Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.Das Leben der Natur ist eine solche Pflanze, Die aus sich selber ringt empor zu Gottes Glanze. Die Wurzel ist Gestein, Gewächsreich ist der Stiel, Blätterverzweigungen Thierlebens reges Spiel. Doch neues Leben ist von oben angezündet, Wo der Naturtrieb sich im Menschenantlitz ründet; Da ist des Himmels Stral im Irdischen verkündet. Die Rose der Natur hat ihre Blütenkrone Entfaltet, daß in ihr der Duft der Seele wohne. Die Rose, sterbend, haucht den Duft in Himmelsluft; So stirb, ein himmeleingesogner Blütenduft! Die Rose, lebend, haucht Duft über Liebesgrüften; So leb', ein himmelan entbundnes Liebesdüften! Das Leben der Natur iſt eine ſolche Pflanze, Die aus ſich ſelber ringt empor zu Gottes Glanze. Die Wurzel iſt Geſtein, Gewaͤchsreich iſt der Stiel, Blaͤtterverzweigungen Thierlebens reges Spiel. Doch neues Leben iſt von oben angezuͤndet, Wo der Naturtrieb ſich im Menſchenantlitz ruͤndet; Da iſt des Himmels Stral im Irdiſchen verkuͤndet. Die Roſe der Natur hat ihre Bluͤtenkrone Entfaltet, daß in ihr der Duft der Seele wohne. Die Roſe, ſterbend, haucht den Duft in Himmelsluft; So ſtirb, ein himmeleingeſogner Bluͤtenduft! Die Roſe, lebend, haucht Duft uͤber Liebesgruͤften; So leb', ein himmelan entbundnes Liebesduͤften! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0253" n="243"/> </l> <lg n="6"> <l>Das Leben der Natur iſt eine ſolche Pflanze,</l><lb/> <l>Die aus ſich ſelber ringt empor zu Gottes Glanze.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Die Wurzel iſt Geſtein, Gewaͤchsreich iſt der Stiel,</l><lb/> <l>Blaͤtterverzweigungen Thierlebens reges Spiel.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Doch neues Leben iſt von oben angezuͤndet,</l><lb/> <l>Wo der Naturtrieb ſich im Menſchenantlitz ruͤndet;</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Da iſt des Himmels Stral im Irdiſchen verkuͤndet.</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Die Roſe der Natur hat ihre Bluͤtenkrone</l><lb/> <l>Entfaltet, daß in ihr der Duft der Seele wohne.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Die Roſe, ſterbend, haucht den Duft in Himmelsluft;</l><lb/> <l>So ſtirb, ein himmeleingeſogner Bluͤtenduft!</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Die Roſe, lebend, haucht Duft uͤber Liebesgruͤften;</l><lb/> <l>So leb', ein himmelan entbundnes Liebesduͤften!</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> <back> </back> </text> </TEI> [243/0253]
Das Leben der Natur iſt eine ſolche Pflanze,
Die aus ſich ſelber ringt empor zu Gottes Glanze.
Die Wurzel iſt Geſtein, Gewaͤchsreich iſt der Stiel,
Blaͤtterverzweigungen Thierlebens reges Spiel.
Doch neues Leben iſt von oben angezuͤndet,
Wo der Naturtrieb ſich im Menſchenantlitz ruͤndet;
Da iſt des Himmels Stral im Irdiſchen verkuͤndet.
Die Roſe der Natur hat ihre Bluͤtenkrone
Entfaltet, daß in ihr der Duft der Seele wohne.
Die Roſe, ſterbend, haucht den Duft in Himmelsluft;
So ſtirb, ein himmeleingeſogner Bluͤtenduft!
Die Roſe, lebend, haucht Duft uͤber Liebesgruͤften;
So leb', ein himmelan entbundnes Liebesduͤften!
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