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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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Du wirst eine wahre Freude haben, wenn Du
der Kinder Briefe an den Woldemar einst siehst.
Jda's erster Brief von hier aus lautet so:

"Woldemar, Du bester Woldemar, wir sind
wieder hier bei unsern herrlichen Willichs. Und
der Pfarrer hat Jda wieder lieb, und Frau Pfar-
rerin Deborah hat Jda auch wieder lieb. Wenn
wir hier sind, so kann ich es nicht begreifen, wie
man es in der Stadt nur aushalten mag. Oft
denke ich, wir sind hier allzuglücklich. Und Clärchen
nun vollends, die meynt, es müsse irgend ein Un-
glück drein kommen, weil man es so doch nicht
lange aushalten könne. Und Betty ist recht schön
geworden, oft sieht sie aus, wie ein gemalter En-
gel. Jch habe einmal einen gesehen, der so glück-
lich aussah, und so fromm, er hält einen Palm-
zweig in der Hand, und sagt einer schönen Jung-
frau, daß Gott sie sehr besonders lieb habe. Ge-
rade so kann Betty bisweilen aussehen. Aber
hier sehen die Menschen alle schöner aus als in
der Stadt. Und Du, lieber Woldemar, bist Du
denn auch recht vergnügt? Wenn Du wieder

Du wirſt eine wahre Freude haben, wenn Du
der Kinder Briefe an den Woldemar einſt ſiehſt.
Jda’s erſter Brief von hier aus lautet ſo:

„Woldemar, Du beſter Woldemar, wir ſind
wieder hier bei unſern herrlichen Willichs. Und
der Pfarrer hat Jda wieder lieb, und Frau Pfar-
rerin Deborah hat Jda auch wieder lieb. Wenn
wir hier ſind, ſo kann ich es nicht begreifen, wie
man es in der Stadt nur aushalten mag. Oft
denke ich, wir ſind hier allzuglücklich. Und Clärchen
nun vollends, die meynt, es müſſe irgend ein Un-
glück drein kommen, weil man es ſo doch nicht
lange aushalten könne. Und Betty iſt recht ſchön
geworden, oft ſieht ſie aus, wie ein gemalter En-
gel. Jch habe einmal einen geſehen, der ſo glück-
lich ausſah, und ſo fromm, er hält einen Palm-
zweig in der Hand, und ſagt einer ſchönen Jung-
frau, daß Gott ſie ſehr beſonders lieb habe. Ge-
rade ſo kann Betty bisweilen ausſehen. Aber
hier ſehen die Menſchen alle ſchöner aus als in
der Stadt. Und Du, lieber Woldemar, biſt Du
denn auch recht vergnügt? Wenn Du wieder

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[13/0021] Du wirſt eine wahre Freude haben, wenn Du der Kinder Briefe an den Woldemar einſt ſiehſt. Jda’s erſter Brief von hier aus lautet ſo: „Woldemar, Du beſter Woldemar, wir ſind wieder hier bei unſern herrlichen Willichs. Und der Pfarrer hat Jda wieder lieb, und Frau Pfar- rerin Deborah hat Jda auch wieder lieb. Wenn wir hier ſind, ſo kann ich es nicht begreifen, wie man es in der Stadt nur aushalten mag. Oft denke ich, wir ſind hier allzuglücklich. Und Clärchen nun vollends, die meynt, es müſſe irgend ein Un- glück drein kommen, weil man es ſo doch nicht lange aushalten könne. Und Betty iſt recht ſchön geworden, oft ſieht ſie aus, wie ein gemalter En- gel. Jch habe einmal einen geſehen, der ſo glück- lich ausſah, und ſo fromm, er hält einen Palm- zweig in der Hand, und ſagt einer ſchönen Jung- frau, daß Gott ſie ſehr beſonders lieb habe. Ge- rade ſo kann Betty bisweilen ausſehen. Aber hier ſehen die Menſchen alle ſchöner aus als in der Stadt. Und Du, lieber Woldemar, biſt Du denn auch recht vergnügt? Wenn Du wieder

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/21>, abgerufen am 21.11.2024.