Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.welchem sie gebildet wurden. Machen Jda den Platov, Clare den Bruno, Betty den Woldemar nicht so glücklich, als wir es mit Recht von ihnen fordern; bilden sie den Kindern, welche Gott ih- nen schenken wird, nicht ganz die reine Gesinnung und Grundsätze an, mit welchen ihr Geist und Ge- müth fürs Leben ausgestattet wurden: so brauchte ich dennoch nicht alles verloren zu geben, ich könnte mich auf so manches entschuldigend berufen; aber ich will verloren haben, wenn diese drei nicht Stand halten. Und diese süße Hoffnung, ja die Gewiß- heit der steten Fortpflanzung des Wahren, Guten und Schönen ist es, die mich über die Flüchtigkeit des irdischen Daseyns so ganz beruhigt. Diese Art des Fortlebens nach dem Hierseyn macht das schauervolle Gerippe des Todes verschwinden. Ja Emma, es entzückt mich ein Gedanke: -- Wer auch nur in einer Seele das Göttliche hervorgerufen und zu Leben und That entzündet hat, dessen Verschwinden aus den blühenden Auen des Lebens ist kein wirkliches Sterben, und was er der Erde läßt, ist mehr als sie ihm geben oder vergelten konnte. Lebe wohl! Jch bin zu ernst und zu froh, um weiter zu schreiben. welchem ſie gebildet wurden. Machen Jda den Platov, Clare den Bruno, Betty den Woldemar nicht ſo glücklich, als wir es mit Recht von ihnen fordern; bilden ſie den Kindern, welche Gott ih- nen ſchenken wird, nicht ganz die reine Geſinnung und Grundſätze an, mit welchen ihr Geiſt und Ge- müth fürs Leben ausgeſtattet wurden: ſo brauchte ich dennoch nicht alles verloren zu geben, ich könnte mich auf ſo manches entſchuldigend berufen; aber ich will verloren haben, wenn dieſe drei nicht Stand halten. Und dieſe ſüße Hoffnung, ja die Gewiß- heit der ſteten Fortpflanzung des Wahren, Guten und Schönen iſt es, die mich über die Flüchtigkeit des irdiſchen Daſeyns ſo ganz beruhigt. Dieſe Art des Fortlebens nach dem Hierſeyn macht das ſchauervolle Gerippe des Todes verſchwinden. Ja Emma, es entzückt mich ein Gedanke: — Wer auch nur in einer Seele das Göttliche hervorgerufen und zu Leben und That entzündet hat, deſſen Verſchwinden aus den blühenden Auen des Lebens iſt kein wirkliches Sterben, und was er der Erde läßt, iſt mehr als ſie ihm geben oder vergelten konnte. Lebe wohl! Jch bin zu ernſt und zu froh, um weiter zu ſchreiben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0388" n="380"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> welchem ſie gebildet wurden. Machen Jda den<lb/> Platov, Clare den Bruno, Betty den Woldemar<lb/> nicht ſo glücklich, als wir es mit Recht von ihnen<lb/> fordern; bilden ſie den Kindern, welche Gott ih-<lb/> nen ſchenken wird, nicht ganz die reine Geſinnung<lb/> und Grundſätze an, mit welchen ihr Geiſt und Ge-<lb/> müth fürs Leben ausgeſtattet wurden: ſo brauchte<lb/> ich dennoch nicht alles verloren zu geben, ich könnte<lb/> mich auf ſo manches entſchuldigend berufen; aber<lb/> ich will verloren haben, wenn dieſe drei nicht Stand<lb/> halten. Und dieſe ſüße Hoffnung, ja die Gewiß-<lb/> heit der ſteten Fortpflanzung des Wahren, Guten<lb/> und Schönen iſt es, die mich über die Flüchtigkeit<lb/> des irdiſchen Daſeyns ſo ganz beruhigt. Dieſe<lb/> Art des Fortlebens nach dem Hierſeyn macht das<lb/> ſchauervolle Gerippe des Todes verſchwinden. Ja<lb/> Emma, es entzückt mich ein Gedanke: — <hi rendition="#g">Wer<lb/> auch nur in einer Seele das Göttliche<lb/> hervorgerufen und zu Leben und That<lb/> entzündet hat, deſſen Verſchwinden aus<lb/> den blühenden Auen des Lebens iſt kein<lb/> wirkliches Sterben, und was er der<lb/> Erde läßt, iſt mehr als ſie ihm geben<lb/> oder vergelten konnte</hi>. Lebe wohl! Jch bin<lb/> zu ernſt und zu froh, um weiter zu ſchreiben.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [380/0388]
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Platov, Clare den Bruno, Betty den Woldemar
nicht ſo glücklich, als wir es mit Recht von ihnen
fordern; bilden ſie den Kindern, welche Gott ih-
nen ſchenken wird, nicht ganz die reine Geſinnung
und Grundſätze an, mit welchen ihr Geiſt und Ge-
müth fürs Leben ausgeſtattet wurden: ſo brauchte
ich dennoch nicht alles verloren zu geben, ich könnte
mich auf ſo manches entſchuldigend berufen; aber
ich will verloren haben, wenn dieſe drei nicht Stand
halten. Und dieſe ſüße Hoffnung, ja die Gewiß-
heit der ſteten Fortpflanzung des Wahren, Guten
und Schönen iſt es, die mich über die Flüchtigkeit
des irdiſchen Daſeyns ſo ganz beruhigt. Dieſe
Art des Fortlebens nach dem Hierſeyn macht das
ſchauervolle Gerippe des Todes verſchwinden. Ja
Emma, es entzückt mich ein Gedanke: — Wer
auch nur in einer Seele das Göttliche
hervorgerufen und zu Leben und That
entzündet hat, deſſen Verſchwinden aus
den blühenden Auen des Lebens iſt kein
wirkliches Sterben, und was er der
Erde läßt, iſt mehr als ſie ihm geben
oder vergelten konnte. Lebe wohl! Jch bin
zu ernſt und zu froh, um weiter zu ſchreiben.
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