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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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und that den Leuten zuwider, was ich nur konnte,
um mich an dem Widerstande zu rächen.

Jch. Nun du siehst also, daß sie dich zufrie-
den und froh sehen wollten, und ihre Absicht ver-
fehlten. Sie waren also bloß im Jrrthum.

Mathilde. Bin ich denn ganz ohne Schuld,
daß ich so bin?

Jch. Das warst du, so lange du nicht wuß-
test, wie anders man seyn soll. Die Schuld
fängt immer mit der Erkenntniß erst an. Wer
von dem Augenblick an, da er das Bessere er-
kannt und empfunden hat, es nicht mit seiner
ganzen Kraft ergreift, ist tadelnswerth, ist straf-
bar. Frage die Stimme in dir, die du nun schon
kennst, ob es nicht so sey?

Mathilde. (leise und beschämt) So ist es.

Jch. So ist es, und so war es vom Anbeginn.
Dieselbe Stimme, die das aus deinem Jnnern
spricht, spricht aus allen Gewissen eben so. Sie
ist des Menschen Engel. Wer ihn ehrt, wird
immer besser und besser.

und that den Leuten zuwider, was ich nur konnte,
um mich an dem Widerſtande zu rächen.

Jch. Nun du ſiehſt alſo, daß ſie dich zufrie-
den und froh ſehen wollten, und ihre Abſicht ver-
fehlten. Sie waren alſo bloß im Jrrthum.

Mathilde. Bin ich denn ganz ohne Schuld,
daß ich ſo bin?

Jch. Das warſt du, ſo lange du nicht wuß-
teſt, wie anders man ſeyn ſoll. Die Schuld
fängt immer mit der Erkenntniß erſt an. Wer
von dem Augenblick an, da er das Beſſere er-
kannt und empfunden hat, es nicht mit ſeiner
ganzen Kraft ergreift, iſt tadelnswerth, iſt ſtraf-
bar. Frage die Stimme in dir, die du nun ſchon
kennſt, ob es nicht ſo ſey?

Mathilde. (leiſe und beſchämt) So iſt es.

Jch. So iſt es, und ſo war es vom Anbeginn.
Dieſelbe Stimme, die das aus deinem Jnnern
ſpricht, ſpricht aus allen Gewiſſen eben ſo. Sie
iſt des Menſchen Engel. Wer ihn ehrt, wird
immer beſſer und beſſer.

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[227/0241] und that den Leuten zuwider, was ich nur konnte, um mich an dem Widerſtande zu rächen. Jch. Nun du ſiehſt alſo, daß ſie dich zufrie- den und froh ſehen wollten, und ihre Abſicht ver- fehlten. Sie waren alſo bloß im Jrrthum. Mathilde. Bin ich denn ganz ohne Schuld, daß ich ſo bin? Jch. Das warſt du, ſo lange du nicht wuß- teſt, wie anders man ſeyn ſoll. Die Schuld fängt immer mit der Erkenntniß erſt an. Wer von dem Augenblick an, da er das Beſſere er- kannt und empfunden hat, es nicht mit ſeiner ganzen Kraft ergreift, iſt tadelnswerth, iſt ſtraf- bar. Frage die Stimme in dir, die du nun ſchon kennſt, ob es nicht ſo ſey? Mathilde. (leiſe und beſchämt) So iſt es. Jch. So iſt es, und ſo war es vom Anbeginn. Dieſelbe Stimme, die das aus deinem Jnnern ſpricht, ſpricht aus allen Gewiſſen eben ſo. Sie iſt des Menſchen Engel. Wer ihn ehrt, wird immer beſſer und beſſer.

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/241>, abgerufen am 21.11.2024.