anders gegen Jda, wie sonst; wir alle haben es gemerkt, und sind ihm bös darüber, denn Jda kann es nicht verdient haben; es ist nicht möglich. Aber das dacht' ich nicht, daß dies die Ursache von Jda's Schmerz seyn könne.
Jch. Vielleicht ist dieses seltsame Betragen Platov's auch nicht die einzige Ursache. Laß uns die ganze Sache noch ein wenig mit Schweigen übergehen. Und vor allem, meine liebste Ma- thilde, trage Sorge, daß niemand von den an- dern die arme Jda mit Fragen über ihre Traurig- keit quäle. Vielleicht, daß sie ihrer in kurzem mächtig wird. Überlasse sie nur ganz sich selbst. Sie hat Kraft, und vermag viel über sich. -- Da- mit entließ ich Mathilde. Sollte Jda aber noch stiller ihren Schmerz in sich verschließen, und Pla- tov sich immer gleichfinster zurückziehen, dann muß ich auf eine Trennung Platov's von uns dringen, ehe die zarte Knospe zerfällt. O wüßt' ich sie im Augenblicke bei Dir -- fern, fern von der quälenden Gegenwart des Mannes, der ihr ganzes Wesen erfüllt! -- Da kam sie eben ge- gangen, legte Blumen auf meinen Tisch, um-
anders gegen Jda, wie ſonſt; wir alle haben es gemerkt, und ſind ihm bös darüber, denn Jda kann es nicht verdient haben; es iſt nicht möglich. Aber das dacht’ ich nicht, daß dies die Urſache von Jda’s Schmerz ſeyn könne.
Jch. Vielleicht iſt dieſes ſeltſame Betragen Platov’s auch nicht die einzige Urſache. Laß uns die ganze Sache noch ein wenig mit Schweigen übergehen. Und vor allem, meine liebſte Ma- thilde, trage Sorge, daß niemand von den an- dern die arme Jda mit Fragen über ihre Traurig- keit quäle. Vielleicht, daß ſie ihrer in kurzem mächtig wird. Überlaſſe ſie nur ganz ſich ſelbſt. Sie hat Kraft, und vermag viel über ſich. — Da- mit entließ ich Mathilde. Sollte Jda aber noch ſtiller ihren Schmerz in ſich verſchließen, und Pla- tov ſich immer gleichfinſter zurückziehen, dann muß ich auf eine Trennung Platov’s von uns dringen, ehe die zarte Knospe zerfällt. O wüßt’ ich ſie im Augenblicke bei Dir — fern, fern von der quälenden Gegenwart des Mannes, der ihr ganzes Weſen erfüllt! — Da kam ſie eben ge- gangen, legte Blumen auf meinen Tiſch, um-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0318"n="310"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
anders gegen Jda, wie ſonſt; wir alle haben es<lb/>
gemerkt, und ſind ihm bös darüber, denn Jda<lb/>
kann es nicht verdient haben; es iſt nicht möglich.<lb/>
Aber das dacht’ ich nicht, daß dies die Urſache von<lb/>
Jda’s Schmerz ſeyn könne.</p><lb/><p><hirendition="#g">Jch</hi>. Vielleicht iſt dieſes ſeltſame Betragen<lb/>
Platov’s auch nicht die einzige Urſache. Laß uns<lb/>
die ganze Sache noch ein wenig mit Schweigen<lb/>
übergehen. Und vor allem, meine liebſte Ma-<lb/>
thilde, trage Sorge, daß niemand von den an-<lb/>
dern die arme Jda mit Fragen über ihre Traurig-<lb/>
keit quäle. Vielleicht, daß ſie ihrer in kurzem<lb/>
mächtig wird. Überlaſſe ſie nur ganz ſich ſelbſt.<lb/>
Sie hat Kraft, und vermag viel über ſich. — Da-<lb/>
mit entließ ich Mathilde. Sollte Jda aber noch<lb/>ſtiller ihren Schmerz in ſich verſchließen, und Pla-<lb/>
tov ſich immer gleichfinſter zurückziehen, dann<lb/>
muß ich auf eine Trennung Platov’s von uns<lb/>
dringen, ehe die zarte Knospe zerfällt. O wüßt’<lb/>
ich ſie im Augenblicke bei Dir — fern, fern von<lb/>
der quälenden Gegenwart des Mannes, der ihr<lb/>
ganzes Weſen erfüllt! — Da kam ſie eben ge-<lb/>
gangen, legte Blumen auf meinen Tiſch, um-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[310/0318]
anders gegen Jda, wie ſonſt; wir alle haben es
gemerkt, und ſind ihm bös darüber, denn Jda
kann es nicht verdient haben; es iſt nicht möglich.
Aber das dacht’ ich nicht, daß dies die Urſache von
Jda’s Schmerz ſeyn könne.
Jch. Vielleicht iſt dieſes ſeltſame Betragen
Platov’s auch nicht die einzige Urſache. Laß uns
die ganze Sache noch ein wenig mit Schweigen
übergehen. Und vor allem, meine liebſte Ma-
thilde, trage Sorge, daß niemand von den an-
dern die arme Jda mit Fragen über ihre Traurig-
keit quäle. Vielleicht, daß ſie ihrer in kurzem
mächtig wird. Überlaſſe ſie nur ganz ſich ſelbſt.
Sie hat Kraft, und vermag viel über ſich. — Da-
mit entließ ich Mathilde. Sollte Jda aber noch
ſtiller ihren Schmerz in ſich verſchließen, und Pla-
tov ſich immer gleichfinſter zurückziehen, dann
muß ich auf eine Trennung Platov’s von uns
dringen, ehe die zarte Knospe zerfällt. O wüßt’
ich ſie im Augenblicke bei Dir — fern, fern von
der quälenden Gegenwart des Mannes, der ihr
ganzes Weſen erfüllt! — Da kam ſie eben ge-
gangen, legte Blumen auf meinen Tiſch, um-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/318>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.