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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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fühlte, was ich sagen wollte, und so gern sie jeden
sonst fixirt, der ihr etwas Belehrendes sagen will,
um ihn außer Fassung zu bringen, so schlug sie
jetzt sehr betroffen die Augen nieder. Jch entließ
sie damit, und rief die Liesel, der ich nun ein
Geschäft anwies, welches eine eigene Behendig-
keit fodert, indem ich ihr freundlich sagte: gute
Liesel, mache sie es auch recht sacht, ich weiß ja,
daß sie das versteht; ich verlasse mich auf sie.
Jetzt war das Erröthen an Hertha. Sie ward
roth bis zu den Ohren, und wußte nicht, wo sie
hinsehen sollte.

Und daß ich sie so weit habe, ist schon etwas.
Jst nicht dies Erröthen schon ein großer Schritt
zum besser werden? Jetzt kommt es hauptsächlich
darauf an, dies Gefühl in dem Kinde zu schonen
und es nicht gar zu oft in dem Grade zu erregen.
Manche unwichtigere Unart werde ich ungeahndet
müssen durchgehen lassen, damit sie solche Beschä-
mungen nicht gewohnt werde, und sie allzuleicht
ertragen lerne.

Manche schnippische Antwort wird fürs Erste
noch ganz überhört werden müssen, und manche

(13)

fühlte, was ich ſagen wollte, und ſo gern ſie jeden
ſonſt fixirt, der ihr etwas Belehrendes ſagen will,
um ihn außer Faſſung zu bringen, ſo ſchlug ſie
jetzt ſehr betroffen die Augen nieder. Jch entließ
ſie damit, und rief die Lieſel, der ich nun ein
Geſchäft anwies, welches eine eigene Behendig-
keit fodert, indem ich ihr freundlich ſagte: gute
Lieſel, mache ſie es auch recht ſacht, ich weiß ja,
daß ſie das verſteht; ich verlaſſe mich auf ſie.
Jetzt war das Erröthen an Hertha. Sie ward
roth bis zu den Ohren, und wußte nicht, wo ſie
hinſehen ſollte.

Und daß ich ſie ſo weit habe, iſt ſchon etwas.
Jſt nicht dies Erröthen ſchon ein großer Schritt
zum beſſer werden? Jetzt kommt es hauptſächlich
darauf an, dies Gefühl in dem Kinde zu ſchonen
und es nicht gar zu oft in dem Grade zu erregen.
Manche unwichtigere Unart werde ich ungeahndet
müſſen durchgehen laſſen, damit ſie ſolche Beſchä-
mungen nicht gewohnt werde, und ſie allzuleicht
ertragen lerne.

Manche ſchnippiſche Antwort wird fürs Erſte
noch ganz überhört werden müſſen, und manche

(13)
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[97/0105] fühlte, was ich ſagen wollte, und ſo gern ſie jeden ſonſt fixirt, der ihr etwas Belehrendes ſagen will, um ihn außer Faſſung zu bringen, ſo ſchlug ſie jetzt ſehr betroffen die Augen nieder. Jch entließ ſie damit, und rief die Lieſel, der ich nun ein Geſchäft anwies, welches eine eigene Behendig- keit fodert, indem ich ihr freundlich ſagte: gute Lieſel, mache ſie es auch recht ſacht, ich weiß ja, daß ſie das verſteht; ich verlaſſe mich auf ſie. Jetzt war das Erröthen an Hertha. Sie ward roth bis zu den Ohren, und wußte nicht, wo ſie hinſehen ſollte. Und daß ich ſie ſo weit habe, iſt ſchon etwas. Jſt nicht dies Erröthen ſchon ein großer Schritt zum beſſer werden? Jetzt kommt es hauptſächlich darauf an, dies Gefühl in dem Kinde zu ſchonen und es nicht gar zu oft in dem Grade zu erregen. Manche unwichtigere Unart werde ich ungeahndet müſſen durchgehen laſſen, damit ſie ſolche Beſchä- mungen nicht gewohnt werde, und ſie allzuleicht ertragen lerne. Manche ſchnippiſche Antwort wird fürs Erſte noch ganz überhört werden müſſen, und manche (13)

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/105>, abgerufen am 21.11.2024.