bald machen wir eine Reise mit einander, da wird man kräftig.
Nun kam er an Deinen Brief, und wer sehr weich ward, waren ausser Woldemar, Platov und ich -- wir alle. -- O Du gute Mutter, wie bist Du es werth, solche Kinder zu haben!
Nach Tisch fuhren wir zusammen nach der Buch- nau. Jch weiß nicht, ob Du dies reizende Thal je gesehen. Es liegt wie im Schooße zweier Ber- ge, oder vielmehr eines Berges mit zwei geson- derten Gipfeln. Einer von diesen Berggipfeln ist mit den schönsten Buchen bewachsen, wovon sich ein Theil bis unten in das Thal verliert. Hier liegen ungeheure Steine, die so behauen sind, als ob sie in der grauen Vorzeit zu Opferaltären gedient hätten. Ein anderer Theil des Gebirgs ist nach der Süd- und Westseite mit Weinreben Kastanien, Pfirsichen und Mandeln bepflanzt. Auf diesem Fleck hat die üppige Vegetation des Lan- des sich in ihrer höchsten Kraft und Fülle gezeigt.
Wohl ist die Weinlese noch nicht da; aber die Trauben reifen schon häufig. Die große Frucht-
bald machen wir eine Reiſe mit einander, da wird man kräftig.
Nun kam er an Deinen Brief, und wer ſehr weich ward, waren auſſer Woldemar, Platov und ich — wir alle. — O Du gute Mutter, wie biſt Du es werth, ſolche Kinder zu haben!
Nach Tiſch fuhren wir zuſammen nach der Buch- nau. Jch weiß nicht, ob Du dies reizende Thal je geſehen. Es liegt wie im Schooße zweier Ber- ge, oder vielmehr eines Berges mit zwei geſon- derten Gipfeln. Einer von dieſen Berggipfeln iſt mit den ſchönſten Buchen bewachſen, wovon ſich ein Theil bis unten in das Thal verliert. Hier liegen ungeheure Steine, die ſo behauen ſind, als ob ſie in der grauen Vorzeit zu Opferaltären gedient hätten. Ein anderer Theil des Gebirgs iſt nach der Süd- und Weſtſeite mit Weinreben Kaſtanien, Pfirſichen und Mandeln bepflanzt. Auf dieſem Fleck hat die üppige Vegetation des Lan- des ſich in ihrer höchſten Kraft und Fülle gezeigt.
Wohl iſt die Weinleſe noch nicht da; aber die Trauben reifen ſchon häufig. Die große Frucht-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0229"n="215"/>
bald machen wir eine Reiſe mit einander, da<lb/>
wird man kräftig.</p><lb/><p>Nun kam er an Deinen Brief, und wer ſehr<lb/>
weich ward, waren auſſer Woldemar, Platov<lb/>
und ich — wir alle. — O Du gute Mutter, wie<lb/>
biſt Du es werth, ſolche Kinder zu haben!</p><lb/><p>Nach Tiſch fuhren wir zuſammen nach der Buch-<lb/>
nau. Jch weiß nicht, ob Du dies reizende Thal<lb/>
je geſehen. Es liegt wie im Schooße zweier Ber-<lb/>
ge, oder vielmehr eines Berges mit zwei geſon-<lb/>
derten Gipfeln. Einer von dieſen Berggipfeln<lb/>
iſt mit den ſchönſten Buchen bewachſen, wovon<lb/>ſich ein Theil bis unten in das Thal verliert. Hier<lb/>
liegen ungeheure Steine, die ſo behauen ſind,<lb/>
als ob ſie in der grauen Vorzeit zu Opferaltären<lb/>
gedient hätten. Ein anderer Theil des Gebirgs<lb/>
iſt nach der Süd- und Weſtſeite mit Weinreben<lb/>
Kaſtanien, Pfirſichen und Mandeln bepflanzt. Auf<lb/>
dieſem Fleck hat die üppige Vegetation des Lan-<lb/>
des ſich in ihrer höchſten Kraft und Fülle gezeigt.</p><lb/><p>Wohl iſt die Weinleſe noch nicht da; aber die<lb/>
Trauben reifen ſchon häufig. Die große Frucht-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[215/0229]
bald machen wir eine Reiſe mit einander, da
wird man kräftig.
Nun kam er an Deinen Brief, und wer ſehr
weich ward, waren auſſer Woldemar, Platov
und ich — wir alle. — O Du gute Mutter, wie
biſt Du es werth, ſolche Kinder zu haben!
Nach Tiſch fuhren wir zuſammen nach der Buch-
nau. Jch weiß nicht, ob Du dies reizende Thal
je geſehen. Es liegt wie im Schooße zweier Ber-
ge, oder vielmehr eines Berges mit zwei geſon-
derten Gipfeln. Einer von dieſen Berggipfeln
iſt mit den ſchönſten Buchen bewachſen, wovon
ſich ein Theil bis unten in das Thal verliert. Hier
liegen ungeheure Steine, die ſo behauen ſind,
als ob ſie in der grauen Vorzeit zu Opferaltären
gedient hätten. Ein anderer Theil des Gebirgs
iſt nach der Süd- und Weſtſeite mit Weinreben
Kaſtanien, Pfirſichen und Mandeln bepflanzt. Auf
dieſem Fleck hat die üppige Vegetation des Lan-
des ſich in ihrer höchſten Kraft und Fülle gezeigt.
Wohl iſt die Weinleſe noch nicht da; aber die
Trauben reifen ſchon häufig. Die große Frucht-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/229>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.