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Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

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I. Die functionelle Anpassung.
nicht zu viel gesagt haben, als wir von Millionen Einzeleigen-
schaften redeten, geht daraus hervor, dass die Elementartheile
fast aller Organe des Körpers mehr oder weniger umgeändert
werden müssen; wir hätten daher wohl richtiger von Milliarden
reden können.

Es müsste nicht blos hier, sondern es müsste überall bei
der weiteren Entwickelung der Organe dasjenige, was die
functionelle Anpassung in tausend Theilen des Organismus gleich-
zeitig Zweckmässiges geschaffen hätte, dann erst durch Tausende
von Generationen dauernde zufällige Variationen und Auslese
immer wieder von Neuem, aber in vererbbarer Form, erworben
worden sein und erworben werden, wenn die Wirkung der
functionellen Anpassung absolut nicht vererblich wäre. Ueber-
tragen sich dagegen ihre Bildungen, sobald sie mehrere Gene-
rationen hindurch erworben und erhalten worden sind, auf die
Nachkommen, so findet damit eine grosse Zahl der Zweckmässig-
keiten des thierischen Organismus ihre Erklärung, sofern nur
die functionelle Anpassung selber erklärt ist, und es ist ver-
ständlich, dass bei den Menschen diese Vererbung sehr gering
ist, weil fast jede Generation eine andere Lebensweise und
Beschäftigung hat und die ungemeine Vielseitigkeit der Thätig-
keit des Individuums mit der Ausbildung fester Mechanismen
auch ihre Vererbung erschwert. Deshalb finden wir bei ihnen
blos diejenigen functionellen Anpassungen vererbt, welche trotz
des sonstigen allgemeinen Wechsels constant sind: die Coordi-
nationen der Muttersprache, die coordinirten Augenbewegungen
und die allgemeinsten Begriffe von Raum, Zeit, Causalität.

Die Sprach- und Augenmuskel-Coordinationen müssen, wenn
sie irgend etwas nützen sollen, immer gleich in so viel tausend
Ganglienzellen-Verbindungen stattfinden, dass eine Entstehung
durch zufällige embryonale Variation und Summirung derselben
durch Auslese nicht möglich ist, und wenn also eine Disposition

I. Die functionelle Anpassung.
nicht zu viel gesagt haben, als wir von Millionen Einzeleigen-
schaften redeten, geht daraus hervor, dass die Elementartheile
fast aller Organe des Körpers mehr oder weniger umgeändert
werden müssen; wir hätten daher wohl richtiger von Milliarden
reden können.

Es müsste nicht blos hier, sondern es müsste überall bei
der weiteren Entwickelung der Organe dasjenige, was die
functionelle Anpassung in tausend Theilen des Organismus gleich-
zeitig Zweckmässiges geschaffen hätte, dann erst durch Tausende
von Generationen dauernde zufällige Variationen und Auslese
immer wieder von Neuem, aber in vererbbarer Form, erworben
worden sein und erworben werden, wenn die Wirkung der
functionellen Anpassung absolut nicht vererblich wäre. Ueber-
tragen sich dagegen ihre Bildungen, sobald sie mehrere Gene-
rationen hindurch erworben und erhalten worden sind, auf die
Nachkommen, so findet damit eine grosse Zahl der Zweckmässig-
keiten des thierischen Organismus ihre Erklärung, sofern nur
die functionelle Anpassung selber erklärt ist, und es ist ver-
ständlich, dass bei den Menschen diese Vererbung sehr gering
ist, weil fast jede Generation eine andere Lebensweise und
Beschäftigung hat und die ungemeine Vielseitigkeit der Thätig-
keit des Individuums mit der Ausbildung fester Mechanismen
auch ihre Vererbung erschwert. Deshalb finden wir bei ihnen
blos diejenigen functionellen Anpassungen vererbt, welche trotz
des sonstigen allgemeinen Wechsels constant sind: die Coordi-
nationen der Muttersprache, die coordinirten Augenbewegungen
und die allgemeinsten Begriffe von Raum, Zeit, Causalität.

Die Sprach- und Augenmuskel-Coordinationen müssen, wenn
sie irgend etwas nützen sollen, immer gleich in so viel tausend
Ganglienzellen-Verbindungen stattfinden, dass eine Entstehung
durch zufällige embryonale Variation und Summirung derselben
durch Auslese nicht möglich ist, und wenn also eine Disposition

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[46/0060] I. Die functionelle Anpassung. nicht zu viel gesagt haben, als wir von Millionen Einzeleigen- schaften redeten, geht daraus hervor, dass die Elementartheile fast aller Organe des Körpers mehr oder weniger umgeändert werden müssen; wir hätten daher wohl richtiger von Milliarden reden können. Es müsste nicht blos hier, sondern es müsste überall bei der weiteren Entwickelung der Organe dasjenige, was die functionelle Anpassung in tausend Theilen des Organismus gleich- zeitig Zweckmässiges geschaffen hätte, dann erst durch Tausende von Generationen dauernde zufällige Variationen und Auslese immer wieder von Neuem, aber in vererbbarer Form, erworben worden sein und erworben werden, wenn die Wirkung der functionellen Anpassung absolut nicht vererblich wäre. Ueber- tragen sich dagegen ihre Bildungen, sobald sie mehrere Gene- rationen hindurch erworben und erhalten worden sind, auf die Nachkommen, so findet damit eine grosse Zahl der Zweckmässig- keiten des thierischen Organismus ihre Erklärung, sofern nur die functionelle Anpassung selber erklärt ist, und es ist ver- ständlich, dass bei den Menschen diese Vererbung sehr gering ist, weil fast jede Generation eine andere Lebensweise und Beschäftigung hat und die ungemeine Vielseitigkeit der Thätig- keit des Individuums mit der Ausbildung fester Mechanismen auch ihre Vererbung erschwert. Deshalb finden wir bei ihnen blos diejenigen functionellen Anpassungen vererbt, welche trotz des sonstigen allgemeinen Wechsels constant sind: die Coordi- nationen der Muttersprache, die coordinirten Augenbewegungen und die allgemeinsten Begriffe von Raum, Zeit, Causalität. Die Sprach- und Augenmuskel-Coordinationen müssen, wenn sie irgend etwas nützen sollen, immer gleich in so viel tausend Ganglienzellen-Verbindungen stattfinden, dass eine Entstehung durch zufällige embryonale Variation und Summirung derselben durch Auslese nicht möglich ist, und wenn also eine Disposition

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Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/60>, abgerufen am 30.11.2024.