sprötes Wesen alles bey Seite, und er- kühne mich, wider die Gewohnheit und geziemende Pflicht derer Weibes-Bil- der, eine Mannes-Person um Gegen- liebe anzusprechen: Woferne sie ein Mensch sind, und Fleisch und Blut besi- tzen, werden sie sich zum Mitleiden be- wegen lassen; Und ob sie wohl so hart, als Marmor, seyn sollten, so sehe ich sie doch für kein lebloses Bildniß an. Wä- re es nicht zu betauren, wenn eineStatua von soexacter Gestalt, die mit einerac- curatenSymmetrieausgearbeitet ist, und alleOrganader Rede, so zu einem voll- kommenen Menschen gehören, besitzet, die leblosen Bewegungen einer durch Drat sich regendenChimeresonatu- relvorstellen wollte? So hören sie dem- nach, werthesterMonsieur!auf, dasjeni- ge zu seyn, was sie bißanhero gewesen, und werden dasjenige, welches sie GOtt und die Natur hat wollen seyn lassen, nehmlich ein Mensch, der die aufrichtige Liebe nicht verschmähet, welche ihnen hierdurch zur Vermählung offenhertzig angebothen wird von
Dero Treu-ergebensten D. C.
Diese
Madame Dorothea Crew,
ſproͤtes Weſen alles bey Seite, und er- kuͤhne mich, wider die Gewohnheit und geziemende Pflicht derer Weibes-Bil- der, eine Mannes-Perſon um Gegen- liebe anzuſprechen: Woferne ſie ein Menſch ſind, und Fleiſch und Blut beſi- tzen, werden ſie ſich zum Mitleiden be- wegen laſſen; Und ob ſie wohl ſo hart, als Marmor, ſeyn ſollten, ſo ſehe ich ſie doch fuͤr kein lebloſes Bildniß an. Waͤ- re es nicht zu betauren, wenn eineStatua von ſoexacter Geſtalt, die mit einerac- curatenSymmetrieausgearbeitet iſt, und alleOrganader Rede, ſo zu einem voll- kommenen Menſchen gehoͤren, beſitzet, die lebloſen Bewegungen einer durch Drat ſich regendenChiméreſonatu- relvorſtellen wollte? So hoͤren ſie dem- nach, wertheſterMonſieur!auf, dasjeni- ge zu ſeyn, was ſie bißanhero geweſen, und werden dasjenige, welches ſie GOtt und die Natur hat wollen ſeyn laſſen, nehmlich ein Menſch, der die aufrichtige Liebe nicht verſchmaͤhet, welche ihnen hierdurch zur Vermaͤhlung offenhertzig angebothen wird von
Dero Treu-ergebenſten D. C.
Dieſe
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Madame Dorothea Crew,
ſproͤtes Weſen alles bey Seite, und er-
kuͤhne mich, wider die Gewohnheit und
geziemende Pflicht derer Weibes-Bil-
der, eine Mannes-Perſon um Gegen-
liebe anzuſprechen: Woferne ſie ein
Menſch ſind, und Fleiſch und Blut beſi-
tzen, werden ſie ſich zum Mitleiden be-
wegen laſſen; Und ob ſie wohl ſo hart,
als Marmor, ſeyn ſollten, ſo ſehe ich ſie
doch fuͤr kein lebloſes Bildniß an. Waͤ-
re es nicht zu betauren, wenn eine Statua
von ſo exacter Geſtalt, die mit einer ac-
curaten Symmetrie ausgearbeitet iſt, und
alle Organa der Rede, ſo zu einem voll-
kommenen Menſchen gehoͤren, beſitzet,
die lebloſen Bewegungen einer durch
Drat ſich regenden Chimére ſo natu-
rel vorſtellen wollte? So hoͤren ſie dem-
nach, wertheſter Monſieur! auf, dasjeni-
ge zu ſeyn, was ſie bißanhero geweſen,
und werden dasjenige, welches ſie GOtt
und die Natur hat wollen ſeyn laſſen,
nehmlich ein Menſch, der die aufrichtige
Liebe nicht verſchmaͤhet, welche ihnen
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Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/254>, abgerufen am 16.07.2024.
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