Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite
und Madame Howard.

Sie hatten ein Kind mit einander, und die an-
dere Frucht in dem Garten ihrer Ehe stunde bereits
in der Knospe. Die Casse nahm ab, und die Aus-
gaben zu. Damit er nun seine Extra-Ausschweis-
fungen unterstützen möchte, gab er zu seines Weibes
ordentlicher Verpflegung sehr wenig, und ließ die
Familie zu Hause Noth leiden. Er hatte aber
nicht so bald das nachstehende höllische Vorhaben
in den Sinn genommen, als er, seinen Zweck zu er-
langen, gantz andere Säiten aufzog, und ihr nicht
allein mehr bestimmete, sondern auch sein Leben
gantz änderte, ihr neue Kleider kauffte, und wieder-
um so höfliche Caressen, als iemals, erwiese. Die
arme Frau, über dieser Veränderung gantz entzü-
cket, bezeigte ihre Freude und Vergnügen mit allen
liebreitzenden Expressionibus, die der Liebe oder
Danckbarkeit zu erfinden nur möglich waren. Als
sie aber darauf eines Tages, sich gantz allein befin-
dend, mit einander schwatzten, fieng er, nach einem
kurtzweiligen Discours, auf sie zu lächeln an, und
indem er sie gleichsam mit grössester Ausmercksam-
keit betrachtete, und nach Art eines Liebhabers auf
alle ihre Mienen und Blicke Achtung gab, küssete er
sie, und sührte ihr (sie in seinen Armen haltend,)
zugleich allerhand vergangene Ergötzlichkeiten zu
Gemüthe, über deren Erinnerung ihre Wangen mit
einer anmuthigen Rosen-Farbe überzogen wur-
den. Nachdem er sie dergestalt gerühret sahe,

fieng
X 4
und Madame Howard.

Sie hatten ein Kind mit einander, und die an-
dere Frucht in dem Garten ihrer Ehe ſtunde bereits
in der Knoſpe. Die Caſſe nahm ab, und die Aus-
gaben zu. Damit er nun ſeine Extra-Ausſchweiſ-
fungen unterſtuͤtzen moͤchte, gab er zu ſeines Weibes
ordentlicher Verpflegung ſehr wenig, und ließ die
Familie zu Hauſe Noth leiden. Er hatte aber
nicht ſo bald das nachſtehende hoͤlliſche Vorhaben
in den Sinn genommen, als er, ſeinen Zweck zu er-
langen, gantz andere Saͤiten aufzog, und ihr nicht
allein mehr beſtimmete, ſondern auch ſein Leben
gantz aͤnderte, ihr neue Kleider kauffte, und wieder-
um ſo hoͤfliche Careſſen, als iemals, erwieſe. Die
arme Frau, uͤber dieſer Veraͤnderung gantz entzuͤ-
cket, bezeigte ihre Freude und Vergnuͤgen mit allen
liebreitzenden Expresſionibus, die der Liebe oder
Danckbarkeit zu erfinden nur moͤglich waren. Als
ſie aber darauf eines Tages, ſich gantz allein befin-
dend, mit einander ſchwatzten, fieng er, nach einem
kurtzweiligen Diſcours, auf ſie zu laͤcheln an, und
indem er ſie gleichſam mit groͤſſeſter Auſmerckſam-
keit betrachtete, und nach Art eines Liebhabers auf
alle ihre Mienen und Blicke Achtung gab, kuͤſſete er
ſie, und ſuͤhrte ihr (ſie in ſeinen Armen haltend,)
zugleich allerhand vergangene Ergoͤtzlichkeiten zu
Gemuͤthe, uͤber deren Erinnerung ihre Wangen mit
einer anmuthigen Roſen-Farbe uͤberzogen wur-
den. Nachdem er ſie dergeſtalt geruͤhret ſahe,

fieng
X 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <pb facs="#f0347" n="327"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">und <hi rendition="#aq">Madame Howard.</hi></hi> </fw><lb/>
          <p>Sie hatten ein Kind mit einander, und die an-<lb/>
dere Frucht in dem Garten ihrer Ehe &#x017F;tunde bereits<lb/>
in der Kno&#x017F;pe. Die <hi rendition="#aq">Ca&#x017F;&#x017F;e</hi> nahm ab, und die Aus-<lb/>
gaben zu. Damit er nun &#x017F;eine <hi rendition="#aq">Extra-</hi>Aus&#x017F;chwei&#x017F;-<lb/>
fungen unter&#x017F;tu&#x0364;tzen mo&#x0364;chte, gab er zu &#x017F;eines Weibes<lb/>
ordentlicher Verpflegung &#x017F;ehr wenig, und ließ die<lb/><hi rendition="#aq">Familie</hi> zu Hau&#x017F;e Noth leiden. Er hatte aber<lb/>
nicht &#x017F;o bald das nach&#x017F;tehende ho&#x0364;lli&#x017F;che Vorhaben<lb/>
in den Sinn genommen, als er, &#x017F;einen Zweck zu er-<lb/>
langen, gantz andere Sa&#x0364;iten aufzog, und ihr nicht<lb/>
allein mehr be&#x017F;timmete, &#x017F;ondern auch &#x017F;ein Leben<lb/>
gantz a&#x0364;nderte, ihr neue Kleider kauffte, und wieder-<lb/>
um &#x017F;o ho&#x0364;fliche <hi rendition="#aq">Care&#x017F;&#x017F;</hi>en, als iemals, erwie&#x017F;e. Die<lb/>
arme Frau, u&#x0364;ber die&#x017F;er Vera&#x0364;nderung gantz entzu&#x0364;-<lb/>
cket, bezeigte ihre Freude und Vergnu&#x0364;gen mit allen<lb/>
liebreitzenden <hi rendition="#aq">Expres&#x017F;ionibus,</hi> die der Liebe oder<lb/>
Danckbarkeit zu erfinden nur mo&#x0364;glich waren. Als<lb/>
&#x017F;ie aber darauf eines Tages, &#x017F;ich gantz allein befin-<lb/>
dend, mit einander &#x017F;chwatzten, fieng er, nach einem<lb/>
kurtzweiligen <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cours,</hi> auf &#x017F;ie zu la&#x0364;cheln an, und<lb/>
indem er &#x017F;ie gleich&#x017F;am mit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ter Au&#x017F;merck&#x017F;am-<lb/>
keit betrachtete, und nach Art eines Liebhabers auf<lb/>
alle ihre Mienen und Blicke Achtung gab, ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete er<lb/>
&#x017F;ie, und &#x017F;u&#x0364;hrte ihr (&#x017F;ie in &#x017F;einen Armen haltend,)<lb/>
zugleich allerhand vergangene Ergo&#x0364;tzlichkeiten zu<lb/>
Gemu&#x0364;the, u&#x0364;ber deren Erinnerung ihre Wangen mit<lb/>
einer anmuthigen Ro&#x017F;en-Farbe u&#x0364;berzogen wur-<lb/>
den. Nachdem er &#x017F;ie derge&#x017F;talt geru&#x0364;hret &#x017F;ahe,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 4</fw><fw place="bottom" type="catch">fieng</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0347] und Madame Howard. Sie hatten ein Kind mit einander, und die an- dere Frucht in dem Garten ihrer Ehe ſtunde bereits in der Knoſpe. Die Caſſe nahm ab, und die Aus- gaben zu. Damit er nun ſeine Extra-Ausſchweiſ- fungen unterſtuͤtzen moͤchte, gab er zu ſeines Weibes ordentlicher Verpflegung ſehr wenig, und ließ die Familie zu Hauſe Noth leiden. Er hatte aber nicht ſo bald das nachſtehende hoͤlliſche Vorhaben in den Sinn genommen, als er, ſeinen Zweck zu er- langen, gantz andere Saͤiten aufzog, und ihr nicht allein mehr beſtimmete, ſondern auch ſein Leben gantz aͤnderte, ihr neue Kleider kauffte, und wieder- um ſo hoͤfliche Careſſen, als iemals, erwieſe. Die arme Frau, uͤber dieſer Veraͤnderung gantz entzuͤ- cket, bezeigte ihre Freude und Vergnuͤgen mit allen liebreitzenden Expresſionibus, die der Liebe oder Danckbarkeit zu erfinden nur moͤglich waren. Als ſie aber darauf eines Tages, ſich gantz allein befin- dend, mit einander ſchwatzten, fieng er, nach einem kurtzweiligen Diſcours, auf ſie zu laͤcheln an, und indem er ſie gleichſam mit groͤſſeſter Auſmerckſam- keit betrachtete, und nach Art eines Liebhabers auf alle ihre Mienen und Blicke Achtung gab, kuͤſſete er ſie, und ſuͤhrte ihr (ſie in ſeinen Armen haltend,) zugleich allerhand vergangene Ergoͤtzlichkeiten zu Gemuͤthe, uͤber deren Erinnerung ihre Wangen mit einer anmuthigen Roſen-Farbe uͤberzogen wur- den. Nachdem er ſie dergeſtalt geruͤhret ſahe, fieng X 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/347
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/347>, abgerufen am 22.11.2024.