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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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Das ist vom Feuergeist die eine der Gestalten;
In einer zweiten ist noch glänzender sein Walten.
Wie er im Hause ruht als brennbar Element,
So schweift er durch die Flur als Feuer, das nicht brennt.
Oft im September, wann des Herbstes warmer Regen
Die Abendluft erfrischt, dann ist der Geist zugegen.
Dann siehst du weit und breit, soweit die Blicke gehn,
Die Felder wie ein Meer in Flammenwogen stehn.
Oft rollt der Feuerstrom in ungeheuren Massen
Vom Berg herab in's Thal, das ihn nicht scheint zu fassen.
Dann im Oktober, wann der Mond erhellt die Nacht,
Das ganze Westgebirg von blauem Feuer lacht.
Doch wann die Nacht ist trüb, irrt wimmelndes Gefunkel
Buntflammig über's Feld, und das Gebirg ist dunkel.
Von solchem Feuer sah ich selber überhüllt
Das ganze Lager Nachts der Karawan' erfüllt;
Daß wilder Schreck ergriff Maulesel und Kamele
Und selber leise Furcht die doch bewußte Seele.
Das iſt vom Feuergeiſt die eine der Geſtalten;
In einer zweiten iſt noch glaͤnzender ſein Walten.
Wie er im Hauſe ruht als brennbar Element,
So ſchweift er durch die Flur als Feuer, das nicht brennt.
Oft im September, wann des Herbſtes warmer Regen
Die Abendluft erfriſcht, dann iſt der Geiſt zugegen.
Dann ſiehſt du weit und breit, ſoweit die Blicke gehn,
Die Felder wie ein Meer in Flammenwogen ſtehn.
Oft rollt der Feuerſtrom in ungeheuren Maſſen
Vom Berg herab in's Thal, das ihn nicht ſcheint zu faſſen.
Dann im Oktober, wann der Mond erhellt die Nacht,
Das ganze Weſtgebirg von blauem Feuer lacht.
Doch wann die Nacht iſt truͤb, irrt wimmelndes Gefunkel
Buntflammig uͤber's Feld, und das Gebirg iſt dunkel.
Von ſolchem Feuer ſah ich ſelber uͤberhuͤllt
Das ganze Lager Nachts der Karawan' erfuͤllt;
Daß wilder Schreck ergriff Mauleſel und Kamele
Und ſelber leiſe Furcht die doch bewußte Seele.
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[205/0215] Das iſt vom Feuergeiſt die eine der Geſtalten; In einer zweiten iſt noch glaͤnzender ſein Walten. Wie er im Hauſe ruht als brennbar Element, So ſchweift er durch die Flur als Feuer, das nicht brennt. Oft im September, wann des Herbſtes warmer Regen Die Abendluft erfriſcht, dann iſt der Geiſt zugegen. Dann ſiehſt du weit und breit, ſoweit die Blicke gehn, Die Felder wie ein Meer in Flammenwogen ſtehn. Oft rollt der Feuerſtrom in ungeheuren Maſſen Vom Berg herab in's Thal, das ihn nicht ſcheint zu faſſen. Dann im Oktober, wann der Mond erhellt die Nacht, Das ganze Weſtgebirg von blauem Feuer lacht. Doch wann die Nacht iſt truͤb, irrt wimmelndes Gefunkel Buntflammig uͤber's Feld, und das Gebirg iſt dunkel. Von ſolchem Feuer ſah ich ſelber uͤberhuͤllt Das ganze Lager Nachts der Karawan' erfuͤllt; Daß wilder Schreck ergriff Mauleſel und Kamele Und ſelber leiſe Furcht die doch bewußte Seele.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/215>, abgerufen am 02.05.2024.