Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.und Madame Ogle. auf seine Zurückkunfft; aber es erfolgte keine; dakamen ihr so viel seltzame Gedancken in den Kopff, daß ihr Zeit Lebens keine Nacht länger geschienen, als diese. Sie hatte eine alte Magd, so sie be- diente, die suchte sie auf alle Art zu divertiren und ihre Traurigkeit zu vertreiben; es gieng aber alles fruchtloß ab. So bald die Morgenröthe anbrach, schickte sie ihre Servante aus, ihren Herrn an denjenigen Orten, wo sie ihn zu seyn vermutheten, aufzusuchen. Der erste Platz, wo sie ihn suchte, war bey dem kleinen Chatelet; und weil sie hie- selbst vor der Meurtriere oder kleinen Kammer, in welche man die todten Cörper dererjenigen zu werffen pfleget, die man ermordet auf den Stras- sen findet, eine grosse Menge Volcks in einem Kreiß herum stehen sahe, verfügte sie sich hinzu, und wurde alsbald ihren Herrn, in seinem Blut liegend, gewahr. Sie lieff, ohne ein Wort zu sagen, stracks We- leider!
und Madame Ogle. auf ſeine Zuruͤckkunfft; aber es erfolgte keine; dakamen ihr ſo viel ſeltzame Gedancken in den Kopff, daß ihr Zeit Lebens keine Nacht laͤnger geſchienen, als dieſe. Sie hatte eine alte Magd, ſo ſie be- diente, die ſuchte ſie auf alle Art zu divertiren und ihre Traurigkeit zu vertreiben; es gieng aber alles fruchtloß ab. So bald die Morgenroͤthe anbrach, ſchickte ſie ihre Servante aus, ihren Herrn an denjenigen Orten, wo ſie ihn zu ſeyn vermutheten, aufzuſuchen. Der erſte Platz, wo ſie ihn ſuchte, war bey dem kleinen Chatelet; und weil ſie hie- ſelbſt vor der Meurtriere oder kleinen Kammer, in welche man die todten Coͤrper dererjenigen zu werffen pfleget, die man ermordet auf den Straſ- ſen findet, eine groſſe Menge Volcks in einem Kreiß herum ſtehen ſahe, verfuͤgte ſie ſich hinzu, und wurde alsbald ihren Herrn, in ſeinem Blut liegend, gewahr. Sie lieff, ohne ein Wort zu ſagen, ſtracks We- leider!
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0385" n="365"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und <hi rendition="#aq">Madame Ogle.</hi></hi></fw><lb/> auf ſeine Zuruͤckkunfft; aber es erfolgte keine; da<lb/> kamen ihr ſo viel ſeltzame Gedancken in den Kopff,<lb/> daß ihr Zeit Lebens keine Nacht laͤnger geſchienen,<lb/> als dieſe. Sie hatte eine alte Magd, ſo ſie be-<lb/> diente, die ſuchte ſie auf alle Art zu <hi rendition="#aq">diverti</hi>ren und<lb/> ihre Traurigkeit zu vertreiben; es gieng aber alles<lb/> fruchtloß ab. So bald die Morgenroͤthe anbrach,<lb/> ſchickte ſie ihre <hi rendition="#aq">Servante</hi> aus, ihren Herrn an<lb/> denjenigen Orten, wo ſie ihn zu ſeyn vermutheten,<lb/> aufzuſuchen. Der erſte Platz, wo ſie ihn ſuchte,<lb/> war bey dem kleinen <hi rendition="#aq">Chatelet;</hi> und weil ſie hie-<lb/> ſelbſt vor der <hi rendition="#aq">Meurtriere</hi> oder kleinen Kammer,<lb/> in welche man die todten Coͤrper dererjenigen zu<lb/> werffen pfleget, die man ermordet auf den Straſ-<lb/> ſen findet, eine groſſe Menge Volcks in einem Kreiß<lb/> herum ſtehen ſahe, verfuͤgte ſie ſich hinzu, und<lb/> wurde alsbald ihren Herrn, in ſeinem Blut liegend,<lb/> gewahr.</p><lb/> <p>Sie lieff, ohne ein Wort zu ſagen, ſtracks We-<lb/> ges nach Hauſe, und nachdem ſie ihre Frau durch<lb/> einen einfaͤltigen iedoch wohlgemeynten <hi rendition="#aq">Diſcours</hi><lb/> ein wenig <hi rendition="#aq">præpari</hi>ret hatte, dieſen Wetter-Streich<lb/> des Verhaͤngniſſes mit Gelaſſenheit anzunehmen,<lb/> erzehlte ſie ihr das ungluͤckſelige <hi rendition="#aq">Fatum</hi> ihres Lieb-<lb/> ſten. Hierauf verkleidete ſich dieſe in einen Die-<lb/> ner, und gieng mit gantzer Gewalt in eigener Per-<lb/> ſon dahin, einen Augen-Zeugen ihres Schickſals<lb/> abzugeben. Sie befande den Bericht ihrer Magd<lb/> <fw place="bottom" type="catch">leider!</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [365/0385]
und Madame Ogle.
auf ſeine Zuruͤckkunfft; aber es erfolgte keine; da
kamen ihr ſo viel ſeltzame Gedancken in den Kopff,
daß ihr Zeit Lebens keine Nacht laͤnger geſchienen,
als dieſe. Sie hatte eine alte Magd, ſo ſie be-
diente, die ſuchte ſie auf alle Art zu divertiren und
ihre Traurigkeit zu vertreiben; es gieng aber alles
fruchtloß ab. So bald die Morgenroͤthe anbrach,
ſchickte ſie ihre Servante aus, ihren Herrn an
denjenigen Orten, wo ſie ihn zu ſeyn vermutheten,
aufzuſuchen. Der erſte Platz, wo ſie ihn ſuchte,
war bey dem kleinen Chatelet; und weil ſie hie-
ſelbſt vor der Meurtriere oder kleinen Kammer,
in welche man die todten Coͤrper dererjenigen zu
werffen pfleget, die man ermordet auf den Straſ-
ſen findet, eine groſſe Menge Volcks in einem Kreiß
herum ſtehen ſahe, verfuͤgte ſie ſich hinzu, und
wurde alsbald ihren Herrn, in ſeinem Blut liegend,
gewahr.
Sie lieff, ohne ein Wort zu ſagen, ſtracks We-
ges nach Hauſe, und nachdem ſie ihre Frau durch
einen einfaͤltigen iedoch wohlgemeynten Diſcours
ein wenig præpariret hatte, dieſen Wetter-Streich
des Verhaͤngniſſes mit Gelaſſenheit anzunehmen,
erzehlte ſie ihr das ungluͤckſelige Fatum ihres Lieb-
ſten. Hierauf verkleidete ſich dieſe in einen Die-
ner, und gieng mit gantzer Gewalt in eigener Per-
ſon dahin, einen Augen-Zeugen ihres Schickſals
abzugeben. Sie befande den Bericht ihrer Magd
leider!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |