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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize.
schieden genug sind, um dennoch vielleicht annäherungsweise
das Richtige zu erkennen. Von grossem Werthe werden dabei
die Uebergangszonen zwischen diesen verschiedenen Differen-
zirungen desselben Blastemes sein.

Der Grad der Anpassung des Gewebes oder der Zellen
an den specifischen Reiz konnte nach dem im Kapitel
von dem Kampf der Theile Dargelegten ein verschiedener sein.
Einmal derartig, dass der Reiz zwar die Assimilation zu stär-
ken im Stande ist, dass aber die organischen Substanzen auch
ohne Reiz sich einigermassen zu regeneriren, also zu erhalten
vermögen; ebenso wie wir annehmen, dass sie auch ohne Reiz
sich, wenn auch langsamer, so doch continuirlich zersetzen.

Die im Kapitel III erwähnten Versuche an den Muskeln,
Drüsen und Nerven ergaben aber nach Reizentziehung eine so
rasche Entartung der Theile, dass der Reiz als unerlässlich
nöthig zur Erhaltung für dieselben angesehen werden muss.
Von unseren Seelenfunctionen ferner wissen wir, wie gering sie
bleiben, wenn in der Jugend die Anregung derselben versäumt
wird, und wie die Aufnahmefähigkeit durch längere geistige
und sinnliche Unthätigkeit herabgesetzt wird, so dass auch hier
der functionelle Reiz zur normalen Erhaltung unerlässlich nöthig
zu sein scheint. Auch hatten wir Veranlassung anzunehmen,
dass die matrices der Bindesubstanzen physiologischer Weise
keine Intercellularsubstanz absondern, wenn sie nicht gereizt
werden, wenn ihnen also nicht lebendige Kraft zugeführt wird.
Es scheint daher, dass die Gewebe der höheren Thiere in ähn-
licher Weise des Reizes zu ihrem normalen Leben bedürfen,
wie die Pflanzen. Ob dies auch für die niederen Thiere gilt,
ist natürlich ohne entsprechende Beobachtungen nicht zu beur-
theilen. Wohl aber deutet die hohe Regenerationsfähigkeit,
welche nach früheren Untersuchungen und nach den jüngsten

Roux, Kampf der Theile. 12

IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize.
schieden genug sind, um dennoch vielleicht annäherungsweise
das Richtige zu erkennen. Von grossem Werthe werden dabei
die Uebergangszonen zwischen diesen verschiedenen Differen-
zirungen desselben Blastemes sein.

Der Grad der Anpassung des Gewebes oder der Zellen
an den specifischen Reiz konnte nach dem im Kapitel
von dem Kampf der Theile Dargelegten ein verschiedener sein.
Einmal derartig, dass der Reiz zwar die Assimilation zu stär-
ken im Stande ist, dass aber die organischen Substanzen auch
ohne Reiz sich einigermassen zu regeneriren, also zu erhalten
vermögen; ebenso wie wir annehmen, dass sie auch ohne Reiz
sich, wenn auch langsamer, so doch continuirlich zersetzen.

Die im Kapitel III erwähnten Versuche an den Muskeln,
Drüsen und Nerven ergaben aber nach Reizentziehung eine so
rasche Entartung der Theile, dass der Reiz als unerlässlich
nöthig zur Erhaltung für dieselben angesehen werden muss.
Von unseren Seelenfunctionen ferner wissen wir, wie gering sie
bleiben, wenn in der Jugend die Anregung derselben versäumt
wird, und wie die Aufnahmefähigkeit durch längere geistige
und sinnliche Unthätigkeit herabgesetzt wird, so dass auch hier
der functionelle Reiz zur normalen Erhaltung unerlässlich nöthig
zu sein scheint. Auch hatten wir Veranlassung anzunehmen,
dass die matrices der Bindesubstanzen physiologischer Weise
keine Intercellularsubstanz absondern, wenn sie nicht gereizt
werden, wenn ihnen also nicht lebendige Kraft zugeführt wird.
Es scheint daher, dass die Gewebe der höheren Thiere in ähn-
licher Weise des Reizes zu ihrem normalen Leben bedürfen,
wie die Pflanzen. Ob dies auch für die niederen Thiere gilt,
ist natürlich ohne entsprechende Beobachtungen nicht zu beur-
theilen. Wohl aber deutet die hohe Regenerationsfähigkeit,
welche nach früheren Untersuchungen und nach den jüngsten

Roux, Kampf der Theile. 12
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[177/0191] IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize. schieden genug sind, um dennoch vielleicht annäherungsweise das Richtige zu erkennen. Von grossem Werthe werden dabei die Uebergangszonen zwischen diesen verschiedenen Differen- zirungen desselben Blastemes sein. Der Grad der Anpassung des Gewebes oder der Zellen an den specifischen Reiz konnte nach dem im Kapitel von dem Kampf der Theile Dargelegten ein verschiedener sein. Einmal derartig, dass der Reiz zwar die Assimilation zu stär- ken im Stande ist, dass aber die organischen Substanzen auch ohne Reiz sich einigermassen zu regeneriren, also zu erhalten vermögen; ebenso wie wir annehmen, dass sie auch ohne Reiz sich, wenn auch langsamer, so doch continuirlich zersetzen. Die im Kapitel III erwähnten Versuche an den Muskeln, Drüsen und Nerven ergaben aber nach Reizentziehung eine so rasche Entartung der Theile, dass der Reiz als unerlässlich nöthig zur Erhaltung für dieselben angesehen werden muss. Von unseren Seelenfunctionen ferner wissen wir, wie gering sie bleiben, wenn in der Jugend die Anregung derselben versäumt wird, und wie die Aufnahmefähigkeit durch längere geistige und sinnliche Unthätigkeit herabgesetzt wird, so dass auch hier der functionelle Reiz zur normalen Erhaltung unerlässlich nöthig zu sein scheint. Auch hatten wir Veranlassung anzunehmen, dass die matrices der Bindesubstanzen physiologischer Weise keine Intercellularsubstanz absondern, wenn sie nicht gereizt werden, wenn ihnen also nicht lebendige Kraft zugeführt wird. Es scheint daher, dass die Gewebe der höheren Thiere in ähn- licher Weise des Reizes zu ihrem normalen Leben bedürfen, wie die Pflanzen. Ob dies auch für die niederen Thiere gilt, ist natürlich ohne entsprechende Beobachtungen nicht zu beur- theilen. Wohl aber deutet die hohe Regenerationsfähigkeit, welche nach früheren Untersuchungen und nach den jüngsten Roux, Kampf der Theile. 12

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/191>, abgerufen am 24.11.2024.