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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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ruhigen ist: dann magst Du es wohl versuchen,
ob die Bewegung, es sey nun auf dem Arm oder
in der Wiege, den Schmerz besänftigen und den
Schlaf herbeyführen will.

Jst Jda gesund, dann laß sie nicht mehr schla-
fen, als sie eben Lust hat; laß sie nie auf eine
künstliche Art zum Schlafen nöthigen. Es ver-
steht sich, daß aber auch durch allzulebhafte Be-
schäftigung, durch das Vorhalten zu vieler Gegen-
stände, durch zu lautes Vorsingen oder Vorsprechen,
der natürliche und sehr heilsame Antrieb zum
Schlaf nicht verscheucht werden müsse! -- Damit
ich aber Deinen eigenen Schlaf durch einen zu lan-
gen Brief nicht verscheuche, oder durch einen lang-
weiligen früher herbeirufe, als Dir lieb ist, so
leb wohl für heute.



Zweiter Brief.

Seit ich Dich zuerst in Deiner Kinderstube schrift-
lich besuchte, sind mehrere Wochen verflossen, und
hat sich in Jda schon mancher schöne Keim der



ruhigen iſt: dann magſt Du es wohl verſuchen,
ob die Bewegung, es ſey nun auf dem Arm oder
in der Wiege, den Schmerz beſänftigen und den
Schlaf herbeyführen will.

Jſt Jda geſund, dann laß ſie nicht mehr ſchla-
fen, als ſie eben Luſt hat; laß ſie nie auf eine
künſtliche Art zum Schlafen nöthigen. Es ver-
ſteht ſich, daß aber auch durch allzulebhafte Be-
ſchäftigung, durch das Vorhalten zu vieler Gegen-
ſtände, durch zu lautes Vorſingen oder Vorſprechen,
der natürliche und ſehr heilſame Antrieb zum
Schlaf nicht verſcheucht werden müſſe! — Damit
ich aber Deinen eigenen Schlaf durch einen zu lan-
gen Brief nicht verſcheuche, oder durch einen lang-
weiligen früher herbeirufe, als Dir lieb iſt, ſo
leb wohl für heute.



Zweiter Brief.

Seit ich Dich zuerſt in Deiner Kinderſtube ſchrift-
lich beſuchte, ſind mehrere Wochen verfloſſen, und
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[10/0024] ruhigen iſt: dann magſt Du es wohl verſuchen, ob die Bewegung, es ſey nun auf dem Arm oder in der Wiege, den Schmerz beſänftigen und den Schlaf herbeyführen will. Jſt Jda geſund, dann laß ſie nicht mehr ſchla- fen, als ſie eben Luſt hat; laß ſie nie auf eine künſtliche Art zum Schlafen nöthigen. Es ver- ſteht ſich, daß aber auch durch allzulebhafte Be- ſchäftigung, durch das Vorhalten zu vieler Gegen- ſtände, durch zu lautes Vorſingen oder Vorſprechen, der natürliche und ſehr heilſame Antrieb zum Schlaf nicht verſcheucht werden müſſe! — Damit ich aber Deinen eigenen Schlaf durch einen zu lan- gen Brief nicht verſcheuche, oder durch einen lang- weiligen früher herbeirufe, als Dir lieb iſt, ſo leb wohl für heute. Zweiter Brief. Seit ich Dich zuerſt in Deiner Kinderſtube ſchrift- lich beſuchte, ſind mehrere Wochen verfloſſen, und hat ſich in Jda ſchon mancher ſchöne Keim der

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/24>, abgerufen am 24.11.2024.