Gurgi Nebi laß diesen Brieff mit keiner schlechten Zufriedenheit; Nichts destoweniger verspührte sie, als er sie bald darauf besuchte, noch einiges Mißvergnügen aus seinen Blicken, und abgebrochnen Discoursen, woraus sie schlos- se, daß ein würcklicher Kummer sein Hertz, we- gen der Befürchtung, als ob er aus ihrer Gunst gefallen, besessen habe. Mein Werthester! sagte sie demnach: Jch weiß, sie tadeln mein Mißtrauen bey sich selbsten, und glaube gar gerne, daß die Billigkeit ih- rer Liebe dero Betrachtungen über mei- ne letztere verstellte Grausamkeit ver- theidigen wird: Jch muß bekennen, ich war ein wenig zu strenge, daß ich dero Treue in Zweiffel zoge. Gleich- wie es aber nur aus einer Prüfung dessen, was ich ohne falsch zu seyn be- finde, geschahe; Also werden sie die Härtigkeit ihrer Straffe meine Belei- digung nicht übertreffen lassen: Sin- temal ich sie feyerlich versichre, daß sie, und zwar sie allein, die eintzige Person sind, die ich in diesem Stück für mei- nen Himmel halte. Nachdem also Ceci- liens Reue, und sein versöhnliches Naturel in
einem
zweer beruͤhmten Tuͤrcken.
Gurgi Nebi laß dieſen Brieff mit keiner ſchlechten Zufriedenheit; Nichts deſtoweniger verſpuͤhrte ſie, als er ſie bald darauf beſuchte, noch einiges Mißvergnuͤgen aus ſeinen Blicken, und abgebrochnen Diſcourſen, woraus ſie ſchloſ- ſe, daß ein wuͤrcklicher Kummer ſein Hertz, we- gen der Befuͤrchtung, als ob er aus ihrer Gunſt gefallen, beſeſſen habe. Mein Wertheſter! ſagte ſie demnach: Jch weiß, ſie tadeln mein Mißtrauen bey ſich ſelbſten, und glaube gar gerne, daß die Billigkeit ih- rer Liebe dero Betrachtungen uͤber mei- ne letztere verſtellte Grauſamkeit ver- theidigen wird: Jch muß bekennen, ich war ein wenig zu ſtrenge, daß ich dero Treue in Zweiffel zoge. Gleich- wie es aber nur aus einer Pruͤfung deſſen, was ich ohne falſch zu ſeyn be- finde, geſchahe; Alſo werden ſie die Haͤrtigkeit ihrer Straffe meine Belei- digung nicht uͤbertreffen laſſen: Sin- temal ich ſie feyerlich verſichre, daß ſie, und zwar ſie allein, die eintzige Perſon ſind, die ich in dieſem Stuͤck fuͤr mei- nen Himmel halte. Nachdem alſo Ceci- liens Reue, und ſein verſoͤhnliches Naturel in
einem
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zweer beruͤhmten Tuͤrcken.
Gurgi Nebi laß dieſen Brieff mit keiner
ſchlechten Zufriedenheit; Nichts deſtoweniger
verſpuͤhrte ſie, als er ſie bald darauf beſuchte,
noch einiges Mißvergnuͤgen aus ſeinen Blicken,
und abgebrochnen Diſcourſen, woraus ſie ſchloſ-
ſe, daß ein wuͤrcklicher Kummer ſein Hertz, we-
gen der Befuͤrchtung, als ob er aus ihrer Gunſt
gefallen, beſeſſen habe. Mein Wertheſter!
ſagte ſie demnach: Jch weiß, ſie tadeln
mein Mißtrauen bey ſich ſelbſten, und
glaube gar gerne, daß die Billigkeit ih-
rer Liebe dero Betrachtungen uͤber mei-
ne letztere verſtellte Grauſamkeit ver-
theidigen wird: Jch muß bekennen,
ich war ein wenig zu ſtrenge, daß ich
dero Treue in Zweiffel zoge. Gleich-
wie es aber nur aus einer Pruͤfung
deſſen, was ich ohne falſch zu ſeyn be-
finde, geſchahe; Alſo werden ſie die
Haͤrtigkeit ihrer Straffe meine Belei-
digung nicht uͤbertreffen laſſen: Sin-
temal ich ſie feyerlich verſichre, daß ſie,
und zwar ſie allein, die eintzige Perſon
ſind, die ich in dieſem Stuͤck fuͤr mei-
nen Himmel halte. Nachdem alſo Ceci-
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Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]
Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers sind fingiert. Die Angaben basieren auf dem Katalogeintrag der Bayerische Staatsbibliothek München sowie Weller (Druckorte), Bd. 1, S. 70. - Bibliogr. Nachweis: BLC to 1975, Bd. 186, S. 449.
Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/575>, abgerufen am 21.11.2024.
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