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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

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Du ihr nicht geben, Dein Mutterherz auch nicht;
aber lehre sie in Deinem Geiste handeln: ihr gutes,
ächt weibliches Herz wird das übrige thun. Ge-
lingt Dir dies, wie ich's wünsche und hoffe: so
laß sie Dich unterstützen in der Mutterpflicht, da-
mit Du andere, eben so wichtige Obliegenheiten
nicht versäumen müssest. Mit Geschenken, womit
man gewöhnlich Dienstboten zu gewinnen sucht,
ist dies nicht zu bewerkstelligen: wohl aber mit eh-
rendem Vertrauen. -- Gewöhne Gertruden, so
viel nur möglich, auch in Zeiten zu der Sprache,
die Du mit deinem Kinde gesprochen haben willst.
Wenn ich mich recht erinnere, ist ihr Deutsch nicht
sehr verdorben. Korrigiere sie freundlich, wenn
sie Fehler macht, indem sie zu Dir spricht; sage
ihr, daß sie um Deines Kindes willen sich von
ihren Provinzial-Ausdrücken entwöhnen müsse.
Was aber noch wichtiger ist: sprich jetzt schon
mit ihr über das, was sie im Sprechen zu dem
Kinde zu vermeiden habe; mache es ihrem guten
Verstande recht anschaulich, wie nachtheilig die
gewöhnliche Art der Wärterinnen mit den Kin-
dern zu schäkern, und wie schädlich besonders jede



Du ihr nicht geben, Dein Mutterherz auch nicht;
aber lehre ſie in Deinem Geiſte handeln: ihr gutes,
ächt weibliches Herz wird das übrige thun. Ge-
lingt Dir dies, wie ich’s wünſche und hoffe: ſo
laß ſie Dich unterſtützen in der Mutterpflicht, da-
mit Du andere, eben ſo wichtige Obliegenheiten
nicht verſäumen müſſeſt. Mit Geſchenken, womit
man gewöhnlich Dienſtboten zu gewinnen ſucht,
iſt dies nicht zu bewerkſtelligen: wohl aber mit eh-
rendem Vertrauen. — Gewöhne Gertruden, ſo
viel nur möglich, auch in Zeiten zu der Sprache,
die Du mit deinem Kinde geſprochen haben willſt.
Wenn ich mich recht erinnere, iſt ihr Deutſch nicht
ſehr verdorben. Korrigiere ſie freundlich, wenn
ſie Fehler macht, indem ſie zu Dir ſpricht; ſage
ihr, daß ſie um Deines Kindes willen ſich von
ihren Provinzial-Ausdrücken entwöhnen müſſe.
Was aber noch wichtiger iſt: ſprich jetzt ſchon
mit ihr über das, was ſie im Sprechen zu dem
Kinde zu vermeiden habe; mache es ihrem guten
Verſtande recht anſchaulich, wie nachtheilig die
gewöhnliche Art der Wärterinnen mit den Kin-
dern zu ſchäkern, und wie ſchädlich beſonders jede

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[13/0027] Du ihr nicht geben, Dein Mutterherz auch nicht; aber lehre ſie in Deinem Geiſte handeln: ihr gutes, ächt weibliches Herz wird das übrige thun. Ge- lingt Dir dies, wie ich’s wünſche und hoffe: ſo laß ſie Dich unterſtützen in der Mutterpflicht, da- mit Du andere, eben ſo wichtige Obliegenheiten nicht verſäumen müſſeſt. Mit Geſchenken, womit man gewöhnlich Dienſtboten zu gewinnen ſucht, iſt dies nicht zu bewerkſtelligen: wohl aber mit eh- rendem Vertrauen. — Gewöhne Gertruden, ſo viel nur möglich, auch in Zeiten zu der Sprache, die Du mit deinem Kinde geſprochen haben willſt. Wenn ich mich recht erinnere, iſt ihr Deutſch nicht ſehr verdorben. Korrigiere ſie freundlich, wenn ſie Fehler macht, indem ſie zu Dir ſpricht; ſage ihr, daß ſie um Deines Kindes willen ſich von ihren Provinzial-Ausdrücken entwöhnen müſſe. Was aber noch wichtiger iſt: ſprich jetzt ſchon mit ihr über das, was ſie im Sprechen zu dem Kinde zu vermeiden habe; mache es ihrem guten Verſtande recht anſchaulich, wie nachtheilig die gewöhnliche Art der Wärterinnen mit den Kin- dern zu ſchäkern, und wie ſchädlich beſonders jede

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/27>, abgerufen am 21.11.2024.