[Rost, Johann Christoph]: Schäfererzälungen. [Berlin], 1742.Oft schleicht sich Titirus zu ihren Triften hinn, Vielleicht ist sie allein, die schöne Schäferinn? O nein! Er kömmt und irrt und bleibt ganz traurig stehen. Man fragt ihn, was er will? Es weiß es wol, doch schweigt er still, Und weil er gar nichts sagt, heißt man ihn wieder gehen. So kert der Schäfer oft zurück, Und one Kuß und one Blick; Nur mit Verdruß; nur mit vergeblichem Bemühen. So ist die Zeit, So ist das Glück und die Gelegenheit, Kein Mensch sieht sie so stark als ein Verliebter fliehen. Man nennt oft, übereilt, die Liebe seine Last. So hatte Titirus auch den Entschluß gefaßt, Erst Silvien nnd denn die Liebe zu vergessen. Jedoch wer dieses will, der hat es nicht ermessen. Kaum hat er einen Augenblick gesessen, So rauscht der Zefir durch den Wald. Dieß hört der junge Schäfer bald. Er horcht, warum? Er springet auf, weswegen? Vielleicht A 4
Oft ſchleicht ſich Titirus zu ihren Triften hinn, Vielleicht iſt ſie allein, die ſchoͤne Schaͤferinn? O nein! Er koͤmmt und irrt und bleibt ganz traurig ſtehen. Man fragt ihn, was er will? Es weiß es wol, doch ſchweigt er ſtill, Und weil er gar nichts ſagt, heißt man ihn wieder gehen. So kert der Schaͤfer oft zuruͤck, Und one Kuß und one Blick; Nur mit Verdruß; nur mit vergeblichem Bemuͤhen. So iſt die Zeit, So iſt das Gluͤck und die Gelegenheit, Kein Menſch ſieht ſie ſo ſtark als ein Verliebter fliehen. Man nennt oft, uͤbereilt, die Liebe ſeine Laſt. So hatte Titirus auch den Entſchluß gefaßt, Erſt Silvien nnd denn die Liebe zu vergeſſen. Jedoch wer dieſes will, der hat es nicht ermeſſen. Kaum hat er einen Augenblick geſeſſen, So rauſcht der Zefir durch den Wald. Dieß hoͤrt der junge Schaͤfer bald. Er horcht, warum? Er ſpringet auf, weswegen? Vielleicht A 4
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0011" n="7"/> <lg> <l>Oft ſchleicht ſich Titirus zu ihren Triften hinn,</l><lb/> <l>Vielleicht iſt ſie allein, die ſchoͤne Schaͤferinn?</l><lb/> <l>O nein! Er koͤmmt und irrt und bleibt ganz traurig<lb/><hi rendition="#et">ſtehen.</hi></l><lb/> <l>Man fragt ihn, was er will?</l><lb/> <l>Es weiß es wol, doch ſchweigt er ſtill,</l><lb/> <l>Und weil er gar nichts ſagt, heißt man ihn wieder<lb/><hi rendition="#et">gehen.</hi></l><lb/> <l>So kert der Schaͤfer oft zuruͤck,</l><lb/> <l>Und one Kuß und one Blick;</l><lb/> <l>Nur mit Verdruß; nur mit vergeblichem Bemuͤhen.</l><lb/> <l>So iſt die Zeit,</l><lb/> <l>So iſt das Gluͤck und die Gelegenheit,</l><lb/> <l>Kein Menſch ſieht ſie ſo ſtark als ein Verliebter<lb/><hi rendition="#et">fliehen.</hi></l> </lg><lb/> <lg> <l>Man nennt oft, uͤbereilt, die Liebe ſeine Laſt.</l><lb/> <l>So hatte Titirus auch den Entſchluß gefaßt,</l><lb/> <l>Erſt Silvien nnd denn die Liebe zu vergeſſen.</l><lb/> <l>Jedoch wer dieſes will, der hat es nicht ermeſſen.</l><lb/> <l>Kaum hat er einen Augenblick geſeſſen,</l><lb/> <l>So rauſcht der Zefir durch den Wald.</l><lb/> <l>Dieß hoͤrt der junge Schaͤfer bald.</l><lb/> <l>Er horcht, warum? Er ſpringet auf, weswegen?<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Vielleicht</fw><lb/></l> </lg> </body> </text> </TEI> [7/0011]
Oft ſchleicht ſich Titirus zu ihren Triften hinn,
Vielleicht iſt ſie allein, die ſchoͤne Schaͤferinn?
O nein! Er koͤmmt und irrt und bleibt ganz traurig
ſtehen.
Man fragt ihn, was er will?
Es weiß es wol, doch ſchweigt er ſtill,
Und weil er gar nichts ſagt, heißt man ihn wieder
gehen.
So kert der Schaͤfer oft zuruͤck,
Und one Kuß und one Blick;
Nur mit Verdruß; nur mit vergeblichem Bemuͤhen.
So iſt die Zeit,
So iſt das Gluͤck und die Gelegenheit,
Kein Menſch ſieht ſie ſo ſtark als ein Verliebter
fliehen.
Man nennt oft, uͤbereilt, die Liebe ſeine Laſt.
So hatte Titirus auch den Entſchluß gefaßt,
Erſt Silvien nnd denn die Liebe zu vergeſſen.
Jedoch wer dieſes will, der hat es nicht ermeſſen.
Kaum hat er einen Augenblick geſeſſen,
So rauſcht der Zefir durch den Wald.
Dieß hoͤrt der junge Schaͤfer bald.
Er horcht, warum? Er ſpringet auf, weswegen?
Vielleicht
A 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |