Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.ihr von beiden das liebste wird, aber ich möcht' es doch wissen. Das, welches sie vorzieht, laß sie tragen, und kleide sie auch künftig so. Es ist gut, daß Kinder früh einen eigenen Geschmack haben, und ihm in ganz unschuldigen Dingen auch folgen dürfen, nur muß niemand sie deshalb loben. Daß sie auf nichts der Art mit Eigensinn bestehen darf, braucht nicht gesagt zu werden. Beobachte sie fleißig, ob die kleine Wirthschaft ihr von beiden das liebſte wird, aber ich möcht’ es doch wiſſen. Das, welches ſie vorzieht, laß ſie tragen, und kleide ſie auch künftig ſo. Es iſt gut, daß Kinder früh einen eigenen Geſchmack haben, und ihm in ganz unſchuldigen Dingen auch folgen dürfen, nur muß niemand ſie deshalb loben. Daß ſie auf nichts der Art mit Eigenſinn beſtehen darf, braucht nicht geſagt zu werden. Beobachte ſie fleißig, ob die kleine Wirthſchaft <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0094" n="80"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ihr von beiden das liebſte wird, aber ich möcht’ es<lb/> doch wiſſen. Das, welches ſie vorzieht, laß ſie<lb/> tragen, und kleide ſie auch künftig ſo. Es iſt gut,<lb/> daß Kinder früh einen eigenen Geſchmack haben,<lb/> und ihm in ganz unſchuldigen Dingen auch folgen<lb/> dürfen, nur muß niemand ſie deshalb loben. Daß<lb/> ſie auf nichts der Art mit Eigenſinn beſtehen darf,<lb/> braucht nicht geſagt zu werden.</p><lb/> <p>Beobachte ſie fleißig, ob die kleine Wirthſchaft<lb/> ihr Freude macht, und ob ſie einigen Trieb zeigt,<lb/> es alles gut in Ordnung zu halten. Hat ſie keine<lb/> beſondere Freude daran, ſo bewahre den ganzen<lb/> kleinen Kram bis auf ein andermal, damit ſich kein<lb/> ſchaler Ueberdruß in ihre Seele ſchleiche. Mache<lb/> es auch mit den Puppen ſo, wenn ſie ſie nicht lieb<lb/> hat; und laß ſie überall nichts um ſich haben, das<lb/> ſie nicht lieben kann. Frage ſie aber nicht darum,<lb/> raiſonnire nicht mit ihr darüber, ſondern merke es<lb/> ihr ab, und thue das im Stillen bei Seite, deſſen<lb/> ſie müde zu werden anfängt. Gerade die am glück-<lb/> lichſten organiſirten Kinder werden alles leicht mü-<lb/> de, woran ihre Thätigkeit ſich nicht üben kann.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [80/0094]
ihr von beiden das liebſte wird, aber ich möcht’ es
doch wiſſen. Das, welches ſie vorzieht, laß ſie
tragen, und kleide ſie auch künftig ſo. Es iſt gut,
daß Kinder früh einen eigenen Geſchmack haben,
und ihm in ganz unſchuldigen Dingen auch folgen
dürfen, nur muß niemand ſie deshalb loben. Daß
ſie auf nichts der Art mit Eigenſinn beſtehen darf,
braucht nicht geſagt zu werden.
Beobachte ſie fleißig, ob die kleine Wirthſchaft
ihr Freude macht, und ob ſie einigen Trieb zeigt,
es alles gut in Ordnung zu halten. Hat ſie keine
beſondere Freude daran, ſo bewahre den ganzen
kleinen Kram bis auf ein andermal, damit ſich kein
ſchaler Ueberdruß in ihre Seele ſchleiche. Mache
es auch mit den Puppen ſo, wenn ſie ſie nicht lieb
hat; und laß ſie überall nichts um ſich haben, das
ſie nicht lieben kann. Frage ſie aber nicht darum,
raiſonnire nicht mit ihr darüber, ſondern merke es
ihr ab, und thue das im Stillen bei Seite, deſſen
ſie müde zu werden anfängt. Gerade die am glück-
lichſten organiſirten Kinder werden alles leicht mü-
de, woran ihre Thätigkeit ſich nicht üben kann.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |