Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.42. Sieh, auf dem Pfuhl wie schwimmt das zarte Lotosblatt! So bleibt der Reine rein auch an unreiner Statt. Es sinkt nicht in die Flut, es ist von ihr gehoben, Die Flut netzt unten es, doch immer schwimmt es oben. Es wandelt drüben Schlamm in Blüten himmelblau, Und freudig fällt darauf in jeder Nacht der Thau. O schilt mir nicht den Pfuhl, der solche Blüte nährt! Die dunkle Mutter ist durchs lichte Kind verklärt. Schilt nicht die Welt, sie woll' ein reines Herz verderben; Sie will durchs reine Herz die Reinheit selbst erwerben. Die Lotosblume blüht darum in Herzgestalt, Daß du zufrieden seist mit deinem Aufenthalt. 42. Sieh, auf dem Pfuhl wie ſchwimmt das zarte Lotosblatt! So bleibt der Reine rein auch an unreiner Statt. Es ſinkt nicht in die Flut, es iſt von ihr gehoben, Die Flut netzt unten es, doch immer ſchwimmt es oben. Es wandelt druͤben Schlamm in Bluͤten himmelblau, Und freudig faͤllt darauf in jeder Nacht der Thau. O ſchilt mir nicht den Pfuhl, der ſolche Bluͤte naͤhrt! Die dunkle Mutter iſt durchs lichte Kind verklaͤrt. Schilt nicht die Welt, ſie woll' ein reines Herz verderben; Sie will durchs reine Herz die Reinheit ſelbſt erwerben. Die Lotosblume bluͤht darum in Herzgeſtalt, Daß du zufrieden ſeiſt mit deinem Aufenthalt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0235" n="225"/> <div n="2"> <head>42.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Sieh, auf dem Pfuhl wie ſchwimmt das zarte Lotosblatt!</l><lb/> <l>So bleibt der Reine rein auch an unreiner Statt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Es ſinkt nicht in die Flut, es iſt von ihr gehoben,</l><lb/> <l>Die Flut netzt unten es, doch immer ſchwimmt es oben.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Es wandelt druͤben Schlamm in Bluͤten himmelblau,</l><lb/> <l>Und freudig faͤllt darauf in jeder Nacht der Thau.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>O ſchilt mir nicht den Pfuhl, der ſolche Bluͤte naͤhrt!</l><lb/> <l>Die dunkle Mutter iſt durchs lichte Kind verklaͤrt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Schilt nicht die Welt, ſie woll' ein reines Herz verderben;</l><lb/> <l>Sie will durchs reine Herz die Reinheit ſelbſt erwerben.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Die Lotosblume bluͤht darum in Herzgeſtalt,</l><lb/> <l>Daß du zufrieden ſeiſt mit deinem Aufenthalt.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [225/0235]
42.
Sieh, auf dem Pfuhl wie ſchwimmt das zarte Lotosblatt!
So bleibt der Reine rein auch an unreiner Statt.
Es ſinkt nicht in die Flut, es iſt von ihr gehoben,
Die Flut netzt unten es, doch immer ſchwimmt es oben.
Es wandelt druͤben Schlamm in Bluͤten himmelblau,
Und freudig faͤllt darauf in jeder Nacht der Thau.
O ſchilt mir nicht den Pfuhl, der ſolche Bluͤte naͤhrt!
Die dunkle Mutter iſt durchs lichte Kind verklaͤrt.
Schilt nicht die Welt, ſie woll' ein reines Herz verderben;
Sie will durchs reine Herz die Reinheit ſelbſt erwerben.
Die Lotosblume bluͤht darum in Herzgeſtalt,
Daß du zufrieden ſeiſt mit deinem Aufenthalt.
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