Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.ein ganz kleines kleines Plätzchen. Und dennoch war ich nicht gewiß, ob die Einzige mich so meyne, wie ich sie: gewiß? -- o ich wußt es ja gar nicht, und weiß es noch nicht. -- Er blick- te mich forschend an -- und wenn ich nun hier- über etwas errathen hätte -- wußt' ich denn, ob mein Vater? -- den Platov durft ich nicht fra- gen, den nagte selbst ein ähnliches Weh, das er sehr heimlich vor mir hielt. Dies wechselseitige Schweigen hätte bald unser reines Verhältniß ge- trübt -- aber wir ahneten ja den Grund des Ver- stummens gegen einander, und so blieb es beim Alten, bis wir endlich wieder bei Dir sind, und Du uns das Räthsel unsers Schicksals lösen hilfst -- denn das mußt Du, und nur Du kannst es, Tan- te Selma! Jch. Jch will Dich nicht fragen, Woldemar ein ganz kleines kleines Plätzchen. Und dennoch war ich nicht gewiß, ob die Einzige mich ſo meyne, wie ich ſie: gewiß? — o ich wußt es ja gar nicht, und weiß es noch nicht. — Er blick- te mich forſchend an — und wenn ich nun hier- über etwas errathen hätte — wußt’ ich denn, ob mein Vater? — den Platov durft ich nicht fra- gen, den nagte ſelbſt ein ähnliches Weh, das er ſehr heimlich vor mir hielt. Dies wechſelſeitige Schweigen hätte bald unſer reines Verhältniß ge- trübt — aber wir ahneten ja den Grund des Ver- ſtummens gegen einander, und ſo blieb es beim Alten, bis wir endlich wieder bei Dir ſind, und Du uns das Räthſel unſers Schickſals löſen hilfſt — denn das mußt Du, und nur Du kannſt es, Tan- te Selma! Jch. Jch will Dich nicht fragen, Woldemar <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0302" n="294"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ein ganz kleines kleines Plätzchen. Und dennoch<lb/> war ich nicht gewiß, ob die <hi rendition="#g">Einzige</hi> mich ſo<lb/> meyne, wie ich ſie: gewiß? — o ich wußt es<lb/> ja gar nicht, und weiß es noch nicht. — Er blick-<lb/> te mich forſchend an — und wenn ich nun hier-<lb/> über etwas errathen hätte — wußt’ ich denn, ob<lb/> mein Vater? — den Platov durft ich nicht fra-<lb/> gen, den nagte ſelbſt ein ähnliches Weh, das er<lb/> ſehr heimlich vor mir hielt. Dies wechſelſeitige<lb/> Schweigen hätte bald unſer reines Verhältniß ge-<lb/> trübt — aber wir ahneten ja den Grund des Ver-<lb/> ſtummens gegen einander, und ſo blieb es beim<lb/> Alten, bis wir endlich wieder bei Dir ſind, und<lb/> Du uns das Räthſel unſers Schickſals löſen hilfſt —<lb/> denn das mußt Du, und nur Du kannſt es, Tan-<lb/> te Selma!</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Jch</hi>. Jch will Dich nicht fragen, Woldemar<lb/> um den Namen Deiner Geliebten, noch um Pla-<lb/> tov’s Geheimniß, denn ich weiß den einen, und<lb/> ahne das andere. Betty nennt Deinen Namen ſo<lb/> wenig, wie Du den ihrigen, und dieſes Zeichen<lb/> iſt bei euch höchſt wahrſcheinlich gleichbedeutend.<lb/> Woldemar war vom Klange dieſes Namens wie<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [294/0302]
ein ganz kleines kleines Plätzchen. Und dennoch
war ich nicht gewiß, ob die Einzige mich ſo
meyne, wie ich ſie: gewiß? — o ich wußt es
ja gar nicht, und weiß es noch nicht. — Er blick-
te mich forſchend an — und wenn ich nun hier-
über etwas errathen hätte — wußt’ ich denn, ob
mein Vater? — den Platov durft ich nicht fra-
gen, den nagte ſelbſt ein ähnliches Weh, das er
ſehr heimlich vor mir hielt. Dies wechſelſeitige
Schweigen hätte bald unſer reines Verhältniß ge-
trübt — aber wir ahneten ja den Grund des Ver-
ſtummens gegen einander, und ſo blieb es beim
Alten, bis wir endlich wieder bei Dir ſind, und
Du uns das Räthſel unſers Schickſals löſen hilfſt —
denn das mußt Du, und nur Du kannſt es, Tan-
te Selma!
Jch. Jch will Dich nicht fragen, Woldemar
um den Namen Deiner Geliebten, noch um Pla-
tov’s Geheimniß, denn ich weiß den einen, und
ahne das andere. Betty nennt Deinen Namen ſo
wenig, wie Du den ihrigen, und dieſes Zeichen
iſt bei euch höchſt wahrſcheinlich gleichbedeutend.
Woldemar war vom Klange dieſes Namens wie
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |