuchs — die gewöhnlichen Folgen zu ſtarker Bodenlockerung und die ärgſten Feinde der Forſtkulturen — leiden zu laſſen.
Die außerordentlich große Verſchiedenheit des Waldbodens hinſichtlich ſeiner Geſteinsabſtammung (ob Granit-, Baſalt-, Kalk-Boden etc.), der Menge und Größe der in ihm ſich findenden Steine, der Erwärmungs- fähigkeit, des Feuchtigkeitsgehaltes, der Bedeckung (mit Nadeln, Laub oder Waldkräutern und Gräſern), der Lage und Neigung: dies alles iſt bei der Bodenbearbeitung in Betracht zu ziehen. Die Wichtigkeit und Verfänglich- keit der Bodenbearbeitungsfrage ergiebt ſich leicht, wenn man ſich erinnert, daß z. B. der Boden eines Fichtenſchlages vielleicht ein halbes Jahrhundert oder länger ruhig und in völliger Beſchattung eines alten Beſtandes ge- legen hat und nach der Schlagräumung plötzlich allen Einwirkungen von Luft und Licht ausgeſetzt wird, daß alſo eine Auflockerung Proceſſe in ihm hervorrufen muß, welche ihrer Beſchaffenheit nach in den meiſten Fällen nicht mit Sicherheit voraus zu beſtimmen ſind. Am reiflichſten zu bedenken iſt die Bearbeitung des Sandbodens, um ihn dadurch nicht noch ärmer werden zu laſſen*). Auf ſumpfigem Boden gehört oft Ent- wäſſerung zu den nothwendigen Maßregeln der Vorbereitung zur Kultur. Wir wiſſen ſchon, daß die Bearbeitung des Waldbodens ſich entweder auf einzelne etwa 1 — 4 Quadratſchuh große „Plätze“ oder 1 — 2 Schuh breite „Streifen“ oder „Riefen“ beſchränkt oder ſich auf die ganze Kulturfläche erſtreckt, was man „Kurzhacken“ nennt und wobei keine Mengung und große Veränderung in der Lage der Bodenbeſtandtheile ſtattfinden darf. Wenn dieſe Bearbeitung zur Saatkultur vorgenommen wird, ſo wird zur
*) Eine geniale Bodenverbeſſerung mageren über Kies liegenden Sandbodens hat man auf Gröbaer Revier, in der preuß. Niederlauſitz, dadurch bewirkt, daß man auf die dürftige Heide- und Nadelſtreu deſſelben einige Hände hoch Sand auffuhr. Die da- durch bedeckte Bodenſtreu kam zur Verweſung und dieſe verbeſſerte den Boden und das Wachsthum ſehr erheblich (ſ. S. 43).
Roßmäßler, der Wald. 38
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oder ſogar felſige Waldboden erlaubt meiſt nur der Hacke und dem Spaten
den Zugang. Es iſt daher eine große Erleichterung des Waldbaues, daß
eine ackerähnliche Bearbeitung des Waldbodens überhaupt faſt nie noth-
wendig iſt, man im Gegentheil mit der Auflockerung deſſelben ſehr vor-
ſichtig ſein muß, um die meiſt lange Zeit zum Keimen brauchenden Wald-
ſämereien nicht durch Austrocknung oder Graswuchs — die gewöhnlichen
Folgen zu ſtarker Bodenlockerung und die ärgſten Feinde der Forſtkulturen —
leiden zu laſſen.
Die außerordentlich große Verſchiedenheit des Waldbodens hinſichtlich
ſeiner Geſteinsabſtammung (ob Granit-, Baſalt-, Kalk-Boden etc.), der
Menge und Größe der in ihm ſich findenden Steine, der Erwärmungs-
fähigkeit, des Feuchtigkeitsgehaltes, der Bedeckung (mit Nadeln, Laub oder
Waldkräutern und Gräſern), der Lage und Neigung: dies alles iſt bei der
Bodenbearbeitung in Betracht zu ziehen. Die Wichtigkeit und Verfänglich-
keit der Bodenbearbeitungsfrage ergiebt ſich leicht, wenn man ſich erinnert,
daß z. B. der Boden eines Fichtenſchlages vielleicht ein halbes Jahrhundert
oder länger ruhig und in völliger Beſchattung eines alten Beſtandes ge-
legen hat und nach der Schlagräumung plötzlich allen Einwirkungen von
Luft und Licht ausgeſetzt wird, daß alſo eine Auflockerung Proceſſe in
ihm hervorrufen muß, welche ihrer Beſchaffenheit nach in den meiſten
Fällen nicht mit Sicherheit voraus zu beſtimmen ſind. Am reiflichſten
zu bedenken iſt die Bearbeitung des Sandbodens, um ihn dadurch nicht
noch ärmer werden zu laſſen *). Auf ſumpfigem Boden gehört oft Ent-
wäſſerung zu den nothwendigen Maßregeln der Vorbereitung zur Kultur.
Wir wiſſen ſchon, daß die Bearbeitung des Waldbodens ſich entweder auf
einzelne etwa 1 — 4 Quadratſchuh große „Plätze“ oder 1 — 2 Schuh breite
„Streifen“ oder „Riefen“ beſchränkt oder ſich auf die ganze Kulturfläche
erſtreckt, was man „Kurzhacken“ nennt und wobei keine Mengung und
große Veränderung in der Lage der Bodenbeſtandtheile ſtattfinden darf.
Wenn dieſe Bearbeitung zur Saatkultur vorgenommen wird, ſo wird zur
*) Eine geniale Bodenverbeſſerung mageren über Kies liegenden Sandbodens hat
man auf Gröbaer Revier, in der preuß. Niederlauſitz, dadurch bewirkt, daß man auf
die dürftige Heide- und Nadelſtreu deſſelben einige Hände hoch Sand auffuhr. Die da-
durch bedeckte Bodenſtreu kam zur Verweſung und dieſe verbeſſerte den Boden und das
Wachsthum ſehr erheblich (ſ. S. 43).
Roßmäßler, der Wald. 38
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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/649>, abgerufen am 23.12.2024.
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