Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.und die Hertzogin von Portsmouth. sind sie bezaubert? fiel ihr der Graf in die Re-de, daß sie dergleichen Dinge vorbrin- gen? Sagen sie es im Ernst, oder belie- ben sie nur also zu schertzen? Woferne sie ohne Verstellung reden, werde ich mir ein Vergnügen daraus machen, daß sie sich mit ihrer unzeitigen Curiosite selbst quälen, und durch ihren ungegründeten Argwohn bestraffen, wenn ich sie hin an den Ort führe, wo sie mich gesehen, und ihnen die Ursachen, weßwegen ich dahin gehe, bekannt mache. Alsdenn erzehlte er ihr alles, was er und sein Freund mit einander ab- geredet hatten; und da sie alle dem, was er vor- brachte, Glauben beyzumessen schiene, fiengen sie beyde an, auf gar vergnügte Weise mit einander zu schertzen, und nachdem sie überaus liebreich zu- sammen gespeiset hatten, begaben sie sich mit ein- ander zu Bette, allwo der Graf die Nacht mit lauter Unruhe zubrachte. Denn er hatte nicht so bald seine Augen zugethan, als er von denen er- schrecklichsten Träumen beängstiget wurde: Unter andern dünckte ihm, Madame Querovaille habe ihre Mitbuhlerin entdecket, und schändiere ihn deßwegen aufs grausamste aus; ja, es kam ihm vor, als ob sie, so blaß als der Tod aussehend, mit bethränten Augen, über und über zitternd, sich der Verzweifflung gäntzlich überlassen und mit einem ent- T
und die Hertzogin von Portsmouth. ſind ſie bezaubert? fiel ihr der Graf in die Re-de, daß ſie dergleichen Dinge vorbrin- gen? Sagen ſie es im Ernſt, oder belie- ben ſie nur alſo zu ſchertzen? Woferne ſie ohne Verſtellung reden, werde ich mir ein Vergnuͤgen daraus machen, daß ſie ſich mit ihrer unzeitigen Curioſité ſelbſt quaͤlen, und durch ihren ungegruͤndeten Argwohn beſtraffen, wenn ich ſie hin an den Ort fuͤhre, wo ſie mich geſehen, und ihnen die Urſachen, weßwegen ich dahin gehe, bekannt mache. Alsdenn erzehlte er ihr alles, was er und ſein Freund mit einander ab- geredet hatten; und da ſie alle dem, was er vor- brachte, Glauben beyzumeſſen ſchiene, fiengen ſie beyde an, auf gar vergnuͤgte Weiſe mit einander zu ſchertzen, und nachdem ſie uͤberaus liebreich zu- ſammen geſpeiſet hatten, begaben ſie ſich mit ein- ander zu Bette, allwo der Graf die Nacht mit lauter Unruhe zubrachte. Denn er hatte nicht ſo bald ſeine Augen zugethan, als er von denen er- ſchrecklichſten Traͤumen beaͤngſtiget wurde: Unter andern duͤnckte ihm, Madame Querovaille habe ihre Mitbuhlerin entdecket, und ſchaͤndiere ihn deßwegen aufs grauſamſte aus; ja, es kam ihm vor, als ob ſie, ſo blaß als der Tod ausſehend, mit bethraͤnten Augen, uͤber und uͤber zitternd, ſich der Verzweifflung gaͤntzlich uͤberlaſſen und mit einem ent- T
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0309" n="289"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und die Hertzogin von <hi rendition="#aq">Portsmouth.</hi></hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">ſind ſie bezaubert?</hi> fiel ihr der Graf in die Re-<lb/> de, <hi rendition="#fr">daß ſie dergleichen Dinge vorbrin-<lb/> gen? Sagen ſie es im Ernſt, oder belie-<lb/> ben ſie nur alſo zu ſchertzen? Woferne<lb/> ſie ohne Verſtellung reden, werde ich mir<lb/> ein Vergnuͤgen daraus machen, daß ſie<lb/> ſich mit ihrer unzeitigen</hi> <hi rendition="#aq">Curioſité</hi> <hi rendition="#fr">ſelbſt<lb/> quaͤlen, und durch ihren ungegruͤndeten<lb/> Argwohn beſtraffen, wenn ich ſie hin an<lb/> den Ort fuͤhre, wo ſie mich geſehen, und<lb/> ihnen die Urſachen, weßwegen ich dahin<lb/> gehe, bekannt mache.</hi> Alsdenn erzehlte er<lb/> ihr alles, was er und ſein Freund mit einander ab-<lb/> geredet hatten; und da ſie alle dem, was er vor-<lb/> brachte, Glauben beyzumeſſen ſchiene, fiengen ſie<lb/> beyde an, auf gar vergnuͤgte Weiſe mit einander<lb/> zu ſchertzen, und nachdem ſie uͤberaus liebreich zu-<lb/> ſammen geſpeiſet hatten, begaben ſie ſich mit ein-<lb/> ander zu Bette, allwo der Graf die Nacht mit<lb/> lauter Unruhe zubrachte. Denn er hatte nicht ſo<lb/> bald ſeine Augen zugethan, als er von denen er-<lb/> ſchrecklichſten Traͤumen beaͤngſtiget wurde: Unter<lb/> andern duͤnckte ihm, <hi rendition="#aq">Madame Querovaille</hi><lb/> habe ihre Mitbuhlerin entdecket, und ſchaͤndiere ihn<lb/> deßwegen aufs grauſamſte aus; ja, es kam ihm<lb/> vor, als ob ſie, ſo blaß als der Tod ausſehend, mit<lb/> bethraͤnten Augen, uͤber und uͤber zitternd, ſich der<lb/> Verzweifflung gaͤntzlich uͤberlaſſen und mit einem<lb/> <fw place="bottom" type="sig">T</fw><fw place="bottom" type="catch">ent-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [289/0309]
und die Hertzogin von Portsmouth.
ſind ſie bezaubert? fiel ihr der Graf in die Re-
de, daß ſie dergleichen Dinge vorbrin-
gen? Sagen ſie es im Ernſt, oder belie-
ben ſie nur alſo zu ſchertzen? Woferne
ſie ohne Verſtellung reden, werde ich mir
ein Vergnuͤgen daraus machen, daß ſie
ſich mit ihrer unzeitigen Curioſité ſelbſt
quaͤlen, und durch ihren ungegruͤndeten
Argwohn beſtraffen, wenn ich ſie hin an
den Ort fuͤhre, wo ſie mich geſehen, und
ihnen die Urſachen, weßwegen ich dahin
gehe, bekannt mache. Alsdenn erzehlte er
ihr alles, was er und ſein Freund mit einander ab-
geredet hatten; und da ſie alle dem, was er vor-
brachte, Glauben beyzumeſſen ſchiene, fiengen ſie
beyde an, auf gar vergnuͤgte Weiſe mit einander
zu ſchertzen, und nachdem ſie uͤberaus liebreich zu-
ſammen geſpeiſet hatten, begaben ſie ſich mit ein-
ander zu Bette, allwo der Graf die Nacht mit
lauter Unruhe zubrachte. Denn er hatte nicht ſo
bald ſeine Augen zugethan, als er von denen er-
ſchrecklichſten Traͤumen beaͤngſtiget wurde: Unter
andern duͤnckte ihm, Madame Querovaille
habe ihre Mitbuhlerin entdecket, und ſchaͤndiere ihn
deßwegen aufs grauſamſte aus; ja, es kam ihm
vor, als ob ſie, ſo blaß als der Tod ausſehend, mit
bethraͤnten Augen, uͤber und uͤber zitternd, ſich der
Verzweifflung gaͤntzlich uͤberlaſſen und mit einem
ent-
T
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |