Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.2. Die Flamme wächst vom Zug der Luft, und mehrt den Zug; So hält sich Leidenschaft durch Leidenschaft im Flug. Das Feuer schürt der Wind, und löscht das Feuer wieder; So kämpfet Leidenschaft die Leidenschaft danieder. Wie still die Lampe brennt am windbeschirmten Ort, So ein beruhigt Herz in Andacht fort und fort. 3. Wie nur die Schleuder kann in rechter Ferne wirken, So muß der Sinne Kraft auch eine Grenz' umzirken. Zu nah den Augen ist nicht besser als zu fern; Dich selbst durchschaust du nicht, und nicht den Himmelsstern. Doch zwischen deinem Ich und jenem Dämmersterne Liegt eine weite Welt, die zu durchschauen lerne! 2. Die Flamme waͤchſt vom Zug der Luft, und mehrt den Zug; So haͤlt ſich Leidenſchaft durch Leidenſchaft im Flug. Das Feuer ſchuͤrt der Wind, und loͤſcht das Feuer wieder; So kaͤmpfet Leidenſchaft die Leidenſchaft danieder. Wie ſtill die Lampe brennt am windbeſchirmten Ort, So ein beruhigt Herz in Andacht fort und fort. 3. Wie nur die Schleuder kann in rechter Ferne wirken, So muß der Sinne Kraft auch eine Grenz' umzirken. Zu nah den Augen iſt nicht beſſer als zu fern; Dich ſelbſt durchſchauſt du nicht, und nicht den Himmelsſtern. Doch zwiſchen deinem Ich und jenem Daͤmmerſterne Liegt eine weite Welt, die zu durchſchauen lerne! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0014" n="4"/> <div n="2"> <head>2.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Die Flamme waͤchſt vom Zug der Luft, und mehrt den Zug;</l><lb/> <l>So haͤlt ſich Leidenſchaft durch Leidenſchaft im Flug.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Das Feuer ſchuͤrt der Wind, und loͤſcht das Feuer wieder;</l><lb/> <l>So kaͤmpfet Leidenſchaft die Leidenſchaft danieder.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Wie ſtill die Lampe brennt am windbeſchirmten Ort,</l><lb/> <l>So ein beruhigt Herz in Andacht fort und fort.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>3.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wie nur die Schleuder kann in rechter Ferne wirken,</l><lb/> <l>So muß der Sinne Kraft auch eine Grenz' umzirken.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Zu nah den Augen iſt nicht beſſer als zu fern;</l><lb/> <l>Dich ſelbſt durchſchauſt du nicht, und nicht den Himmelsſtern.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Doch zwiſchen deinem Ich und jenem Daͤmmerſterne</l><lb/> <l>Liegt eine weite Welt, die zu durchſchauen lerne!</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [4/0014]
2.
Die Flamme waͤchſt vom Zug der Luft, und mehrt den Zug;
So haͤlt ſich Leidenſchaft durch Leidenſchaft im Flug.
Das Feuer ſchuͤrt der Wind, und loͤſcht das Feuer wieder;
So kaͤmpfet Leidenſchaft die Leidenſchaft danieder.
Wie ſtill die Lampe brennt am windbeſchirmten Ort,
So ein beruhigt Herz in Andacht fort und fort.
3.
Wie nur die Schleuder kann in rechter Ferne wirken,
So muß der Sinne Kraft auch eine Grenz' umzirken.
Zu nah den Augen iſt nicht beſſer als zu fern;
Dich ſelbſt durchſchauſt du nicht, und nicht den Himmelsſtern.
Doch zwiſchen deinem Ich und jenem Daͤmmerſterne
Liegt eine weite Welt, die zu durchſchauen lerne!
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