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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize.
musste auch in diesen Richtungen die Faserung vorzugsweise
zur Ausbildung gelangen, wie wir das in der Haut auf der
Streckseite der Gelenke sehen.

Die Wirkung der stärkeren Activitätshypertrophie in den
stärker gebrauchten Richtungen und der ihr folgenden Reizent-
ziehung und Inactivitätsatrophie der weniger gebrauchten Rich-
tungen beschränkt sich nicht blos auf Ausbildung des inneren
Structurdetails der Organe, sondern sie erstreckt sich auch auf
die Ausbildung der Lage und Gestalt ganzer binde-
gewebiger Organe
und ihre Producte tragen auch hier
wieder den Charakter höchster Zweckmässigkeit.

Denken wir uns z. B. die Harnblase als eben phylogene-
tisch neu entstandenes kleines Organ in der Wirbelthierreihe
und als solches nur durch ein wenig Bindegewebe, in welchem
keinerlei Sonderung von Faserzügen zu unterscheiden ist, an
der vorderen Bauchwand befestigt. Wenn nun dieses Organ
längere Zeit bestehen bleibt und wächst, so werden in der
befestigenden gleichartigen Bindegewebsschicht allmählich Diffe-
renzirungen eintreten, welche davon herrühren, dass der Zug
des Organes und seines Inhaltes in manchen theils von der
gewohnten Haltung des Thieres, theils von den Configurations-
verhältnissen der Umgebung abhängigen Richtungen und an
manchen Stellen stärker wird. Indem an diesen am stärksten in
Anspruch genommenen Stellen das befestigende Gewebe hyper-
trophirt, wird das umgebende und zwischenliegende Gewebe
mehr und mehr entspannt und demgemäss atrophiren, genau
wie vorhin in den kleineren Verhältnissen innerhalb der
Organe. Sobald die bevorzugten Stellen stark genug sind, um
den Zug allein auszuhalten, ist die Umgebung derselben ganz
entspannt und wird ganz atrophiren, sodass die verstärkten
Theile jetzt als discrete Bänder erscheinen. Diese Discre-
tion wird um so stärker ausgeprägt sein, je constanter die Rich-

IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize.
musste auch in diesen Richtungen die Faserung vorzugsweise
zur Ausbildung gelangen, wie wir das in der Haut auf der
Streckseite der Gelenke sehen.

Die Wirkung der stärkeren Activitätshypertrophie in den
stärker gebrauchten Richtungen und der ihr folgenden Reizent-
ziehung und Inactivitätsatrophie der weniger gebrauchten Rich-
tungen beschränkt sich nicht blos auf Ausbildung des inneren
Structurdetails der Organe, sondern sie erstreckt sich auch auf
die Ausbildung der Lage und Gestalt ganzer binde-
gewebiger Organe
und ihre Producte tragen auch hier
wieder den Charakter höchster Zweckmässigkeit.

Denken wir uns z. B. die Harnblase als eben phylogene-
tisch neu entstandenes kleines Organ in der Wirbelthierreihe
und als solches nur durch ein wenig Bindegewebe, in welchem
keinerlei Sonderung von Faserzügen zu unterscheiden ist, an
der vorderen Bauchwand befestigt. Wenn nun dieses Organ
längere Zeit bestehen bleibt und wächst, so werden in der
befestigenden gleichartigen Bindegewebsschicht allmählich Diffe-
renzirungen eintreten, welche davon herrühren, dass der Zug
des Organes und seines Inhaltes in manchen theils von der
gewohnten Haltung des Thieres, theils von den Configurations-
verhältnissen der Umgebung abhängigen Richtungen und an
manchen Stellen stärker wird. Indem an diesen am stärksten in
Anspruch genommenen Stellen das befestigende Gewebe hyper-
trophirt, wird das umgebende und zwischenliegende Gewebe
mehr und mehr entspannt und demgemäss atrophiren, genau
wie vorhin in den kleineren Verhältnissen innerhalb der
Organe. Sobald die bevorzugten Stellen stark genug sind, um
den Zug allein auszuhalten, ist die Umgebung derselben ganz
entspannt und wird ganz atrophiren, sodass die verstärkten
Theile jetzt als discrete Bänder erscheinen. Diese Discre-
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[191/0205] IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize. musste auch in diesen Richtungen die Faserung vorzugsweise zur Ausbildung gelangen, wie wir das in der Haut auf der Streckseite der Gelenke sehen. Die Wirkung der stärkeren Activitätshypertrophie in den stärker gebrauchten Richtungen und der ihr folgenden Reizent- ziehung und Inactivitätsatrophie der weniger gebrauchten Rich- tungen beschränkt sich nicht blos auf Ausbildung des inneren Structurdetails der Organe, sondern sie erstreckt sich auch auf die Ausbildung der Lage und Gestalt ganzer binde- gewebiger Organe und ihre Producte tragen auch hier wieder den Charakter höchster Zweckmässigkeit. Denken wir uns z. B. die Harnblase als eben phylogene- tisch neu entstandenes kleines Organ in der Wirbelthierreihe und als solches nur durch ein wenig Bindegewebe, in welchem keinerlei Sonderung von Faserzügen zu unterscheiden ist, an der vorderen Bauchwand befestigt. Wenn nun dieses Organ längere Zeit bestehen bleibt und wächst, so werden in der befestigenden gleichartigen Bindegewebsschicht allmählich Diffe- renzirungen eintreten, welche davon herrühren, dass der Zug des Organes und seines Inhaltes in manchen theils von der gewohnten Haltung des Thieres, theils von den Configurations- verhältnissen der Umgebung abhängigen Richtungen und an manchen Stellen stärker wird. Indem an diesen am stärksten in Anspruch genommenen Stellen das befestigende Gewebe hyper- trophirt, wird das umgebende und zwischenliegende Gewebe mehr und mehr entspannt und demgemäss atrophiren, genau wie vorhin in den kleineren Verhältnissen innerhalb der Organe. Sobald die bevorzugten Stellen stark genug sind, um den Zug allein auszuhalten, ist die Umgebung derselben ganz entspannt und wird ganz atrophiren, sodass die verstärkten Theile jetzt als discrete Bänder erscheinen. Diese Discre- tion wird um so stärker ausgeprägt sein, je constanter die Rich-

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/205>, abgerufen am 23.11.2024.