Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

zweer berühmten Türcken.
1sten Januarii einander Neu-Jahrs-Geschencke
sendet,) dieser Befehl etwas zu tyrannisch zu seyn:
Wannenhero so viel Verwirrung und Schrecken
aus seinem Angesicht hervor leuchtete, als aus ei-
nes Bassa seinem, wenn ein stummer Befehlsha-
ber, oder Hencker, mit des Sultans grausamen
Ordre, seinen Kopff abzuholen, ankömmet: Er
war befürchtet, er müste seiner Geliebten etwas zu
Leide gethan haben; Und ehe er gäntzlich aus ih-
rer Gnade fallen wollte, fassete er den Schluß, ih-
rem Verlangen doch einiger Massen zu gehorchen,
daß er nehmlich sein Hertz selbsten zu ihr brächte,
wenn er es keinem Bothen anvertrauen wollte. Als
er zu ihrem Zimmer hinein trat, nahete er sich ihr mit
der grössesten Submission des getreuesten Liebha-
bers. Und als er durch Arabellens Erklürung
der Meynung ihres Brieffs seines Jrrthums über-
führet wurde, schiene seine Gestalt, welche zuvor
gantz niedergeschlagen war, nunmehro mit unaus-
sprechlicher Freude gekrönet zu seyn. Nachdem er
sie nun als dann eine Weile mit verliebten Blicken
und betrübten Seuffzern, der stummen, aber mäch-
tigen Beredsamkeit blöder und schamhaffter Lieb-
haber, bedienet hatte, entdeckte er ihr endlich seine
Leidenschafft in ausdrücklichen Terminis, worü-
ber sie überaus stutzig zu werden schiene; Als sie
sich aber wieder erholet, vermeldete sie ihm, was

Mas-
II. Theil. M m

zweer beruͤhmten Tuͤrcken.
1ſten Januarii einander Neu-Jahrs-Geſchencke
ſendet,) dieſer Befehl etwas zu tyranniſch zu ſeyn:
Wannenhero ſo viel Verwirrung und Schrecken
aus ſeinem Angeſicht hervor leuchtete, als aus ei-
nes Baſſa ſeinem, wenn ein ſtummer Befehlsha-
ber, oder Hencker, mit des Sultans grauſamen
Ordre, ſeinen Kopff abzuholen, ankoͤmmet: Er
war befuͤrchtet, er muͤſte ſeiner Geliebten etwas zu
Leide gethan haben; Und ehe er gaͤntzlich aus ih-
rer Gnade fallen wollte, faſſete er den Schluß, ih-
rem Verlangen doch einiger Maſſen zu gehorchen,
daß er nehmlich ſein Hertz ſelbſten zu ihr braͤchte,
wenn er es keinem Bothen anvertrauen wollte. Als
er zu ihrem Zimmer hinein trat, nahete er ſich ihr mit
der groͤſſeſten Submisſion des getreueſten Liebha-
bers. Und als er durch Arabellens Erkluͤrung
der Meynung ihres Brieffs ſeines Jrrthums uͤber-
fuͤhret wurde, ſchiene ſeine Geſtalt, welche zuvor
gantz niedergeſchlagen war, nunmehro mit unaus-
ſprechlicher Freude gekroͤnet zu ſeyn. Nachdem er
ſie nun als dann eine Weile mit verliebten Blicken
und betruͤbten Seuffzern, der ſtummen, aber maͤch-
tigen Beredſamkeit bloͤder und ſchamhaffter Lieb-
haber, bedienet hatte, entdeckte er ihr endlich ſeine
Leidenſchafft in ausdruͤcklichen Terminis, woruͤ-
ber ſie uͤberaus ſtutzig zu werden ſchiene; Als ſie
ſich aber wieder erholet, vermeldete ſie ihm, was

Maſ-
II. Theil. M m
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0565" n="545"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">zweer beru&#x0364;hmten Tu&#x0364;rcken.</hi></fw><lb/>
1&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Januarii</hi> einander Neu-Jahrs-Ge&#x017F;chencke<lb/>
&#x017F;endet,) die&#x017F;er Befehl etwas zu tyranni&#x017F;ch zu &#x017F;eyn:<lb/>
Wannenhero &#x017F;o viel Verwirrung und Schrecken<lb/>
aus &#x017F;einem Ange&#x017F;icht hervor leuchtete, als aus ei-<lb/>
nes <hi rendition="#aq">Ba&#x017F;&#x017F;a</hi> &#x017F;einem, wenn ein &#x017F;tummer Befehlsha-<lb/>
ber, oder Hencker, mit des <hi rendition="#aq">Sultan</hi>s grau&#x017F;amen<lb/><hi rendition="#aq">Ordre,</hi> &#x017F;einen Kopff abzuholen, anko&#x0364;mmet: Er<lb/>
war befu&#x0364;rchtet, er mu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;einer Geliebten etwas zu<lb/>
Leide gethan haben; Und ehe er ga&#x0364;ntzlich aus ih-<lb/>
rer Gnade fallen wollte, fa&#x017F;&#x017F;ete er den Schluß, ih-<lb/>
rem Verlangen doch einiger Ma&#x017F;&#x017F;en zu gehorchen,<lb/>
daß er nehmlich &#x017F;ein Hertz &#x017F;elb&#x017F;ten zu ihr bra&#x0364;chte,<lb/>
wenn er es keinem Bothen anvertrauen wollte. Als<lb/>
er zu ihrem Zimmer hinein trat, nahete er &#x017F;ich ihr mit<lb/>
der gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Submis&#x017F;ion</hi> des getreue&#x017F;ten Liebha-<lb/>
bers. Und als er durch <hi rendition="#aq">Arabell</hi>ens Erklu&#x0364;rung<lb/>
der Meynung ihres Brieffs &#x017F;eines Jrrthums u&#x0364;ber-<lb/>
fu&#x0364;hret wurde, &#x017F;chiene &#x017F;eine Ge&#x017F;talt, welche zuvor<lb/>
gantz niederge&#x017F;chlagen war, nunmehro mit unaus-<lb/>
&#x017F;prechlicher Freude gekro&#x0364;net zu &#x017F;eyn. Nachdem er<lb/>
&#x017F;ie nun als dann eine Weile mit verliebten Blicken<lb/>
und betru&#x0364;bten Seuffzern, der &#x017F;tummen, aber ma&#x0364;ch-<lb/>
tigen Bered&#x017F;amkeit blo&#x0364;der und &#x017F;chamhaffter Lieb-<lb/>
haber, bedienet hatte, entdeckte er ihr endlich &#x017F;eine<lb/>
Leiden&#x017F;chafft in ausdru&#x0364;cklichen <hi rendition="#aq">Terminis,</hi> woru&#x0364;-<lb/>
ber &#x017F;ie u&#x0364;beraus &#x017F;tutzig zu werden &#x017F;chiene; Als &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich aber wieder erholet, vermeldete &#x017F;ie ihm, was<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#fr">Theil.</hi> M m</fw><fw place="bottom" type="catch">Ma&#x017F;-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[545/0565] zweer beruͤhmten Tuͤrcken. 1ſten Januarii einander Neu-Jahrs-Geſchencke ſendet,) dieſer Befehl etwas zu tyranniſch zu ſeyn: Wannenhero ſo viel Verwirrung und Schrecken aus ſeinem Angeſicht hervor leuchtete, als aus ei- nes Baſſa ſeinem, wenn ein ſtummer Befehlsha- ber, oder Hencker, mit des Sultans grauſamen Ordre, ſeinen Kopff abzuholen, ankoͤmmet: Er war befuͤrchtet, er muͤſte ſeiner Geliebten etwas zu Leide gethan haben; Und ehe er gaͤntzlich aus ih- rer Gnade fallen wollte, faſſete er den Schluß, ih- rem Verlangen doch einiger Maſſen zu gehorchen, daß er nehmlich ſein Hertz ſelbſten zu ihr braͤchte, wenn er es keinem Bothen anvertrauen wollte. Als er zu ihrem Zimmer hinein trat, nahete er ſich ihr mit der groͤſſeſten Submisſion des getreueſten Liebha- bers. Und als er durch Arabellens Erkluͤrung der Meynung ihres Brieffs ſeines Jrrthums uͤber- fuͤhret wurde, ſchiene ſeine Geſtalt, welche zuvor gantz niedergeſchlagen war, nunmehro mit unaus- ſprechlicher Freude gekroͤnet zu ſeyn. Nachdem er ſie nun als dann eine Weile mit verliebten Blicken und betruͤbten Seuffzern, der ſtummen, aber maͤch- tigen Beredſamkeit bloͤder und ſchamhaffter Lieb- haber, bedienet hatte, entdeckte er ihr endlich ſeine Leidenſchafft in ausdruͤcklichen Terminis, woruͤ- ber ſie uͤberaus ſtutzig zu werden ſchiene; Als ſie ſich aber wieder erholet, vermeldete ſie ihm, was Maſ- II. Theil. M m

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/565
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 545. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/565>, abgerufen am 21.11.2024.