Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.Nur im Bewußtseyn wenn dir Gott ist aufgegangen, Hast du ihn wirklich, und gestillt ist dein Verlangen. Du hast ihn nicht gedacht, er ward dir nicht gegeben, Er lebt in dir, und macht dich und die Welt dir leben. 34. Ich bin der Geistersonn' ein ausgesandter Stral, Und solcher Stralen sind unzählbar eine Zahl. Wir sind der Sonne Glanz zusammen alzumal, Doch ist ein eigen Licht für sich ein jeder Stral. O Wunder, Eine Sonn' ist Alles alzumal, Und ganz die große Sonn' in jedem kleinsten Stral. 35. Ich seh' auf dieser Stuf', auf der ich bin gestellt, Nichts, wenn mein Blick sich hebt, viel, wenn er abwerts fällt. Tief seh' ich unter mir, und tiefer stets hinunter,
Ein reges Lebensheer, ein Wimmeln ewig munter. Nur im Bewußtſeyn wenn dir Gott iſt aufgegangen, Haſt du ihn wirklich, und geſtillt iſt dein Verlangen. Du haſt ihn nicht gedacht, er ward dir nicht gegeben, Er lebt in dir, und macht dich und die Welt dir leben. 34. Ich bin der Geiſterſonn' ein ausgeſandter Stral, Und ſolcher Stralen ſind unzaͤhlbar eine Zahl. Wir ſind der Sonne Glanz zuſammen alzumal, Doch iſt ein eigen Licht fuͤr ſich ein jeder Stral. O Wunder, Eine Sonn' iſt Alles alzumal, Und ganz die große Sonn' in jedem kleinſten Stral. 35. Ich ſeh' auf dieſer Stuf', auf der ich bin geſtellt, Nichts, wenn mein Blick ſich hebt, viel, wenn er abwerts faͤllt. Tief ſeh' ich unter mir, und tiefer ſtets hinunter,
Ein reges Lebensheer, ein Wimmeln ewig munter. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <l> <pb facs="#f0032" n="22"/> </l> <lg n="3"> <l>Nur im Bewußtſeyn wenn dir Gott iſt aufgegangen,</l><lb/> <l>Haſt du ihn wirklich, und geſtillt iſt dein Verlangen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Du haſt ihn nicht gedacht, er ward dir nicht gegeben,</l><lb/> <l>Er lebt in dir, und macht dich und die Welt dir leben.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>34.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ich bin der Geiſterſonn' ein ausgeſandter Stral,</l><lb/> <l>Und ſolcher Stralen ſind unzaͤhlbar eine Zahl.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Wir ſind der Sonne Glanz zuſammen alzumal,</l><lb/> <l>Doch iſt ein eigen Licht fuͤr ſich ein jeder Stral.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>O Wunder, Eine Sonn' iſt Alles alzumal,</l><lb/> <l>Und ganz die große Sonn' in jedem kleinſten Stral.</l> </lg><lb/> </lg> </div> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head>35.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ich ſeh' auf dieſer Stuf', auf der ich bin geſtellt,</l><lb/> <l>Nichts, wenn mein Blick ſich hebt, viel, wenn er abwerts faͤllt.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Tief ſeh' ich unter mir, und tiefer ſtets hinunter,</l><lb/> <l>Ein reges Lebensheer, ein Wimmeln ewig munter.</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [22/0032]
Nur im Bewußtſeyn wenn dir Gott iſt aufgegangen,
Haſt du ihn wirklich, und geſtillt iſt dein Verlangen.
Du haſt ihn nicht gedacht, er ward dir nicht gegeben,
Er lebt in dir, und macht dich und die Welt dir leben.
34.
Ich bin der Geiſterſonn' ein ausgeſandter Stral,
Und ſolcher Stralen ſind unzaͤhlbar eine Zahl.
Wir ſind der Sonne Glanz zuſammen alzumal,
Doch iſt ein eigen Licht fuͤr ſich ein jeder Stral.
O Wunder, Eine Sonn' iſt Alles alzumal,
Und ganz die große Sonn' in jedem kleinſten Stral.
35.
Ich ſeh' auf dieſer Stuf', auf der ich bin geſtellt,
Nichts, wenn mein Blick ſich hebt, viel, wenn er abwerts faͤllt.
Tief ſeh' ich unter mir, und tiefer ſtets hinunter,
Ein reges Lebensheer, ein Wimmeln ewig munter.
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