Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.Madame Needham, rung zu versorgen, wohin sie ein extraordinairesVerlangen trug, der Hoffnung, daselbst in einigen Dienst zu kommen, oder sich des Vortheils ihrer Schönheit zu bedienen, und etwa einen Handels- Mann ins Garn der ehlichen Verstrickung zu lo- cken. Mit diesem Vorsatz nun begab sie sich nach London, und war kaum da angelanget, als sie befande, daß ihr Geld alles verzehret, und sie in ei- nem höchst-miserablen und verlassenen Zustande sey; Zu ihrem Glück begab sichs, daß sie ein Logis in Wapping, einem sehr berüchtigten und no- torischen Bordel, bekam, wo sie sich mit solcher Einfalt und scheinheiliger Unschuld anzustellen, und eine so säuberliche Historie von ihrem Unglücke zu erzehlen wuste, daß, ungeachtet kein Wort davon der Wahrheit gemäß war, die Kupplerin, ihre Wirthin, doch alles glaubte, und unter dem Prae- text des Mitleidens über ihren gegewärtigen Man- gel, welches aber mehr aus Hoffnung, einen guten Marckt mit ihr zu halten, geschahe, ihr überaus gü- tig und hülff-begierig beysprang. Jhre Schön- heit wurde in kurtzem berühmt, deren sie sich so wohl zu Nutze zu machen, und ihr Talent in dieser bö- sen Lebens Art so fürtresflich anzulegen wuste, daß sie durch Gemeinmachung ihrer längst verlohrnen Jungferschafft mit sieben oder acht reichen Schiff- Herren, welche alle darauf geschwohren hätten, sie wäre noch würcklich eine reine Jungfer, und deß- wegen
Madame Needham, rung zu verſorgen, wohin ſie ein extraordinairesVerlangen trug, der Hoffnung, daſelbſt in einigen Dienſt zu kommen, oder ſich des Vortheils ihrer Schoͤnheit zu bedienen, und etwa einen Handels- Mann ins Garn der ehlichen Verſtrickung zu lo- cken. Mit dieſem Vorſatz nun begab ſie ſich nach London, und war kaum da angelanget, als ſie befande, daß ihr Geld alles verzehret, und ſie in ei- nem hoͤchſt-miſerablen und verlaſſenen Zuſtande ſey; Zu ihrem Gluͤck begab ſichs, daß ſie ein Logis in Wapping, einem ſehr beruͤchtigten und no- toriſchen Bordel, bekam, wo ſie ſich mit ſolcher Einfalt und ſcheinheiliger Unſchuld anzuſtellen, und eine ſo ſaͤuberliche Hiſtorie von ihrem Ungluͤcke zu erzehlen wuſte, daß, ungeachtet kein Wort davon der Wahrheit gemaͤß war, die Kupplerin, ihre Wirthin, doch alles glaubte, und unter dem Præ- text des Mitleidens uͤber ihren gegewaͤrtigen Man- gel, welches aber mehr aus Hoffnung, einen guten Marckt mit ihr zu halten, geſchahe, ihr uͤberaus guͤ- tig und huͤlff-begierig beyſprang. Jhre Schoͤn- heit wurde in kurtzem beruͤhmt, deren ſie ſich ſo wohl zu Nutze zu machen, und ihr Talent in dieſer boͤ- ſen Lebens Art ſo fuͤrtreſflich anzulegen wuſte, daß ſie durch Gemeinmachung ihrer laͤngſt verlohrnen Jungferſchafft mit ſieben oder acht reichen Schiff- Herren, welche alle darauf geſchwohren haͤtten, ſie waͤre noch wuͤrcklich eine reine Jungfer, und deß- wegen
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Madame Needham,
rung zu verſorgen, wohin ſie ein extraordinaires
Verlangen trug, der Hoffnung, daſelbſt in einigen
Dienſt zu kommen, oder ſich des Vortheils ihrer
Schoͤnheit zu bedienen, und etwa einen Handels-
Mann ins Garn der ehlichen Verſtrickung zu lo-
cken. Mit dieſem Vorſatz nun begab ſie ſich nach
London, und war kaum da angelanget, als ſie
befande, daß ihr Geld alles verzehret, und ſie in ei-
nem hoͤchſt-miſerablen und verlaſſenen Zuſtande
ſey; Zu ihrem Gluͤck begab ſichs, daß ſie ein Logis
in Wapping, einem ſehr beruͤchtigten und no-
toriſchen Bordel, bekam, wo ſie ſich mit ſolcher
Einfalt und ſcheinheiliger Unſchuld anzuſtellen, und
eine ſo ſaͤuberliche Hiſtorie von ihrem Ungluͤcke zu
erzehlen wuſte, daß, ungeachtet kein Wort davon
der Wahrheit gemaͤß war, die Kupplerin, ihre
Wirthin, doch alles glaubte, und unter dem Præ-
text des Mitleidens uͤber ihren gegewaͤrtigen Man-
gel, welches aber mehr aus Hoffnung, einen guten
Marckt mit ihr zu halten, geſchahe, ihr uͤberaus guͤ-
tig und huͤlff-begierig beyſprang. Jhre Schoͤn-
heit wurde in kurtzem beruͤhmt, deren ſie ſich ſo wohl
zu Nutze zu machen, und ihr Talent in dieſer boͤ-
ſen Lebens Art ſo fuͤrtreſflich anzulegen wuſte, daß
ſie durch Gemeinmachung ihrer laͤngſt verlohrnen
Jungferſchafft mit ſieben oder acht reichen Schiff-
Herren, welche alle darauf geſchwohren haͤtten, ſie
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