Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.und der Graf von Lincoln. tragen, und schwuhr hoch und theuer, gerne tausend-mal zu sterben, wenn er nur dadurch ihre Tage verlängern könnte. Die Baronesse hörte diese Exaggerations mit an, befande sich aber mehr von dem Ursprung ihres Mißvergnügens, als dem Mitleiden ihres Gemahls gerühret; unter dessen Schnee sie nichts anders als einen unangenehmen Mist-Hauffen antraff. Sie wünschete nichts, als etliche wenige Augenblicke, ehe sie stürbe, mit dem Grafen zu reden: Dahero stellte sie sich, als könnte sie nicht ruhen, und verlangte, man sollte sie mit Madame Corbet alleine lassen, welcher sie denn Befehl gab, dem Grafen ihren Zustand bekannt zu machen. Der Graf, welcher noch nicht alle Empfind- gen F 4
und der Graf von Lincoln. tragen, und ſchwuhr hoch und theuer, gerne tauſend-mal zu ſterben, wenn er nur dadurch ihre Tage verlaͤngern koͤnnte. Die Baroneſſe hoͤrte dieſe Exaggerations mit an, befande ſich aber mehr von dem Urſprung ihres Mißvergnuͤgens, als dem Mitleiden ihres Gemahls geruͤhret; unter deſſen Schnee ſie nichts anders als einen unangenehmen Miſt-Hauffen antraff. Sie wuͤnſchete nichts, als etliche wenige Augenblicke, ehe ſie ſtuͤrbe, mit dem Grafen zu reden: Dahero ſtellte ſie ſich, als koͤnnte ſie nicht ruhen, und verlangte, man ſollte ſie mit Madame Corbet alleine laſſen, welcher ſie denn Befehl gab, dem Grafen ihren Zuſtand bekannt zu machen. Der Graf, welcher noch nicht alle Empfind- gen F 4
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und der Graf von Lincoln.
tragen, und ſchwuhr hoch und theuer, gerne tauſend-
mal zu ſterben, wenn er nur dadurch ihre Tage
verlaͤngern koͤnnte. Die Baroneſſe hoͤrte dieſe
Exaggerations mit an, befande ſich aber mehr
von dem Urſprung ihres Mißvergnuͤgens, als dem
Mitleiden ihres Gemahls geruͤhret; unter deſſen
Schnee ſie nichts anders als einen unangenehmen
Miſt-Hauffen antraff. Sie wuͤnſchete nichts, als
etliche wenige Augenblicke, ehe ſie ſtuͤrbe, mit dem
Grafen zu reden: Dahero ſtellte ſie ſich, als koͤnnte
ſie nicht ruhen, und verlangte, man ſollte ſie mit
Madame Corbet alleine laſſen, welcher ſie denn
Befehl gab, dem Grafen ihren Zuſtand bekannt zu
machen.
Der Graf, welcher noch nicht alle Empfind-
lichkeit von ſeiner vorigen Liebe gegen die Baro-
neſſe verlohren hatte, wurde durch die Poſt von
ihrer Schwachheit auf das ſchmertzlichſte geruͤh-
ret, und eilete, ſo viel er kunnte, ihr mit ſeiner Ge-
genwart ein linderndes Labſaal zu verſchaffen. Er
war nicht ſo bald bey ihr angelanget, ſo gab ihm
der elende Zuſtand, worinnen ſich die Baronin be-
fande, lauter angenehme und zaͤrtliche Worte in
den Mund; ungeachtet Madame Corbet, die
uͤber vergangene Dinge Reflexiones mach-
te, anweſend war. Die Baroneſſe hoͤrte ihm
eine gute Weile zu, ehe ſie ihm das geringſte ant-
wortete, endlich aber ſahe ſie ihn mit ſehnlichen Au-
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