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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize.
können. Selbst im erwachsenen Individuum musste noch einigen
Geweben, den Deckepithelien und den Stützgeweben, die Mög-
lichkeit zuerkannt werden, blos infolge künstlich vermehrter
Nahrungszufuhr stärker zu wachsen. Jeder Arzt kennt die oft sehr
beträchtlichen Knochenverdickungen des Schienbeins nach heftigen
mechanischen Insulten (wobei nebenher aber auch die Osteoblasten
selber gereizt werden) und die Vermehrung des Bindegewebes
bei chronischen Entzündungen. Diese Bildungen sind aber nicht
dauerfähig, sondern sie schwinden allmählich wieder nach dem
Maasse und nach der Geschwindigkeit des Stoffwechsels, wel-
chem das betreffende Gewebe unterworfen ist. Eine Restitution
des Geschwundenen nach dem Aufhören der Entstehungsursache
kann nicht stattfinden, ausser wenn die Bildung durch vieljährige
Dauer der Ursache zu einer stabilen, aus sich selbst erhaltungs-
fähigen geworden ist. Uebrigens muss auch hier wieder, wie
schon oben, daran erinnert werden, dass wir zumeist nicht
wissen, ob selbst bei diesen Geweben die durch den Reiz her-
vorgebrachte Hyperaemie die alleinige Ursache der Gewebs-
vermehrung gewesen ist.

Da also die functionellen Reize so viel Zweckmässiges
hervorbringen, so ist noch ein Wort über die Reizcentrali-
sation
des ganzen Individuums zu sagen, indem von ihr die
für das Ganze zweckmässige Ausbildung der Theile abhängt.
Die vom Gehirn ausgehenden Willensimpulse gehen durch die
Ganglienzellenlager und die Nerven zu den Muskeln und be-
einflussen damit, neben der Ausbildung dieser Theile, zugleich
auch die ihrer Stützorgane, der Neuroglia (des Nervenkitts),
der Sehnen, Knochen, Knorpel, Bänder und Fascien in quanti-
tativer Weise. Indem von diesem Willenscentrum vermittelst
der Bewegungsorgane auch die Zufuhr von Substanzen in den
Körper stattfindet, unterliegen auch die Reize, welche von der
inneren Oberfläche aus auf den Körper, auf die Verdauungs-

IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize.
können. Selbst im erwachsenen Individuum musste noch einigen
Geweben, den Deckepithelien und den Stützgeweben, die Mög-
lichkeit zuerkannt werden, blos infolge künstlich vermehrter
Nahrungszufuhr stärker zu wachsen. Jeder Arzt kennt die oft sehr
beträchtlichen Knochenverdickungen des Schienbeins nach heftigen
mechanischen Insulten (wobei nebenher aber auch die Osteoblasten
selber gereizt werden) und die Vermehrung des Bindegewebes
bei chronischen Entzündungen. Diese Bildungen sind aber nicht
dauerfähig, sondern sie schwinden allmählich wieder nach dem
Maasse und nach der Geschwindigkeit des Stoffwechsels, wel-
chem das betreffende Gewebe unterworfen ist. Eine Restitution
des Geschwundenen nach dem Aufhören der Entstehungsursache
kann nicht stattfinden, ausser wenn die Bildung durch vieljährige
Dauer der Ursache zu einer stabilen, aus sich selbst erhaltungs-
fähigen geworden ist. Uebrigens muss auch hier wieder, wie
schon oben, daran erinnert werden, dass wir zumeist nicht
wissen, ob selbst bei diesen Geweben die durch den Reiz her-
vorgebrachte Hyperaemie die alleinige Ursache der Gewebs-
vermehrung gewesen ist.

Da also die functionellen Reize so viel Zweckmässiges
hervorbringen, so ist noch ein Wort über die Reizcentrali-
sation
des ganzen Individuums zu sagen, indem von ihr die
für das Ganze zweckmässige Ausbildung der Theile abhängt.
Die vom Gehirn ausgehenden Willensimpulse gehen durch die
Ganglienzellenlager und die Nerven zu den Muskeln und be-
einflussen damit, neben der Ausbildung dieser Theile, zugleich
auch die ihrer Stützorgane, der Neuroglia (des Nervenkitts),
der Sehnen, Knochen, Knorpel, Bänder und Fascien in quanti-
tativer Weise. Indem von diesem Willenscentrum vermittelst
der Bewegungsorgane auch die Zufuhr von Substanzen in den
Körper stattfindet, unterliegen auch die Reize, welche von der
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[208/0222] IV. Differenzirende u. gestaltende Wirkungen der function. Reize. können. Selbst im erwachsenen Individuum musste noch einigen Geweben, den Deckepithelien und den Stützgeweben, die Mög- lichkeit zuerkannt werden, blos infolge künstlich vermehrter Nahrungszufuhr stärker zu wachsen. Jeder Arzt kennt die oft sehr beträchtlichen Knochenverdickungen des Schienbeins nach heftigen mechanischen Insulten (wobei nebenher aber auch die Osteoblasten selber gereizt werden) und die Vermehrung des Bindegewebes bei chronischen Entzündungen. Diese Bildungen sind aber nicht dauerfähig, sondern sie schwinden allmählich wieder nach dem Maasse und nach der Geschwindigkeit des Stoffwechsels, wel- chem das betreffende Gewebe unterworfen ist. Eine Restitution des Geschwundenen nach dem Aufhören der Entstehungsursache kann nicht stattfinden, ausser wenn die Bildung durch vieljährige Dauer der Ursache zu einer stabilen, aus sich selbst erhaltungs- fähigen geworden ist. Uebrigens muss auch hier wieder, wie schon oben, daran erinnert werden, dass wir zumeist nicht wissen, ob selbst bei diesen Geweben die durch den Reiz her- vorgebrachte Hyperaemie die alleinige Ursache der Gewebs- vermehrung gewesen ist. Da also die functionellen Reize so viel Zweckmässiges hervorbringen, so ist noch ein Wort über die Reizcentrali- sation des ganzen Individuums zu sagen, indem von ihr die für das Ganze zweckmässige Ausbildung der Theile abhängt. Die vom Gehirn ausgehenden Willensimpulse gehen durch die Ganglienzellenlager und die Nerven zu den Muskeln und be- einflussen damit, neben der Ausbildung dieser Theile, zugleich auch die ihrer Stützorgane, der Neuroglia (des Nervenkitts), der Sehnen, Knochen, Knorpel, Bänder und Fascien in quanti- tativer Weise. Indem von diesem Willenscentrum vermittelst der Bewegungsorgane auch die Zufuhr von Substanzen in den Körper stattfindet, unterliegen auch die Reize, welche von der inneren Oberfläche aus auf den Körper, auf die Verdauungs-

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/222>, abgerufen am 23.11.2024.