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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize.
vor fremden Reizen geschützt, abgesehen von der inneren und
äusseren Oberfläche. Die Reize, welche wirken, sind somit
blos die functionellen Reize, so der Impuls für Ganglien-, Ner-
ven-, Muskel- und manche Drüsenzellen, Druck und Zug für
die Binde- oder Stützsubstanzen, für Knochen, Knorpel, Binde-
gewebe und elastisches Gewebe.

Es wird also, wenn die Anpassung an den ausschliesslich
einwirkenden Reiz durch den Kampf der Theile erfolgt ist,
jedes Organ um so grösser sich entfalten, je häufiger der Reiz
einwirkt. Da diese Reize aber blos infolge der Thätigkeit des
ganzen Organismus stattfinden, indem sie alle direct oder in-
direct von dem Reizcentrum in dem Gehirn abhängen, so wer-
den sie eben blos das für den ganzen Organismus Zweck-
mässige hervorbringen, also direct das Zweckmässige für die
Erhaltung des Individuums gestalten, wie dies bekanntermassen
in den genannten Organen nach Lamarck, Darwin und
Anderen nach der Darlegung im Kapitel I stattfindet. Wir
erinnern für die Grösse solcher Uebercompensation an die Unter-
suchungen von Volkmann 1), welche angaben, dass die Blut-
gefässe das Zehn- bis Vierzehnfache ihrer normalen Spannung
auszuhalten vermögen; von den Muskeln weiss jeder, dass,
wenn er in der Jugend mit zehnpfündigen Hanteln zu üben
angefangen hat, welche er nur mit grösster Willensanstrengung
in gewisser Weise zu heben vermochte, er dies nach einiger
Zeit mit Leichtigkeit kann und jetzt bei derselben stärksten
Willensanstrengung vierzehn- oder sechzehnpfündige Hanteln
zu bewegen vermag. Ebenso ist durch alltägliche Erfahrung
bekannt, dass die Knochen und Bänder normaler Weise viel
grössere Belastungen auszuhalten vermögen, als an welche sie
durch gewohnten Gebrauch angepasst sind. So finden wir in

1) Volkmann, Haemodynamik. p. 290.
Roux, Kampf der Theile. 8

III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize.
vor fremden Reizen geschützt, abgesehen von der inneren und
äusseren Oberfläche. Die Reize, welche wirken, sind somit
blos die functionellen Reize, so der Impuls für Ganglien-, Ner-
ven-, Muskel- und manche Drüsenzellen, Druck und Zug für
die Binde- oder Stützsubstanzen, für Knochen, Knorpel, Binde-
gewebe und elastisches Gewebe.

Es wird also, wenn die Anpassung an den ausschliesslich
einwirkenden Reiz durch den Kampf der Theile erfolgt ist,
jedes Organ um so grösser sich entfalten, je häufiger der Reiz
einwirkt. Da diese Reize aber blos infolge der Thätigkeit des
ganzen Organismus stattfinden, indem sie alle direct oder in-
direct von dem Reizcentrum in dem Gehirn abhängen, so wer-
den sie eben blos das für den ganzen Organismus Zweck-
mässige hervorbringen, also direct das Zweckmässige für die
Erhaltung des Individuums gestalten, wie dies bekanntermassen
in den genannten Organen nach Lamarck, Darwin und
Anderen nach der Darlegung im Kapitel I stattfindet. Wir
erinnern für die Grösse solcher Uebercompensation an die Unter-
suchungen von Volkmann 1), welche angaben, dass die Blut-
gefässe das Zehn- bis Vierzehnfache ihrer normalen Spannung
auszuhalten vermögen; von den Muskeln weiss jeder, dass,
wenn er in der Jugend mit zehnpfündigen Hanteln zu üben
angefangen hat, welche er nur mit grösster Willensanstrengung
in gewisser Weise zu heben vermochte, er dies nach einiger
Zeit mit Leichtigkeit kann und jetzt bei derselben stärksten
Willensanstrengung vierzehn- oder sechzehnpfündige Hanteln
zu bewegen vermag. Ebenso ist durch alltägliche Erfahrung
bekannt, dass die Knochen und Bänder normaler Weise viel
grössere Belastungen auszuhalten vermögen, als an welche sie
durch gewohnten Gebrauch angepasst sind. So finden wir in

1) Volkmann, Haemodynamik. p. 290.
Roux, Kampf der Theile. 8
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[113/0127] III. Nachweis der trophischen Wirkung der functionellen Reize. vor fremden Reizen geschützt, abgesehen von der inneren und äusseren Oberfläche. Die Reize, welche wirken, sind somit blos die functionellen Reize, so der Impuls für Ganglien-, Ner- ven-, Muskel- und manche Drüsenzellen, Druck und Zug für die Binde- oder Stützsubstanzen, für Knochen, Knorpel, Binde- gewebe und elastisches Gewebe. Es wird also, wenn die Anpassung an den ausschliesslich einwirkenden Reiz durch den Kampf der Theile erfolgt ist, jedes Organ um so grösser sich entfalten, je häufiger der Reiz einwirkt. Da diese Reize aber blos infolge der Thätigkeit des ganzen Organismus stattfinden, indem sie alle direct oder in- direct von dem Reizcentrum in dem Gehirn abhängen, so wer- den sie eben blos das für den ganzen Organismus Zweck- mässige hervorbringen, also direct das Zweckmässige für die Erhaltung des Individuums gestalten, wie dies bekanntermassen in den genannten Organen nach Lamarck, Darwin und Anderen nach der Darlegung im Kapitel I stattfindet. Wir erinnern für die Grösse solcher Uebercompensation an die Unter- suchungen von Volkmann 1), welche angaben, dass die Blut- gefässe das Zehn- bis Vierzehnfache ihrer normalen Spannung auszuhalten vermögen; von den Muskeln weiss jeder, dass, wenn er in der Jugend mit zehnpfündigen Hanteln zu üben angefangen hat, welche er nur mit grösster Willensanstrengung in gewisser Weise zu heben vermochte, er dies nach einiger Zeit mit Leichtigkeit kann und jetzt bei derselben stärksten Willensanstrengung vierzehn- oder sechzehnpfündige Hanteln zu bewegen vermag. Ebenso ist durch alltägliche Erfahrung bekannt, dass die Knochen und Bänder normaler Weise viel grössere Belastungen auszuhalten vermögen, als an welche sie durch gewohnten Gebrauch angepasst sind. So finden wir in 1) Volkmann, Haemodynamik. p. 290. Roux, Kampf der Theile. 8

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/127>, abgerufen am 21.11.2024.