Lebensluft gedeihe, und sich frisch und kräftig entfalte. Dies gilt für alle Zeiten, alle Stände, wie für jedes Geschlecht. Möge es der Verfas- serin in diesen Briefen gelungen seyn, zu zeigen, wie die allgemeine Wahrheit aufs Jndividuum angewendet werden könne!
Vielleicht bedarf es auch noch ein Wort der Re- chenschaft wegen der Einkleidung in ein Roman- ähnliches Gewand. Liebe Freundinnen, die ihr dessen nicht bedürftet, verzeihet, was das Zeit- alter von dem Buche fodert, das da hoffen will, von Frauen gelesen, und gern gelesen zu seyn.
Nehmet dieses kleine Erziehungs-Gemälde von der Schwesterhand freundlich an. Laßt es euch nahe seyn, betrachtet es in einsamer Abendstunde, bei der Wiege eures schlafenden Kindleins. Er- götzet euch daran in traurigen Nächten, wo ihr den kranken Liebling bewachet. Man lies't ja da so manches als harmlose Zeitkürzung. Wollte ei-
Lebensluft gedeihe, und ſich friſch und kräftig entfalte. Dies gilt für alle Zeiten, alle Stände, wie für jedes Geſchlecht. Möge es der Verfaſ- ſerin in dieſen Briefen gelungen ſeyn, zu zeigen, wie die allgemeine Wahrheit aufs Jndividuum angewendet werden könne!
Vielleicht bedarf es auch noch ein Wort der Re- chenſchaft wegen der Einkleidung in ein Roman- ähnliches Gewand. Liebe Freundinnen, die ihr deſſen nicht bedürftet, verzeihet, was das Zeit- alter von dem Buche fodert, das da hoffen will, von Frauen geleſen, und gern geleſen zu ſeyn.
Nehmet dieſes kleine Erziehungs-Gemälde von der Schweſterhand freundlich an. Laßt es euch nahe ſeyn, betrachtet es in einſamer Abendſtunde, bei der Wiege eures ſchlafenden Kindleins. Er- götzet euch daran in traurigen Nächten, wo ihr den kranken Liebling bewachet. Man lieſ’t ja da ſo manches als harmloſe Zeitkürzung. Wollte ei-
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Lebensluft gedeihe, und ſich friſch und kräftig
entfalte. Dies gilt für alle Zeiten, alle Stände,
wie für jedes Geſchlecht. Möge es der Verfaſ-
ſerin in dieſen Briefen gelungen ſeyn, zu zeigen,
wie die allgemeine Wahrheit aufs Jndividuum
angewendet werden könne!
Vielleicht bedarf es auch noch ein Wort der Re-
chenſchaft wegen der Einkleidung in ein Roman-
ähnliches Gewand. Liebe Freundinnen, die ihr
deſſen nicht bedürftet, verzeihet, was das Zeit-
alter von dem Buche fodert, das da hoffen will,
von Frauen geleſen, und gern geleſen zu ſeyn.
Nehmet dieſes kleine Erziehungs-Gemälde von
der Schweſterhand freundlich an. Laßt es euch
nahe ſeyn, betrachtet es in einſamer Abendſtunde,
bei der Wiege eures ſchlafenden Kindleins. Er-
götzet euch daran in traurigen Nächten, wo ihr
den kranken Liebling bewachet. Man lieſ’t ja da
ſo manches als harmloſe Zeitkürzung. Wollte ei-
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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/13>, abgerufen am 21.11.2024.
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