Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.38. Was ist die Schönheit, Herz? das Spiegelbild der Liebe. Die Liebe fühlte Schmerz, daß ungeliebt sie bliebe. Die Thräne, die ihr quoll, mußt' ihr zum Spiegel dienen; Sie kannte selbst sich nicht, wie sie sich drin erschienen. Sie rief: O schön! Und Schön heißt seitdem dieses Bild, Das aus dem feuchten Grund des Liebespiegels quillt. Der Spiegel und das Bild darin ist uns geblieben; Und wer die Schönheit sieht, der muß die Schönheit lieben. 39. Das Schöne stammet her vom Schonen, es ist zart, Und will behandelt seyn wie Blumen edler Art; Wie Blumen vor dem Frost und rauher Stürme Drohen Will es geschonet seyn, verschont von allem Rohen. Rückert, Lehrgedicht II. 2
38. Was iſt die Schoͤnheit, Herz? das Spiegelbild der Liebe. Die Liebe fuͤhlte Schmerz, daß ungeliebt ſie bliebe. Die Thraͤne, die ihr quoll, mußt' ihr zum Spiegel dienen; Sie kannte ſelbſt ſich nicht, wie ſie ſich drin erſchienen. Sie rief: O ſchoͤn! Und Schoͤn heißt ſeitdem dieſes Bild, Das aus dem feuchten Grund des Liebeſpiegels quillt. Der Spiegel und das Bild darin iſt uns geblieben; Und wer die Schoͤnheit ſieht, der muß die Schoͤnheit lieben. 39. Das Schoͤne ſtammet her vom Schonen, es iſt zart, Und will behandelt ſeyn wie Blumen edler Art; Wie Blumen vor dem Froſt und rauher Stuͤrme Drohen Will es geſchonet ſeyn, verſchont von allem Rohen. Rückert, Lehrgedicht II. 2
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38.
Was iſt die Schoͤnheit, Herz? das Spiegelbild der Liebe.
Die Liebe fuͤhlte Schmerz, daß ungeliebt ſie bliebe.
Die Thraͤne, die ihr quoll, mußt' ihr zum Spiegel dienen;
Sie kannte ſelbſt ſich nicht, wie ſie ſich drin erſchienen.
Sie rief: O ſchoͤn! Und Schoͤn heißt ſeitdem dieſes Bild,
Das aus dem feuchten Grund des Liebeſpiegels quillt.
Der Spiegel und das Bild darin iſt uns geblieben;
Und wer die Schoͤnheit ſieht, der muß die Schoͤnheit lieben.
39.
Das Schoͤne ſtammet her vom Schonen, es iſt zart,
Und will behandelt ſeyn wie Blumen edler Art;
Wie Blumen vor dem Froſt und rauher Stuͤrme Drohen
Will es geſchonet ſeyn, verſchont von allem Rohen.
Rückert, Lehrgedicht II. 2
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