Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
3.
Ich war im fremden Land in Sklaverei gekommen,
Da hat ein frommer Herr sich meiner angenommen.
Ich dient' ihm treu ein Jahr, da gab er schon mich frei,
Und mir als Lohn dazu der Silberstücke zwei.
Sogleich gelobt' ich eins zur Heimreis' anzuwenden,
Das andre dankbar als Almosen auszuspenden.
Da kam ich über'n Markt, und nahm im Käfich wahr,
Vom Fänger zum Verkauf gestellt, ein Vogelpaar.
Was ist für einen der Gefangenschaft entgangnen
Verdienstlicher als frei zu kaufen die Gefangnen?
Für beide forderte der Mann zwei Silberstücke;
Doch eins behielt' ich selbst zur Reise gern zurücke.
Ich bot ihm auf die zwei ein Stück, nicht wollt' er's thun.
So kauf' ich also los von beiden einen nun?
3.
Ich war im fremden Land in Sklaverei gekommen,
Da hat ein frommer Herr ſich meiner angenommen.
Ich dient' ihm treu ein Jahr, da gab er ſchon mich frei,
Und mir als Lohn dazu der Silberſtuͤcke zwei.
Sogleich gelobt' ich eins zur Heimreiſ' anzuwenden,
Das andre dankbar als Almoſen auszuſpenden.
Da kam ich uͤber'n Markt, und nahm im Kaͤfich wahr,
Vom Faͤnger zum Verkauf geſtellt, ein Vogelpaar.
Was iſt fuͤr einen der Gefangenſchaft entgangnen
Verdienſtlicher als frei zu kaufen die Gefangnen?
Fuͤr beide forderte der Mann zwei Silberſtuͤcke;
Doch eins behielt' ich ſelbſt zur Reiſe gern zuruͤcke.
Ich bot ihm auf die zwei ein Stuͤck, nicht wollt' er's thun.
So kauf' ich alſo los von beiden einen nun?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0087" n="77"/>
        <div n="2">
          <head>3.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ich war im fremden Land in Sklaverei gekommen,</l><lb/>
              <l>Da hat ein frommer Herr &#x017F;ich meiner angenommen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Ich dient' ihm treu ein Jahr, da gab er &#x017F;chon mich frei,</l><lb/>
              <l>Und mir als Lohn dazu der Silber&#x017F;tu&#x0364;cke zwei.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Sogleich gelobt' ich eins zur Heimrei&#x017F;' anzuwenden,</l><lb/>
              <l>Das andre dankbar als Almo&#x017F;en auszu&#x017F;penden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Da kam ich u&#x0364;ber'n Markt, und nahm im Ka&#x0364;fich wahr,</l><lb/>
              <l>Vom Fa&#x0364;nger zum Verkauf ge&#x017F;tellt, ein Vogelpaar.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Was i&#x017F;t fu&#x0364;r einen der Gefangen&#x017F;chaft entgangnen</l><lb/>
              <l>Verdien&#x017F;tlicher als frei zu kaufen die Gefangnen?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Fu&#x0364;r beide forderte der Mann zwei Silber&#x017F;tu&#x0364;cke;</l><lb/>
              <l>Doch eins behielt' ich &#x017F;elb&#x017F;t zur Rei&#x017F;e gern zuru&#x0364;cke.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Ich bot ihm auf die zwei ein Stu&#x0364;ck, nicht wollt' er's thun.</l><lb/>
              <l>So kauf' ich al&#x017F;o los von beiden einen nun?</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0087] 3. Ich war im fremden Land in Sklaverei gekommen, Da hat ein frommer Herr ſich meiner angenommen. Ich dient' ihm treu ein Jahr, da gab er ſchon mich frei, Und mir als Lohn dazu der Silberſtuͤcke zwei. Sogleich gelobt' ich eins zur Heimreiſ' anzuwenden, Das andre dankbar als Almoſen auszuſpenden. Da kam ich uͤber'n Markt, und nahm im Kaͤfich wahr, Vom Faͤnger zum Verkauf geſtellt, ein Vogelpaar. Was iſt fuͤr einen der Gefangenſchaft entgangnen Verdienſtlicher als frei zu kaufen die Gefangnen? Fuͤr beide forderte der Mann zwei Silberſtuͤcke; Doch eins behielt' ich ſelbſt zur Reiſe gern zuruͤcke. Ich bot ihm auf die zwei ein Stuͤck, nicht wollt' er's thun. So kauf' ich alſo los von beiden einen nun?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/87
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/87>, abgerufen am 09.11.2024.